Ohne Chef ist auch keine Loesung
über Menschen.
Was daran falsch ist
Was ist nun falsch daran, auf Effizienz zu achten?
Grundsätzlich nichts. Wie wir schon im ersten Kapitel gesehen haben, geht viel Arbeitszeit für – sagen wir: sachfremde – Dinge |183| verloren, und der Chef hat ein Interesse daran und ein Recht darauf, dass Ihre Aufmerksamkeit auf den Arbeitsergebnissen liegt.
Und seine Mitarbeiter an den Hauptzweck ihrer Anwesenheit zu erinnern, die in der Tat nicht darin besteht, täglich einen zweistündigen
Plausch in der Kaffeeküche zu halten.
Aber, liebe Chefs, vergessen Sie bitte auch folgende Rechnung nicht: Wir verbringen täglich durchschnittlich acht bis neun
Stunden bei der Arbeit, das sind pro Woche etwa 45 Stunden, pro Monat 175, im Jahr dann 2 100 Stunden – Überstunden und Urlaub
nicht mitgerechnet. Nach 40 Arbeitsjahren – es werden ja eher mehr als weniger – haben wir circa 85 000 Stunden gleich 5 040
000 Minuten gleich läppische 302 400 000 Sekunden miteinander bei der Arbeit verbracht.
Die Arbeit ist ein Teil unseres Lebens, und zwar ein ziemlich großer!
Wir schalten nicht morgens unser Leben ab und den Arbeitsroboter ein, dessen Effizienz sich mit ein paar sachlichen, emotionsfrei
erteilten Befehlscodes (»SV dies und das tun …«) immer weiter bis auf 100 Prozent steigern lässt.
So funktionieren wir Menschen nicht!
Wir sind und bleiben auch auf der Arbeit Menschen. Um unsere Leistung zu steigern, gibt es einen geheimen Trick, der sich
grundlegend von der Methode unterscheidet, mit der man die Leistung eines Roboters steigert: Behandeln Sie Menschen auch auf
der Arbeit wie Menschen!
Das bedeutet nicht, dass Mitarbeiter ein tägliches vierstündiges Sektfrühstück brauchen, nur weil sie Menschen sind. Wir werden
uns alle darin einig sein, dass das »Sektfrühstück« am Anfang dieses Kapitels weder wünschenswert noch praktikabel ist: Unsere
Chefin ist – zumindest in den allermeisten Fällen – nicht unsere beste Freundin, und wir möchten auch nicht mit ihr so reden |184| (müssen) und von ihr so behandelt werden, als wäre sie es. Selbst wenn wir es wollten: Es sprengt die cheflichen Zeitressourcen,
sich für jeden Mitarbeiter auf diese Weise zu interessieren und sich derart ausgedehnt mit ihm zu unterhalten. Das ist ähnlich
wie mit der persönlichen Anerkennung, für die wir in Kapitel 6 ja die aufschlussreiche »x-mal-drei-Minuten-Rechnung« kennen
gelernt haben.
Doch zwischen »tut, tut, tut« und »Sektfrühstück« liegt ein breites Spektrum. Es gibt ein paar elementare Höflichkeitsregeln,
mit denen wir uns gegenseitig den Respekt und die Achtung entgegenbringen, die wir als Menschen dringend voneinander brauchen
und daher auch erwarten dürfen. Zu jeder Zeit und an jedem Ort. Auch und gerade am Arbeitsplatz. Sie zu beachten ist keine
Zeitverschwendung, sondern schafft eine Atmosphäre, in der wir Menschen gute Arbeit leisten können und werden. Eine Atmosphäre
des Respekts.
Die Formel vom »Return on Respect«
Diese Investition lohnt sich nachweislich: Im Rahmen ihrer jährlichen
What’s-Working-
Studien untersuchte die Unternehmensberatung Mercer International, welche Faktoren hauptsächlich motivierend auf Mitarbeiter
wirken. Das Ergebnis: Auf den ersten beiden Plätzen stehen »Respekt« und die »Menschen, mit denen man zusammenarbeitet« –
in Deutschland und weltweit. Ob wir den Menschen Veronika Müller auf das Kürzel »VM« reduzieren oder nicht, das kann für die
Frage, wie sehr sich Frau Müller im Betrieb engagiert, einen Unterscheid wie Tag und Nacht bedeuten. Wir nennen das den »Return
on Respect«, eine |185| besondere Form des allseits bekannten »Return on Investment«. Und weil es sich dabei nicht um einen Menschen handelt, kürzen
wir ihn ROR ab. Lassen Sie uns daher einen Moment innehalten und die grundlegenden Regeln des Respekts aufschreiben, von denen
wir alle profitieren und die an jeder Bürotür hängen sollten. Wenn Sie mögen, können Sie diese Regeln auch auf www.wenn-der-chef-nervt.de
herunterladen.
Wir sind Menschen, lieber Chef!
Wir haben Namen.
Wir sind keine Personalnummer und kein Namenskürzel. Unser Name besteht aus einem Vornamen und einem Nachnamen, die Anrede
lautet auf »Herr« oder »Frau«. Das gilt in der Kaffeeküche ebenso wie im Sitzungsprotokoll und im Abteilungsmemo.
Wir nehmen uns gegenseitig wahr.
Wenn wir uns begegnen, schauen wir uns an und grüßen uns, anstatt
Weitere Kostenlose Bücher