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Ohne Beweis (German Edition)

Ohne Beweis (German Edition)

Titel: Ohne Beweis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Mehnert
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einfach weg? Noras blühende Phantasie ging mit ihr durch und sie hielt über ihre eigenen düsteren Gedanken erschrocken die Luft an: Wenn Carmen nun entführt und zum Schreiben dieses Briefes gezwungen worden war? Diese Möglichkeit durfte sie auf gar keinen Fall irgendwem erzählen, schon gar nicht Carolin oder ihrer Familie. Die würden sich nur unnötige Sorgen machen und Nora vor allem daran hindern, weiter zu schnüffeln. Außerdem konnte sich die junge Möchte-Gern-Detektivin keinen Grund vorstellen, warum man Carmen entführt haben sollte. Dennoch wollte sie auch in dieser Richtung weiter ermitteln. Das konnte allerdings schwierig werden, wenn sie bei ihren Befragungen nichts von einer möglichen Entführung durchsickern lassen wollte. Da hatte sie bei ihrem zweiten „Fall“ ja gleich eine richtig schwere Aufgabe und mit dem Gefühl, dieser Aufgabe vielleicht doch noch nicht ganz gewachsen zu sein, fiel Nora schließlich in einen unruhigen Schlaf.  


     
    Heute war endlich der Tag, an dem ich mit dem Bild meines Vaters zu diesem Mühlenhof gehen würde. Ich war extra zwei Stunden früher aufgestanden, was mir wirklich sehr schwer gefallen war. Ich hatte die ganze Nacht an Carmen denken müssen. Warum war sie einfach weggefahren, ohne sich von mir zu verabschieden? Verstehe einer die Weiber! Seufzend machte ich mich zu Fuß auf den Weg, einen fahrbaren Untersatz hatte ich ja nicht. Es zog sich ganz schön lange hin, bis ich endlich auf diesem Hof ankam. Im Stall hörte ich schon Eimer scheppern und so war mir klar, dass jemand wahrscheinlich beim Melken war. Lange um den heißen Brei herumreden lag mir nicht und wegen der Sprachbarriere konnte ich es auch nicht. Also hatte ich mir vorgenommen, demjenigen das Bild meines Vaters unter die Nase zu halten. Ich musste mich einfach auf meine Menschenkenntnis verlassen und die Reaktion (irgendeine musste doch kommen?) richtig deuten.  
    „Guten Morgen, Bauer“, sagte ich und trat vorsichtig in den nur spärlich beleuchteten Stall.  
    „Was wollen Sie? Milch verkaufe ich nicht und Eier hab ich noch nicht gesammelt“, knurrte der Bauer und legte dabei die Melkmaschine an den Euter einer braun-weiß gefleckten Kuh. Da ich nichts verstanden hatte, hielt ich ihm nur das Foto unter die Nase und wartete auf seine Reaktion. Die kam auch, allerdings versuchte der Bauer sofort, diese zu unterdrücken, doch ich hatte genug gesehen. Der Mann hatte kurz die Augen aufgerissen und war ein bisschen blasser um die Nase geworden, doch er hatte sich erstaunlich schnell wieder im Griff.  
    „Was soll das? Wer ist das und was wollen Sie von mir?“, fragte er unwirsch und schubste mich zur Seite, um weiterarbeiten zu können. Ich konnte mir schon denken, was er gefragt hatte, doch es hatte keinen Sinn, weiter zu fragen, wenn man die Sprache nicht verstand und auch nicht sprechen konnte. Ohne Hilfe würde ich hier nicht weiterkommen, das wurde mir nun klar und so schüttelte ich nur den Kopf und ging grußlos wieder hinaus. Das mir hinterher gerufene „He! Mann! Was soll das?“, überhörte ich geflissentlich, denn ich konnte es ihm ja nicht erklären. Ich wusste nur eins: Dieser Mann dort im Stall hatte meinen Vater erkannt, da war ich mir ganz sicher. Zugegeben, er musste damals noch ziemlich jung gewesen sein, als mein Vater hier gearbeitet hatte, aber er hatte ihn erkannt. Das galt es jetzt nur noch irgendwie zu beweisen.  
    Nur wie?  
    Carmen hätte mir sicher geholfen, aber nun war sie weg. Vielleicht sollte ich mich an diese Nora wenden? Die machte doch einen aufgeweckten Eindruck. Ja, das war vielleicht die einzige Chance, die ich jetzt noch hatte. Zur Polizei konnte ich mit meinem Verdacht nicht gehen, ich hatte ja überhaupt keine Beweise, nur mein Gefühl, und das zählte natürlich nicht. So langsam lief mir auch die Zeit davon, denn wir mussten bald mit den Pflasterungen Pause machen, da für die nächste Woche schon wieder sehr warme bis heiße Temperaturen angesagt waren und dann konnten wir nicht weiterarbeiten. Das Untermaterial würde dann zu schnell trocknen. Ich hätte ja auch noch ein paar Tage Urlaub dranhängen können, doch ich durfte mein hart verdientes Geld nicht gleich wieder ausgeben. Zu Hause in Polen wartete zwar keine Familie auf mich, aber dennoch hatte ich eine kleine Miete und ein paar Versicherungen zu bezahlen. Zum Glück hatte ich kein teures Auto zu unterhalten, nur ein kleines, uraltes Moped. Das hätte ich jetzt hier für meine

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