Oh, Mandy
meinte er träge. „Du musst ja einen ausgezeichneten Zuchthengst haben.”
Seine Betonung der Worte „du” und „Zuchthengst” trieb ihr die Röte in die Wangen.
„Wir haben zwei”, erwiderte sie knapp.
„Ist Judas einer von ihnen?”
„Ja. Er hat einen ausgezeichneten Stammbaum. Er ist ein Sohn von Satan.”
Jesse erinnerte sich noch gut an Satan - den schwarzen Hengst, den nur Lucas McCloud geritten hatte. „Jaime sagt, dass Judas ein Witwenmacher sei. Hast du deshalb mich engagiert, um ihn zuzureiten? Hoffst du, mich auf diese Weise loszuwerden, damit ich dir nicht deinen Sohn wegnehmen kann?”
Erbost sprang Mandy auf und warf ihren Stift auf den Schreibtisch. „Natürlich nicht! Ich würde niemals jemanden ein Pferd zureiten lassen, wenn ich nicht genau wüsste, dass er sehr gut fähig ist, diese Aufgabe zu meistern.”
Jesse stand ebenfalls auf und kam um den Schreibtisch herum zu ihr. „Du hältst mich also für … sehr fähig?” Mit einem Finger berührte er ihren Hals, wo ihr Puls heftig pochte. Als sie zusammenzuckte, lächelte er zufrieden. Auch wenn sie versuchte, sich gelassen zu geben, merkte er genau, dass er sie aus dem Gleichgewicht brachte.
Wütend stieß Mandy seine Hand zur Seite. „Wenn ich nicht genau wüsste, dass du mit, Judas fertig wirst, hätte ich nicht vorgeschlagen, dass du ihn zureitest.”
Jesse ließ den Blick herausfordernd über ihren Hals und die geröteten Wangen gleiten, bevor er ihr in die Augen schaute. Überrascht stellte er fest, dass Verlangen ihnen einen tiefen Glanz verlieh - und in diesem Moment wusste er, wie er Mandy dafür bestrafen konnte, was sie ihm angetan hatte.
„Das ist ja nett zu wissen”, sagte er langsam. Er kam noch einen Schritt näher, bis ihre Körper sich berührten. „Aber ich kann nicht nur wilde Pferde bändigen”, murmelte er viel sagend. „Ich kann…”
„Ich bin fertig!”
Die Mitteilung kam aus dem Flur und ließ Jesse gerade noch genügend Zeit, um von Mandy wegzutreten und so zu tun, als würde er ein Bild an der Wand bewundern, bevor Jaime zur Tür hereingestürmt kam. Er drehte sich um und lächelte den Jungen an. „Ich auch, mein Sohn.”
Er schlang einen Arm um Jaimes Schulter und zwinkerte Mandy vieldeutig zu, so dass sie noch tiefer errötete. „Bis später.”
Mit einem Kloß im Hals sah Mandy ihnen nach, als sie lachend und redend wie zwei alte Freunde ihr Büro verließen. Zitternd sank sie dann auf ihren Stuhl und presste die Hände auf die glühenden Wangen. Wie kann er mir das nur antun? überlegte sie. Und warum tut er mir das an?
Er versuchte ganz eindeutig, sie herauszufordern, als wollte er irgendeine Reaktion aus ihr herauslocken. Genau so hatte er sich auch vor ein paar Tagen im Tal verhalten, als sie sich nachts getroffen hatten. Aber warum? Seine Gefühle für sie hatte er ihr doch ziemlich klar gemacht. Er hasste sie - oder zumindest nahm er ihr übel, dass sie ihm Jaime vorenthalten hatte.
Die Tatsache, dass sie jedes Mal auf seine Berührung reagiert hatte, machte sie wütend und beschämte sie. Sie hob den Kopf und presste ihre zitternden Finger an die Lippen, während sie auf die Tür schaute, hinter der Jesse verschwunden war.
Wie sehr hatte sie seine Berührungen vermisst!
4. KAPITEL
Mandy hörte Jaime und Jesse heimkehren, noch bevor sie sie sah. Auf die gleiche Weise, wie sie das Haus verlassen hatte, kamen sie wieder, lachend und scherzend wie zwei alte Freunde.
Sie wusste, sie sollte eigentlich dankbar dafür sein, dass ihr Sohn Jesse so schnell akzeptiert hatte - schließlich war das der Grund für Jesses Anwesenheit auf der Ranch. Trotzdem verspürte sie einen Stich. Zwölf Jahre lang war sie der einzige Elternteil für Jaime gewesen, die wichtigste Bezugsperson in seinem Leben - und jetzt fühlte sie diese Beziehung durch Jesse bedroht.
Sie versuchte, gegen die Eifersucht anzukämpfen, und ging zur Hintertür und hinaus in den Hof. „Hallo!” rief sie lächelnd. „Da sind ja die fleißigen Angler. Habt ihr etwas gefangen?”
Grinsend hielt Jaime ihr eine Reihe Fische unter die Nase.
„Oho!” meinte sie voller Anerkennung. „Das sieht ja so aus, als wäre es genug fürs Abendessen.”
„Das haben mein Amigo und ich auch gedacht”, sagte Jaime und reichte ihr die Fische.
Mandy zog die Augenbrauen hoch. „Dein Amigo?”
Jaime grinste. „Das ist Spanisch und bedeutet Freund. Jesse hat mir ein paar spanische Worte beigebracht, während wir geangelt haben.
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