Oh Happy Dates
zu. Sie trägt auf dem Kopf einen Reif mit Flauschantennen und über ihren hautengen Jeans ein essbares Höschen aus Zuckerperlen. Sie sieht göttlich aus.
»Ich muss heute Abend mal unter vier Augen mit dir reden, Sarah«, sagt sie.
»Was gibt’s denn?«, trällern Julia und ich im Chor. Wir schauen einander an. Es ist schon komisch, wenn wir das machen.
»Es geht um Bertrand.« Sie formt die Worte mit ihren perfekten Lippen.
Das ist die einzige quälende Andeutung, die wir von ihr hingeworfen bekommen, ehe sich ein strahlendes Frauengrüppchen zu uns gesellt.
»Du hattest doch eine Verabredung mit diesem noch zur Verfügung stehenden Junggesellen, dem Fotografen?«, erkundigt sich Siobhan, Nikkis Mitbewohnerin.
»Er ist schwul.«
»Ich mag den Typen, der die Gedichte schreibt!«
»Glaubst du wirklich, dass er eine Freundin hat?«
»Oh mein Gott, du bist diese Junggesellin? Ich würde gern was über den älteren Mann erfahren. Hast du schon mit ihm geschlafen?«, kreischt eine, der ich noch nie begegnet bin und die etwas zu viel Selbstbräuner aufgetragen hat.
»Nein, nein. Habe ich nicht«, winde ich mich.
»Ich finde deinen Blog toll«, schreit eine andere. »Die Kommentare sind so lustig. Diese Ungeliebte ist super.«
»Ja, was war denn mit dieser Porridge-Frau? Die scheint ja übel zu sein.«
Ich bin diesen Mädchen erst ein- oder zweimal begegnet. Sie kennen intime Geheimnisse von mir. Ich weiß hingegen nicht einmal, wo sie wohnen oder womit sie ihren Lebensunterhalt verdienen. Mein Leben ist zur Seifenoper geworden. Und ich bin die arbeitswütige Drehbuchschreiberin, die sich abrackert, um die Quote hoch zu halten. Aber meine Show ist ein Hit. Es ist fesselnd.
»Das hier heute Abend ist übrigens auch ein Abenteuer!«, verkünde ich ihnen.
»Können wir alle mitmachen?«
»Aber ja, Ladys.«
»Ahhh!«, kreischen sie. Diese Frauen sind dreißig, abgefüllt mit Tequila, aber sie klingen wie ein Haufen Teenagermädchen, die eine angesagte Boygroup auf der Straße entdeckt haben. Sie sehen mich an, weil sie danach verlangen, unmoralische Ratschläge zu bekommen. Ich unterbreite ihnen Abenteuer Nummer sechs: Anbaggern auf einem Junggesellinnenabschied.
Julia behauptet, man dürfe an so einem Weiberabend niemanden anbaggern. Sie sagt, ein Junggesellinnenabschied diene dazu, die Bande zwischen den Frauen zu stärken. Meine Gleichung sieht hingegen so aus: sechzehn
angetrunkene Frauen = haufenweise männliche Aufmerksamkeit = eine Chance, die man keinesfalls verpassen darf. Seit ich außerdem weiß, dass Julia auf komische Fetischklubs abfährt, ist es wohl am besten, ihren Urteilen nicht mehr allzu großes Vertrauen entgegenzubringen.
Die Strategie lautet, Männer durch die Macht des Tanzes zu bezirzen:
1. Sich tanzend auf einen nett aussehenden Kerl zubewegen.
2. In seiner Nähe ekstatisch zucken wie eine Made.
3. Sich zu ihm beugen, wenn die Musik leiser wird, und etwas sagen, was er vermutlich gern hört, zum Beispiel »Für einen Mann tanzt du ganz gut« oder »Lust auf eine Nummer?«. (Letzteres muss jedoch auf ironische, postmoderne Art und Weise ausgedrückt werden und darf nicht klingen wie ein Provinz-Fußballer auf Freigang.)
4. Ihn in ein Gespräch verwickeln, indem man ihm Fragen stellt.
Dabei sehe ich eigentlich nur zwei Probleme:
1. Es befindet sich niemand auf der Tanzfläche bis auf einen alten Mann in einem Kimono.
2. Ich sehe beim Tanzen aus wie eine Ziege mit Hämorrhoiden.
Die Mädchen stimmen mit mir überein, dass dies tatsächlich ein Rückschlag ist. Ärgerlich nur, dass keine meiner Behauptung, nicht tanzen zu können, widerspricht.
»Also Ladys, wir müssen die Männer zum Tanzen animieren. Es gibt jede Menge hier an der Bar. Aber wir
brauchen sie auf der Tanzfläche, und sie müssen unserem Charme erliegen. Dafür habe ich eine zweiteilige Strategie entworfen. Erstens«, ich halte zur Unterstreichung einen Finger hoch. Hätte ich doch nur eine Tafel. »Wir müssen beim Tanzen die Führung übernehmen. Wenn wir dort rübergehen«, dramatisches Deuten auf die Tanzfläche, »und wackeln, werden sie uns folgen, glaubt mir. Zweitens«, ich halte zwei Finger hoch und nicke langsam, um die Wirkung zu steigern. »Zweitens ist deshalb gut, weil es uns nah an unsere Objekte heranbringt. Aber es ist nichts für die Angsthasen. Ich schlage vor, wir stellen uns dorthin.« Ich deute auf den Bereich vor dem Herrenklo. »Und wir bilden eine weibliche Festung. Kein Mann darf
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