Ohne Chef ist auch keine Loesung
Sie hören diesen Satz nicht von Ihrem Chef. Sondern beiläufig in der Kaffeeküche, von einem Kollegen aus einer
anderen Abteilung. Er hat die Nachricht eben von seinem eigenen Chef aufgeschnappt.
Auf der Weihnachtsfeier kommt es noch dicker. Nach nur vier Gin Tonic wird die Kollegin aus der Personalabteilung redselig.
»Ach, Berlin, das sollte ja eigentlich schon viel früher sein. Aber es geht erst im Januar, weil der zukünftige Büroleiter
sechs Monate Kündigungsfrist bei seinem derzeitigen Arbeitgeber hat …«
|134| »Äh … Zukünftiger Büroleiter? Kündigungsfrist?«, stammeln Sie und reißen der Kollegin das Glas aus der Hand.
»Ja, eigentlich darf ich das alles gar nicht erzählen«, kichert die Gin-Tonic-Kollegin. »Der hat bei uns ja schon im Juni
unterschrieben. Der Chef war besonders stolz, weil er für den Job in Berlin einen der Top-Leute von der Konkurrenz abwerben
konnte. Unser neues Berliner Büro ist in besten Händen!«
Vor Ihrem geistigen Auge lassen Sie noch einmal das Gespräch mit Ihrem Chef vom Oktober Revue passieren – und rechnen nach,
seit wie vielen Monaten die Stelle schon besetzt war, als er sie Ihnen damals anbot. Mit einem schmallippigen »Verstehe« verlassen
Sie die Weihnachtsfeier verfrüht. Anfang Januar wagen Sie es doch noch einmal, Ihren Chef mit dem Thema zu belästigen.
Frage:
Mit welchem Satz reagiert Ihr Chef, wenn Sie ihn zur Rede stellen?
. »Mir waren die Hände gebunden.«
. »Wir werden schon einen tragfähigen Kompromiss finden.«
. »Ich stehe voll und ganz hinter Ihnen!«
. Eigentlich egal, was er sagt …
Richtig ist Antwort 4: Es ist eigentlich egal, was Ihr Chef nun sagt. Wer einmal ein Lügengebäude erbaut, muss es immer wieder
mit neuen Lügen renovieren, damit es nicht auseinander fällt. Die Antwortfloskeln stammen fast alle aus dem Buch
Lügen in der
Chefetage
. In diesem Buch haben die Autoren Schütz, Wirth und Bode 60 häufige Chef-Lügen gesammelt und nach »Haupt- und Nebeneinsatzgebieten«
untergliedert. »Wir sitzen alle in einem Boot«, empfehlen die Autoren zum Beispiel hauptsächlich gegenüber Mitarbeitern, sehen
aber auch Einsatzmöglichkeiten bei Gewerkschaften und Betriebsräten. Wenn die Chefs noch schnell |135| Solidarität bekunden wollen mit jenen, die sie gleich über Bord stoßen werden.
Die Lügen der Chefs
Ein eigenes Buch über Lügen in der Chefetage – da staunen Sie, was? Wir auch. Es listet Floskeln auf, die jeden Tag tausendfach
über chefliche Lippen kommen, die so vertraut und daher so harmlos klingen. Und die doch glatt gelogen sind.
»Mir sind die Hände gebunden, das Budget für nächstes Jahr ist schon völlig ausgeschöpft. Lassen Sie uns in einem Jahr noch
einmal über eine Gehaltsanpassung sprechen«, heißt es da – obwohl im Budget durchaus noch Luft für ein paar Euro mehr wäre,
wenn man nur wollte.
»Unser Unternehmen ist kerngesund, bei uns braucht keiner um seinen Arbeitsplatz zu fürchten«, klingt es feierlich bei der
Weihnachtsansprache der Juniorchefin – obwohl die Kündigungsschreiben schon bereitliegen, um noch rechtzeitig vor Jahresende
verschickt zu werden. Julia Bönisch beschreibt in ihrem Artikel »Kündigen mit Paukenschlag« auf
sueddeutsche.de
, wie immer häufiger intern Durchhalteparolen gepredigt werden, während die Mitarbeiter von ihren bevorstehenden Entlassungen
in Internetforen erfahren.
»Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie schon sehr, sehr bald mehr Verantwortung übernehmen«, wird der fleißigen Sachbearbeiterin
im Personalgespräch Jahr für Jahr Hoffnung gemacht – obwohl in der Geschäftsleitung völlig klar ist, dass sie nur als günstige
Arbeitskraft bei Laune gehalten werden soll. Hinter vorgehaltenem Blackberry amüsiert man sich über ihre Leichtgläubigkeit.
|136| »Von Frau Winter mussten wir uns leider innerhalb der Probezeit trennen«, lesen Sie in der Mitarbeiter-Rundmail – obwohl die
Spatzen aus den Kopierern pfeifen, dass Frau Winter selbst gekündigt hat, weil sie das Betriebsklima nicht so prickelnd fand.
Nur Anfänger halten dabei noch persönlichen Kontakt zu Menschen, die sie belügen wollen. Eine Studie der Unternehmensberatung
German Consulting Group fand heraus, dass Deutschlands Manager am besten und am fleißigsten elektronisch lügen: 81 Prozent
der befragten Führungskräfte gaben an, sehr häufig oder häufig per SMS zu lügen – nur 7 Prozent beteuerten, noch nie Geschäftspartner
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