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Ohne dich kein Sommer - Roman

Ohne dich kein Sommer - Roman

Titel: Ohne dich kein Sommer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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Klassensprecherwahl aufstellen lassen würde. Das war gelogen, ich dachte gar nicht daran zu kandidieren, aber ich wusste, es würde Susannah gefallen. Solche Sachen könnte ich ihr erzählen, und ich würde sie nicht nach Conrad fragen.
    Meine Mutter holte mich am Bahnhof ab. Als ich ins Auto stieg, sagte sie: »Ich bin froh, dass du gekommen bist.«
    Dann fügte sie noch hinzu: »Keine Sorge, Conrad ist nicht hier.«
    Ich antwortete nicht, sondern starrte nur aus dem Fenster. Auch wenn es nicht berechtigt war – ich war wütend auf meine Mutter, weil sie mich gezwungen hatte zu kommen. Aber ihr war das egal, sie redete einfach weiter. »Ich will dich nur schon mal vorwarnen: Sie sieht nicht gut aus. Sie ist müde. Sehr müde sogar. Aber sie freut sich schon so auf dich.«
    Sobald meine Mutter das gesagt hatte – Sie sieht nicht gut aus –, schloss ich die Augen. Ich hasste mich selbst dafür, dass ich Angst davor hatte, sie zu sehen, dass ich sie nicht öfter besuchte. Aber ich war nicht wie meine Mutter, stark und unbeugsam wie Stahl. Susannah so zu sehen fiel mir einfach zu schwer. Mir kam es vor, als würden nach und nach Teile von ihr, von der, die sie immer gewesen war, abbröckeln, jedes Mal, wenn ich sie sah, schien sie weniger. Wenn ich sie so sah, konnte ich die Augen nicht mehr vor der Wirklichkeit verschließen.
    Als wir in die Einfahrt einbogen, stand Nona vor dem Haus und rauchte. Ich hatte sie vor ein paar Wochen kennengelernt, als Susannah gerade wieder aus der Klinik nach Hause gekommen war. Nonas Handschlag konnte einem direkt Angst machen. Als wir ausstiegen, desinfizierte sie gerade ihre Hände und besprühte ihre Uniform mit Febreze – wie ein Teenager, der heimlich raucht. Dabei hatte Susannah gar nichts dagegen, sie hatte sich früher auch ganz gern mal eine angesteckt, doch jetzt konnte sie es nicht mehr. Nur Pot rauchte sie, aber auch das nur ganz selten.
    »Morgen«, rief Nona und winkte uns zu.
    »Morgen«, riefen wir zurück.
    Inzwischen saß sie auf der Veranda. »Schön, dich zu sehen«, sagte sie zu mir. Und zu meiner Mutter: »Susannah ist fertig angezogen und erwartet euch beide unten.«
    Meine Mutter setzte sich zu Nona. »Belly, geh schon mal rein. Ich will noch ein bisschen mit Nona reden.« Was sie mit reden meinte, wusste ich – sie wollte auch eine rauchen. Sie und Nona hatten sich ganz gut angefreundet.
    Nona war ein durchaus pragmatischer Mensch, sie hatte aber auch eine ausgesprochen spirituelle Seite. Sie hatte meine Mutter einmal eingeladen, mit ihr in den Gottesdienst zu gehen, und obwohl meine Mutter absolut nicht religiös war, ging sie mit. Erst dachte ich, sie wolle Nona nur einen Gefallen tun, doch dann ging sie auf einmal auch zu Hause zur Kirche, allein, und mir wurde klar, dass mehr dahinterstecken musste. Sie war auf der Suche nach irgendeiner Art von Frieden.
    »Allein?«, fragte ich und bereute es sofort. Ich wollte nicht, dass die beiden mich für feige hielten. Ich selbst dachte schon schlecht genug von mir.
    »Sie erwartet dich«, sagte meine Mutter.
    Und so war es. Sie saß im Wohnzimmer, und sie war richtig angezogen, nicht im Pyjama. Sie war auch geschminkt. Ihr pfirsichfarbenes Rouge hob sich grell von der kalkweißen Haut ab. Meinetwegen hatte sie sich dieser großen Anstrengung unterzogen. Ich sollte nicht erschrecken. Also ließ ich mir meinen Schrecken nicht anmerken.
    »Mein Lieblingsmädchen«, sagte sie und breitete die Arme aus.
    Ich umarmte sie, so behutsam ich konnte. Ich sagte ihr, sie sähe so viel besser aus als beim letzten Mal. Ich log.
    Jeremiah komme erst abends nach Hause, erzählte sie, sodass wir Mädels das Haus nachmittags ganz für uns hätten.
    Meine Mutter kam kurz ins Zimmer, um Susannah zu begrüßen, und ließ uns wieder allein. Sie ging in die Küche, um das Mittagessen vorzubereiten, während ich Susannah berichtete, was es Neues gab.
    Sobald meine Mutter hinausgegangen war, sagte Susannah: »Falls du dir Sorgen machst, dass du Conrad über den Weg laufen könntest – nicht nötig, Süße. Er kommt dieses Wochenende nicht.«
    Ich schluckte. »Hat er es dir erzählt?«
    Sie lachte leise. »Dieser Junge erzählt mir gar nichts. Deine Mutter hat erwähnt, dass es auf dem Ball nicht … nicht so lief, wie wir gehofft hatten. Das tut mir leid, Liebes.«
    »Er hat Schluss gemacht«, sagte ich. Es war alles viel komplizierter gewesen, aber im Grunde war genau das passiert. Und es war passiert, weil er es so gewollt hatte. Ob

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