Ohne Abkommen (Die Ratte des Warlords III) (German Edition)
hielt er inne und sah über die Schulter zurück.
"Lady , Ihren Namen wüsste ich gern", verlangte er bittend.
Die Frau lachte auf, kurz und müde, aber diesmal fast richtig gelöst.
"Spoon", antwortete sie.
Mit dem Namen konnte Kepler nichts anfangen. Die Frau löste sich von der Wand und ging zu einem Tisch, der gerade frei wurde.
Budi empfing Kepler mit einem nunmehr etwas angespannten Blick.
"Wer ist die Schöne?", wollte er wissen.
" Ich habe keine Ahnung", antwortete Kepler ratlos. "Aber sie kennt mich aus Sudan. Kommt sie dir vielleicht bekannt vor?"
"Nein." Budi schüttelte alarmiert den Kopf. "Sind wir in Gefahr?"
"Ich trinke mit ihr einen Kaffee, dann werden wir es sicher wissen." Kepler sah nachdenklich in die Weite. "Welchen Eindruck macht sie?"
"Einen seltsamen." Budi überlegte. "Vielleicht ist es an der Zeit, Colonel, vielleicht müssen wir weiter." Er lächelte schief. "Ich hoffe aber, dass nicht."
Er sah zu der Frau. Kepler beobachtete aufmerksam das Gesicht seines Freundes. Nach einigen Sekunden lächelte Budi leicht und nickte der Frau zu.
"Sie ist nett", meinte er.
"Okay, bis gleich", erwiderte Kepler beruhigt.
Budi irrte sich nur selten. Und wenn sein Freund diesmal falsch liegen sollte, nun, fürs Packen brauchen sie nicht lange.
Spoon sah Kepler an, während er sich zwischen den Tischen zu ihr zwängte, aber ihr Blick war entrückt und ihre Finger spielten geistesabwesend mit dem Becher. Sie schien sehr müde zu sein, beinahe erschöpft. Als Kepler sich neben sie setzte, nickte sie ihm nur knapp zu.
"Die weite Welt ist im Grunde nur ein winzig kleines Dorf", sagte er leicht verlegen. "Aber ich weiß es immer noch nicht. Waren Sie bei World Vision?"
"Nein, bei der AMIS" , antwortete Spoon.
Die African Union Mission in Sudan war der Versuch der Afrikanischen Union, den Krieg in Darfur zu beenden. Der Einsatz hatte fast nichts bewirkt, genauso wie die gemeinsam mit der UNO gestartete Nachfolgemission UNAMID.
"Ich war nie in Darfur", sagte Kepler überrascht.
"Ich weiß", erwiderte Spoon. "Ich habe Sie in Qurdud gesehen. Wir waren dort, um uns anzusehen, wie General Abudi seine Politik durchsetzte." Sie machte eine Pause und sah Kepler völlig offen an. "Ich habe miterlebt, wie Sie einen Drogenhändler auf dem Marktplatz exekutiert haben."
Erst als Kepler die Situation Schritt für Schritt im Gedächtnis rekonstruierte, hatte er eine schemenhafte Erinnerung, Spoons Gesicht in der Menge ges ehen zu haben. Damals hatte er sie wohl für eine Mitarbeiterin von UNO gehalten.
"Einige Tage später war ich mit einem Journalisten bei Abudi ", erzählte Spoon weiter. "Er hielt viel von Ihnen. Einige Monate später hörte man überall im Sudan von Weißen Ratten. Sie waren der Kommandeur, oder?"
"Stimmt", antwortete Kepler ruhig.
"Ihr wart berühmt ."
"Ich dachte, berüchtigt."
Spoon nickte.
"Ja, das auch" , erwiderte sie und machte eine Pause. "Dann war Abudi tot, die Ratten verschwanden und in Kurdufan brach wieder das Chaos aus." Sie sah Kepler in die Augen. "Und was tun Sie jetzt hier?"
"Urlaub", gab Kepler knapp zurück.
Spoon musterte ihn. Dann lächelte sie leicht .
"Keine Sorge, Joe, niemand interessiert sich für ehemalige Söldner." Sie seufzte kaum hörbar, aber bitter. "Nur Sudans Bodenschätze sind von Belang."
Kepler entspannte sich. Eigenartigerweise glaubte er Spoon sofort.
" Haben Sie auch einen Vornamen?", unterbrach er die eingekehrte Stille.
"Ana", antwortete Spoon träge. "Aber niemand nennt mich so. Sag ruhig du ."
In diesem Moment kam die Kellnerin an den Tisch. Spoon lebte ein wenig auf und bestellte zwei große Kaffee. Scheinbar automatisch fügte sie hinzu, dass es Becher zum Mitnehmen sein sollten, keine Tassen.
"Kommst du direkt von der Arbeit?", wollte Kepler wissen, nachdem die Kellnerin gegangen war.
"Ja", antwortete Spoon.
"Lass den Kaffee sein", riet Kepler, "fahr heim, iss was und geh ins Bett."
" Kann ich nicht, habe eine Zwei-Tage-Schicht", erwiderte Spoon. "Den Kaffee brauche ich zum Abschalten. Hier gibt es den besten der Stadt, finde ich."
Der Kaffee wurde gebracht. Spoon holte Geld heraus und reichte es der Kellnerin. Die stellte die beiden Becher auf den Tisch, nahm das Geld, dankte und ging wieder. Spoon schob einen Becher zu Kepler und stand auf.
"Mach's gut, Joe", wünschte sie. " Meine Pause ist um."
Sie hatte es nicht abweisend gesagt, sonder n fast schon bedauernd, aber sie bewegte sich so schnell, als ob sie flüchten
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