Ohne Abkommen (Die Ratte des Warlords III) (German Edition)
versagte. Kepler und Budi h oben zum Abschied kurz die Hände und gingen dann weiter.
"Was hast du?", fragte Budi im Auto.
"Ich versuche immer wieder, jemandem etwas Gutes zu tun", antwortete Ke pler unwillig, "aber ich kriege das nie richtig hin."
"Doch, eben erst", widersprach Budi.
" Was denn? Ich habe nicht geschossen, nur wird die Kleine trotzdem sterben."
"Deswegen ist es nicht weniger gut, Joe."
"Aber sinnlos", knurrte Kepler. "Ich hätte ihm alles gegeben was ich habe, wenn CLN heilbar wäre. Mit meiner... Hilfe", würgte er das Wort heraus, "kann er seiner Tochter nur den Tod erträglicher machen, nichts mehr."
Budi wartete, bis seine hilflos ohnmächtige Wut ab geebbt war.
"Was wir getan haben, ist mehr, als er je hatte, Joe", sagte er nachdrüc klich.
"Soll das ein Trost sein?", fragte Kepler ungehalten. "Das ist doch genauso wie früher – wir kämpfen für etwas, aber am Ende ist alles umsonst."
"Nicht alles", widersprach Budi bestimmt. "Wir haben etwas Gutes zustandegebracht. Auch wenn nur für einen Moment, aber das haben wir."
"Ja, genau", maulte Kepler. "Zu welchem Preis? Was sind wir geworden?"
"Wir können das ab", antwortete Budi. "Das war es wert. Richtig?"
Kepler nickte nach einer Weile und fragte sich, ob es tatsächlich so war.
4 5. Am Albert-Falls-Stausee im gleichnamigen Naturreservat wurde irgendein sportlicher Wettkampf ausgetragen, deswegen zogen Kepler und Budi weiter nordöstlich. Sie jagten, fischten und bereiteten das Essen am Feuer zu. Sie schliefen auf der nackten Erde und es machte ihnen nichts aus, dass sie keine Seife hatten. Sie fühlten sich wieder stark und nach sich selbst an.
Sie verabscheuten den Krieg aus tiefstem Herzen, wie jeder richtige Soldat es tat. Aber richtig gut fühlten sie sich nur dann, wenn sie mit der Erma schossen.
Seltsamerweise vermisste Kepler bald die Stadt. Nicht ihre Annehmlichkeiten, sondern die Möglichkeit, sich in ihrem Dröhnen zu verlieren. Er gehörte so wenig in eine Stadt wie sonst irgendwohin, genauso wie er keine Menschen um sich wünschte, und dennoch Gesellschaft brauchte.
In der zehnten Nacht seit dem Aufbruch konnte er nicht einschlafen, obwohl sein Körper müde war. Er lag da und dachte nach.
Er machte dieses Verlassen des wirklichen Lebens nicht zum ersten Mal, aber diesmal funktionierte das Ausblenden nicht. Früher hatte er sich dabei wie ein Kind gefühlt. Nicht mehr klein, aber noch nicht erwachsen, unbekümmert und frei in einem glücklichen und zufriedenen Augenblick. Diesmal hatte er zwar eine gewisse Befriedigung erfahren, aber nicht die innere Ruhe wiedergefunden.
Kepler verdrängte die Gedanken und versuchte einzuschlafen, was ihm i rgendwann auch gelang. Sein Schlaf dauerte allerdings nicht lange.
Als er wieso auch immer wieder wach wurde, war es zwischen zwei und drei Uhr. Es war die dunkle, dumpfe Stunde der Nacht, die schwere Stunde des Bu llen nach uraltem mongolischem Aberglauben, die Stunde, in der die finsteren Mächte der Nacht herrschten. Kepler fragte sich, was ihn geweckt hatte und starrte in die trübe Dunkelheit. Im Mondlicht, das die Ebene überstrahlte und den Wald weit an ihrem Rand wie eine dunkle Wand erscheinen ließ, war die Glut des erlöschenden Lagerfeuers fast nicht mehr zu sehen. Budi schlief auf der anderen Seite der Feuerstelle, eine zur Faust geballte Hand unter dem Kopf, die andere an die Seite gedrückt, in der Nähe der Glock. Sie machten keinen Wachdienst mehr. Zum einen, weil ihnen hier keine Gefahr drohte, zum anderen, weil sie einen Schlaf hatten, aus dem sie beim kleinsten Anzeichen der Gefahr aufwachten, es war der Schlaf ihres Berufes. Kepler stand leise auf. Budi öffnete sofort die Augen, sah ihn an und schloss sie wieder.
Kepler fühlte etwas, was er eigentlich nicht konnte, was die Ind olenz gar nicht zuließ. Der Schmerz war nicht nur in seinem Kopf. Es tat auch in seiner Brust und in seinem Bauch weh. Sein Körper war in Ordnung, das wusste er. Der Schmerz erinnerte ihn an den Tag, als seine Eltern gestorben waren, und er fragte sich erstaunt, ob es seine Seele sein könnte, die schmerzte. Eigentlich nicht.
Man konnte die Armee für stupide halten , aber dort lernte man nicht nur das Kämpfen. Man lernte, für den Kampf nachzudenken, auch wenn es der eigene innere war. Diese Lektion war einfach. Wenn man aufgewühlt war, sollte man Zeit verstreichen lassen, um den Kopf klar zu bekommen und nachdenken zu können, damit man objektiv urteilen und
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