Oh Happy Dates
als wir von einer Flutwelle Luft-Conga spielender Mädels umspült werden. Alle nicken, zwinkern und neigen die Köpfe in Richtung Siobhan, deren Mund sich sehr einladend den Lippen eines pummeligen glatzköpfigen Mannes entgegenstreckt. Mir schwillt die Brust wie einer stolzen Mutter, deren Kind bei den Bundesjugendspielen gut abgeschnitten hat.
Julia zerrt an meiner Hand. Sie zeigt mit dem Kopf auf Floras wild zuckende Flauschantennen, die sich auf das Damenklo zubewegen. Wir müssen ihr folgen.
Die Toiletten sind geräumig und weiß und himmlisch sauber. Automatisch steuern Julia und ich zuerst einen Spiegel an. Dort angelangt stöhnen wir. Uns ist das Make-up aus dem Gesicht gerutscht. Flora hat das Blatt Papier bereits entfaltet. Wir starren darauf.
> Ich möchte dir sagen, wie ich empfinde, denn ich werde langsam wahnsinnig. Ich weiß, dass du mich für verrückt erklären wirst, denn schließlich bin ich mit jemandem zusammen, und sie ist deine Freundin. Aber ich wünschte, sie wäre du. Ich glaube wirklich, dass du und ich zusammen sein sollten. Ich schreibe dir dies, weil du mich manchmal ansiehst oder auf eine Art und Weise mit mir sprichst, die mich hoffen lässt, du empfindest ebenso.
Wenn dem nicht so ist, dann ignoriere bitte diese Nachricht.
Aber solltest du meine Gefühle vielleicht erwidern, dann sollten wir uns treffen und uns küssen und darüber reden.
Sarah, ich bin im Grunde der Deine, wenn Du mich haben willst.
Ich lese es. Ich lese es noch einmal. Dann blicke ich hoch und sehe, dass Julia und Flora mich anstarren. Beide runzeln die Stirn. Es sieht aus, als wäre ein Lastwagen darübergefahren. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
»Was empfindest du also für Bertrand?«, will Flora wissen.
»Flora. Er wird Nikki heiraten!«, flüstere ich.
»Ja, aber er wünschte, du wärst es.«
»Moment mal. Sarahs gibt es wie Sand am Meer. Warum soll ich das sein?«
»Du bist die einzige Sarah, die Nikki kennt, da bin ich mir ziemlich sicher. Ich habe vorhin ihr Telefon überprüft.«
»Himmel«, platzt es aus Julia heraus. »Er flirtet doch immer mit dir.«
»Er flirtet aber auch mit dir, Jules!«, protestiere ich.
»Ja«, stimmt sie mir zu. »Weißt du was, Flora, er flirtet mit jeder.«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet, Sarah«, sagt Flora matt.
»Ich habe an Bertrand nie auf diese Weise gedacht«, erwidere ich unwirsch. Ich weiche vor Flora zurück. Langsam habe ich das Gefühl, etwas angehängt zu bekommen, was ich gar nicht getan habe.
»Das ist fürchterlich. Er heiratet meine Schwester, aber er begehrt dich.« Sie fummelt an den Zuckerperlen ihres essbaren Höschens herum.
Eine Cocktailkellnerin kommt in die Toilette. Wir schweigen, während sie pinkelt und sich danach die Hände wäscht. Julia reibt über die Wimperntusche auf ihren Wangen. Flora und ich vermeiden schmollend Blickkontakt.
»Genau«, sagt Julia, als die Barfrau gegangen ist, und übernimmt die Kontrolle. »Wir ignorieren das. Du solltest außerdem auch keine Dateien auf seinem Computer öffnen, Flora.« Flora nickt. Julia fährt fort.
»Es muss nicht diese Sarah sein. Es könnte eine andere sein. Und er könnte es auch schon vor Jahren geschrieben haben. Wir wissen es nicht. Was wir jedoch wissen, ist, dass Sarah sich nicht für Bertrand interessiert. Also vergessen wir das alles am besten. Okay?«
Flora und ich nicken wie trotzige Teenager.
»So, jetzt umarmt euch, ihr beiden«, befiehlt sie.
Wir gehen aufeinander zu und umarmen uns halbherzig.
»Nein, umarmt euch anständig und versöhnt euch«, fordert Julia und schiebt uns wieder zusammen.
»Jules hat ihre innere Domina bereits gefunden. Sie steht auf Fetischklubs«, flüstere ich Flora zu.
»Tatsächlich, Jules?« Flora lächelt wieder.
»Ich hasse dich«, sagt Julia zu mir mit einem erschöpften Lächeln. Dann zerrt sie an Floras Höschen, um sich ein paar Zuckerperlen aus dem Vorrat zu sichern.
»Tut mir leid, Sare. Aber sprich wirklich mit keinem darüber, versprochen?«, sagt Flora zu mir und wendet sich dann mit einem Zwinkern an Julia. »Bis später, ihr Dominas.«
Ich drehe mich zum Spiegel. Ich sehe aus wie ein Travestiekünstler nach einer Kneipenschlägerei. Mit etwas Notfallkosmetik versuche ich mein Bestes. Der Gedanke,
dass Bertrand oder sonst jemand an mir interessiert sein könnte, ist lachhaft.
»Ich muss dir was sagen, Sare«, sagt Julia ernsthaft. Ich sehe sie an. Sie errötet. Julia errötet! Das ist noch nie
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