Ohne Abkommen (Die Ratte des Warlords III) (German Edition)
frei.
Budi war wach. Er saß am Feuer, das er wieder entfacht hatte, und starrte in die Dunkelheit. Er drehte den Kopf, und Kepler sah ein erleichtertes Lächeln über seine Lippen huschen.
Kepler setzte sich neben seinem Freund hin. Budi sagte nichts, stand auf, drückte leicht seine Schulter und ging zu seinem Ruc ksack. Einige Augenblicke später war er zurück und setzte sich wieder neben Kepler hin. Er beugte sich vor und langte nach einem Zweig, der aus dem Feuer herausragte. An dessen glühender Spitze zündete Budi eine Zigarette an. Er warf den Zweig zurück ins Feuer, dann nahm er die Zigarette mit den Spitzen von Daumen und Zeigefinger aus dem Mund und reichte sie Kepler. Er zog zweimal daran, dann gab er sie Budi. Er inhalierte ebenfalls zweimal und reichte sie ihm wieder.
Sie teilten die Zigarette, so wie sie es damals auf Patrouille im Sudan getan hatten. Sie hatten am Feuer gesessen, unter dem unvorstellbar tiefen Himmel und die Männer hatten dabei ihre einfachen Lebensgeschichten erzählt, und ihre nicht minder einfachen Träume. Der einzige, der sich dabei nie daran beteiligt hatte, war Kepler gewesen. Er und seine Männer waren sich erst fremd, danach war er derjenige, der sie ins Feuer schicken musste.
Und e rst jetzt verstand Kepler endlich, was er damals trotzdem einige Male in den Augen seiner Männer gesehen hatte, nur niemals bei Kobi. Sie waren gar nicht so verschieden wie ihre Herkunft es war. Er, der fremde, war einer von ihnen. Seine Hautfarbe war dabei egal, und dass er ihr Kommandeur war, auch.
Er verschränkte die Finger ineinander und blickte bedächtig in die Weite.
"Ich bin im Februar neunzehnhundertzweiundsiebzig in Steinfurt in Wes tdeutschland zur Welt gekommen..."
Er erzählte Budi sein Leben ohne etwas auszulassen. Er sprach über seine F amilie und sah Oma, Sarah und Jens vor seinem geistigen Auge, und beinahe die Gesichter seiner Eltern. Er erzählte von seiner Zeit bei der Bundeswehr und hatte den ekligen Leichengeruch von Kosovo in der Nase. Er sprach von Katrin und sein Herz verkrampfte sich, er konnte sie beinahe in seinen Armen spüren. Dann überkam ihn das unendliche Bedauern über Omas Tod wieder. Danach spürte er ganz kurz etwas Wärme beim Gedanken an Julia, Nico, Daijiro und Marco.
Er hatte das noch niemandem erzählt. Jetzt tat er es für den einzigen Menschen in seinem Leben. Der mit ihm den Weg bis zum Ende gehen würde.
Und er erzählte es sich selbst. Er hatte endlich mit diesem Leben abgeschlossen, nur durfte er es nicht vergessen. Damit er Mensch blieb. Gleichgültig, ob ein guter oder ein schlechter, einfach – damit er nicht zu einem Dämon wurde.
V I.
4 6. Kepler und Budi brauchten nicht mehr so zu tun, als ob es zwischen ihnen keine Verbundenheit geben würde. Sie sprachen nie darüber, aber die Gewissheit, nicht allein auf der Welt zu sein, ließ sie im Laufe der nächsten drei Wochen allmählich die Lebensfreude wiederfinden. Sie hofften weiterhin auf einen Anruf von Smith. Die Ausflüge in die Savanne um zu schießen, ließen das Warten erträglich werden. Touristinnen kennenzulernen, auch.
Die besten Möglichkeiten dazu gab es an der Beachfront. Sie erstreckte sich über sechs Kilometer zwischen der Mündung des Umgenirivers im Norden und der Hafeneinfahrt im Süden von Durban.
Am Strand selbst waren zumeist Südafrikaner aus Gauteng unterwegs, aber an der Golden Mile , dem Kern der Beachfront, wimmelte es von Touristen. Im Gewirr aus riesigen Hotelburgen und unzähligen Bars, Nachtclubs und Restaurants waren die Chancen, eine Touristin kennenzulernen, groß.
An einem Nachmittag fuhren Kepler und Budi nach dem Training zu einem Eiscafé an der breiten, palmengesäumten Strandpromenade. Als sie dort ankamen, wurde draußen gerade ein Tisch frei. Es war schon kurz vor dem Abend und das Café war brechend voll, deswegen ließ die Bedienung entgegen des sonst in Südafrika sehr prompten Services länger auf sich warten. Kepler war das gleichgültig, er und Budi hatten keine Eile. Dafür sahen sie zwei Amerikanerinnen. Trotz schmächtiger Figürchen wirkten die Frauen sehr fit, und sie lachten offen und freudig. Wahrscheinlich machten sie eine Bildungsreise, ein entsprechender Reiseführer lag auf ihrem Tisch. Kepler und Budi hatten schon viele solche Touristinnen kennengelernt. Deswegen kannten sie sich mittlerweile mit sämtlichen Museen und Sehenswürdigkeiten von Durban aus. Sie kannten auch die Winkel, die kaum von Touristen
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