Ohne Beweis (German Edition)
NEIN!!
Schweißgebadet fuhr Carmen hoch und diesmal verfehlte sie nur ganz knapp den Balken. Zitternd schlang sie die Arme um ihren feuchtkalten Körper und versuchte, sich zu orientieren. Sie hatte immer noch keine Ahnung, wo sie war und was alles passiert war, aber ihr Traum war ihr noch in so deutlicher Erinnerung, dass ihr der Kopf vor lauter Verwirrung noch mehr schwirrte. Wer war sie und wer war der Mann, der sie hierher gebracht hatte? Sollte sie ihm glauben, dass sie seine Frau war und auf den Namen Eva hörte oder sollte sie ihrem Traum mehr Bedeutung beimessen und ihn damit konfrontieren? Dazu musste er allerdings hier sein, was er anscheinend nicht war. Oder lauerte er irgendwo in einer Ecke? Was wollte er von ihr und warum war es hier so dunkel? War es schon Nacht?
Vorsichtig stellte sie ihre Beine auf den kühlen Holzboden. Als sie jedoch aufstehen wollte, zuckte sie unter Schmerzen zusammen und ließ sich wieder auf das quietschende Bett fallen. Ihr Knöchel tat immer noch höllisch weh. Ganz langsam konnte sie sich erinnern, dass sie ihn sich bei ihrem Weg durch einen Wald verstaucht hatte. Aber warum war sie durch einen Wald gelaufen und wie war sie hier her gekommen? Ihr Kopf fühlte sich wie Watte an - Erinnerungsfetzen kamen und gingen, sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Was war nur mit ihrem Kopf passiert? Vorsichtig tastete sie an eine besonders schmerzhafte Stelle und erfühlte eine raue Beule. Bestimmt war das verkrustetes Blut, doch sie wollte nicht daran herumkratzen.
Plötzlich verspürte sie einen solchen Durst, dass alle anderen Gedanken sofort wie weggeblasen waren. Sie musste etwas trinken, doch dazu musste sie aufstehen und vor allem etwas sehen. Vielleicht konnte sie ein Fenster oder eine Türe öffnen und falls es doch schon Nacht sein sollte, vielleicht war hier irgendwo eine Taschenlampe oder ein Feuerzeug? Sich vorsichtig vorantastend hüpfte die immer noch geschwächte Frau an ihrer Schlafstätte entlang zur nächsten Wand. Dort hangelte sie sich entlang und spürte auch bald eine Einbuchtung und gleich danach eine Glasscheibe. Sie glitt mit zittrigen Fingern weiter und spürte in der Mitte einen Griff, den man drehen konnte. Aufatmend öffnete sie das Fenster, nur um dann enttäuscht feststellen zu müssen, dass die Fensterläden nicht nur verschlossen, sondern wohl auch von außen verriegelt waren. Sie ließen sich jedenfalls nicht öffnen. Was hatte das zu bedeuten? Hatte man sie hier etwa eingesperrt?
Hastig tastete sie sich weiter und stellte zu ihrem größten Frust fest, dass auch die anderen zwei Fenster verschlossen waren. Blieb also nur noch die Türe, doch eigentlich war sie sicher, dass auch diese abgeschlossen war – die Mühe konnte sie sich getrost sparen. Stattdessen stolperte sie über etwas, das mitten in der Hütte stand und schlug der Länge nach hin. Dabei schürfte sie sich das Kinn und einen Ellenbogen auf, doch sie konnte nicht mal mehr schreien. Wimmernd blieb sie liegen und wollte sich schon in ihr Schicksal ergeben, als plötzlich in ihrem Geist auftauchende Bilder von zwei Kindern sie hochfahren ließen. Von diesen Kindern hatte sie heute doch schon mal geträumt! Wer waren sie und warum spukten sie in ihren Träumen herum?
„Ich muss hier raus!“, zischte Carmen dann entschlossen und rappelte sich hoch. Sie ertastete einen Stuhl, über den sie anscheinend gestolpert war und gleich darauf auch einen Tisch. Erleichtert seufzend ließ sie sich auf den Stuhl plumpsen. Als sie jedoch die Ellenbogen aufstützen wollte, spürte sie eine kleine Schachtel unter ihrem Arm. Sie nahm sie auf und schüttelte sie.
„Das sind doch …“, stammelte sie und öffnete in freudiger Erwartung die Schachtel. „Streichhölzer!“, jubelte sie dann und strich auch sofort eines an. Die kleine Flamme reichte aus, um kurz einen Rundblick durch den kleinen Raum zu erhaschen. Sie war also in einer kleinen Hütte und vor ihr lag ein Zettel, mit dem in schwarzer, krakeliger Schrift etwas stand. Doch bevor sie alles gelesen hatte, verbrannte sie sich die Finger an dem heruntergebrannten Streichholz. Fluchend zündete sie ein neues an und las alles noch einmal. Viel war es ohnehin nicht:
Bin einkaufen. Zugesperrt zu deinem Schutz. Bald zurück.
Das war alles? Wer hatte den Zettel geschrieben und vor allem, mit was? Hier lag nirgendwo ein Stift und die Schrift war sehr breit und abgehackt. Dann sah die immer verzweifelter werdende Frau
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