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Ohne dich kein Sommer - Roman

Ohne dich kein Sommer - Roman

Titel: Ohne dich kein Sommer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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Erinnerungen. Da fiel es mir schwer, weiter sauer auf sie zu sein, sie wie geplant auf Abstand zu halten. Das war praktisch unmöglich. Wenn ich in ihrer Nähe war, wollte ich sie einfach nur packen und ganz fest im Arm halten und sie küssen, bis ihr die Luft wegbliebe. Vielleicht würde sie ihn dann endlich vergessen, meinen Bruder, diesen Dreckskerl.

9
    »Und wo fahren wir jetzt hin?«, fragte ich Jeremiah. Ich wollte seinen Blick einfangen, ihn zwingen, mich anzusehen, wenigstens eine Sekunde lang. Es kam mir so vor, als hätte er mir nicht ein einziges Mal ins Gesicht gesehen, seit er gekommen war, und das machte mich unsicher. Ich musste wissen, ob alles zwischen uns in Ordnung war.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er. »Ich hab schon eine ganze Weile nicht mehr mit Con gesprochen und keinen blassen Schimmer, wo er sein kann. Ich hatte gehofft, du hättest irgendeine Idee.«
    Doch die hatte ich nicht. Nicht wirklich. Ganz und gar nicht, ehrlich gesagt. Ich räusperte mich. »Conrad und ich haben nicht mehr miteinander gesprochen seit – seit Mai.«
    Jeremiah sah mich von der Seite an, sagte aber nichts. Was mochte Conrad ihm erzählt haben? Vermutlich nicht viel.
    Da er nichts sagte, redete ich weiter. »Hast du seinen Mitbewohner angerufen?«
    »Ich hab die Nummer nicht. Ich weiß nicht mal, wie er heißt.«
    »Er heißt Eric«, sagte ich schnell. Ich war froh, dass ich wenigstens das wusste. »Das ist derselbe, mit dem er auch während des Schuljahrs das Zimmer geteilt hat. Sie konnten da wohnen bleiben während der Sommerkurse. Dann lass uns doch vielleicht erst mal zum College fahren. Da können wir mit Eric und mit anderen Leuten auf dem Flur reden. Man kann nie wissen, vielleicht hängt er ja irgendwo auf dem Campus rum.«
    »Klingt vernünftig.« Während Jeremiah in den Rückspiegel schaute und die Spur wechselte, fragte er: »Du hast also Con im College besucht?«
    »Nein«, sagte ich und sah dabei aus dem Fenster. Es war mir einigermaßen peinlich, das zuzugeben. »Du?«
    »Dad und ich haben ihm beim Umzug geholfen.« Fast widerstrebend fügte er hinzu: »Danke, dass du mitkommst.«
    »Ist doch klar«, sagte ich.
    »Laurel hatte kein Problem damit?«
    »Ach was, gar nicht«, log ich. »Ich bin froh, dass ich mitkommen konnte.«
    Früher hatte ich mich schon immer das ganze Jahr über auf Conrad gefreut. Ich hatte den Sommer herbeigewünscht, wie andere Kinder wünschten, dass endlich Weihnachten würde. Ich dachte an nichts als den Sommer. Selbst jetzt, nach allem, was geschehen war, dachte ich immer nur an Conrad.
    Nach einer Weile stellte ich das Radio an, um das Schweigen zwischen Jeremiah und mir zu füllen.
    Einmal schien es mir, als wollte er etwas sagen, und ich fragte: »Hast du was gesagt?«
    »Nö«, antwortete er.
    Also fuhren wir stumm weiter. Jeremiah und ich hatten immer viel zu reden gehabt, aber jetzt auf einmal saßen wir schweigend nebeneinander.
    Irgendwann sagte er: »Letzte Woche habe ich Nona besucht. In dem Altersheim, in dem sie jetzt arbeitet.«
    Nona war Susannahs Pflegerin im Hospiz gewesen. Ich war ihr ein paarmal begegnet. Sie war witzig und stark, eine zierliche Person, keine eins sechzig, würde ich schätzen, und mit spindeldürren Armen und Beinen. Aber ich habe zugesehen, wie sie Susannah hochgehoben hat – so als hätte sie so gut wie gar nichts gewogen. Was am Ende wohl auch so war.

10
    Als Susannah wieder krank wurde, hat mir das anfangs keiner gesagt. Weder Conrad noch meine Mutter, noch Susannah selbst. Dann ging alles so schnell.
    Ich habe alles getan, um mich um die letzte Begegnung mit Susannah zu drücken. Ich habe meiner Mutter erklärt, ich müsste für eine Matheprüfung lernen, die ein Viertel meiner Gesamtnote zählte. Ich hätte wer weiß was erfunden, um nicht hinfahren zu müssen. »Ich kann nicht kommen, ich muss das ganze Wochenende lernen. Vielleicht nächstes Wochenende«, sagte ich ihr am Telefon. Ich bemühte mich, nicht verzweifelt zu klingen, sondern ganz locker. »Okay?«
    »Nein, nicht okay«, sagte meine Mutter sofort. »Du kommst dieses Wochenende. Susannah will dich sehen.«
    »Aber –«
    »Kein Aber.« Ihre Stimme war rasiermesserscharf. »Deine Fahrkarte hab ich schon gekauft. Bis morgen dann.«
    Im Zug habe ich angestrengt überlegt, worüber ich mit Susannah reden könnte, wenn ich bei ihr wäre. Ich würde ihr erzählen, wie schwer ich Mathe fand, dass Taylor verliebt sei und dass ich mich vielleicht für die

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