Ohne dich kein Sommer - Roman
hin, und zum Zeichen meines Versprechens legte ich meinen kleinen Finger um ihren.
»Sag mal, behältst du das etwa an?«, fragte Taylor dann unvermittelt.
Ich warf einen Blick auf mein graues Spaghettiträger-Top und sagte: »Ja, klar.«
Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass die blonden Haare ihr wild um den Kopf flogen. »In dem Ding willst du Conrad das erste Mal wiedersehen?«
»Hör mal, Taylor, ich hab kein Date mit ihm.«
»Wenn man seinen Ex trifft, muss man unbedingt besser aussehen als je zuvor. Das ist eine eiserne Regel nach Trennungen. Du musst dafür sorgen, dass er denkt: ›Mist, so was hab ich mir entgehen lassen?‹ So läuft das, nur so.«
Der Gedanke war mir gar nicht gekommen. »Ist mir doch egal, was der denkt.«
Aber Taylor kramte bereits meine Reisetasche durch. »Sag mal, du hast ja nichts dabei außer Unterwäsche und einem T-Shirt! Und dieses alte Tank Top. Bah! Ich hasse dieses Teil. Das gehört wirklich in Pension geschickt.«
»Kannst du das mal lassen?«, sagte ich. »Hör jetzt auf, in meinen Sachen rumzukramen.«
Taylor sprang auf, sie strahlte vor Begeisterung. »Ach bitte, Belly, lass mich für dich packen! Bitte, das fände ich so toll.«
»Nein«, sagte ich, so entschieden ich konnte. Taylor gegenüber war entschiedenes Auftreten angesagt. »Ich brauch sonst nichts. Ganz sicher bin ich morgen schon zurück.«
Taylor ignorierte mich einfach und verschwand in ihrem begehbaren Kleiderschrank.
In dem Moment klingelte mein Handy. Jeremiah. Bevor ich mich meldete, sagte ich noch schnell: »Ich mein’s ernst, Tay.«
»Keine Sorge, ich hab alles im Griff. Stell dir einfach vor, ich bin deine gute Fee«, rief sie aus dem Kleiderschrank.
Ich klappte mein Handy auf. »Hey«, sagte ich, »wo bist du?«
»Nicht mehr weit. Ich brauch noch etwa eine Stunde. Bist du bei Taylor?«
»Ja«, sagte ich. »Soll ich dir den Weg noch mal beschreiben?«
»Nicht nötig, ich hab alles dabei.« Er machte eine Pause, und ich dachte schon, er habe aufgelegt. Doch dann sagte er: »Danke, dass du mitkommst.«
»Na, hör mal!«, antwortete ich.
Ich hätte gern mehr gesagt – dass er doch schließlich einer meiner besten Freunde sei und dass ein Teil von mir sogar froh sei, einen Grund zu haben, ihn wiederzusehen. Ein Sommer ohne Becks Jungs wäre einfach kein Sommer.
Aber nichts von dem, was ich sagen wollte, hörte sich in meinem Kopf richtig an, und bevor ich meine Gedanken sortiert hatte, hatte Jeremiah schon aufgelegt.
Als Taylor endlich aus ihrem Schrank auftauchte, zog sie gerade den Reißverschluss meiner Tasche zu. »Alles erledigt«, sagte sie und strahlte übers ganze Gesicht, sodass sich ihre Grübchen zeigten.
»Taylor –«, begann ich und wollte ihr die Tasche aus der Hand nehmen.
»Nichts da«, sagte sie. »Warte, bis ihr angekommen seid, wo auch immer. Dann wirst du mir dankbar sein. Ich war sehr großzügig, und das, obwohl du mich so schändlich im Stich lässt.«
Ich überhörte das Letzte geflissentlich und sagte nur: »Danke, Tay.«
»Gern geschehen.« Sie überprüfte schnell ihre Frisur im Spiegel über der Kommode. »Siehst du jetzt ein, wie sehr du mich brauchst?« Sie stemmte die Hände in die Seiten und musterte mich. »Wie wollt ihr Conrad überhaupt finden? Wer weiß, ob der nicht irgendwo unter einer Brücke pennt.«
Über unsere Suche hatte ich bisher kaum nachgedacht, jedenfalls nicht im Detail. »Ich bin sicher, Jeremiah hat schon ein paar Ideen«, sagte ich.
Eine Stunde später war Jeremiah da, genau wie er es angekündigt hatte. Wir sahen vom Wohnzimmerfenster aus, wie sein Wagen in die ringförmige Einfahrt vor Taylors Haus einbog. »Du lieber Himmel, sieht der süß aus«, seufzte Taylor und rannte sofort los, um noch schnell Lipgloss aufzutragen. »Wieso hast du mir nicht gesagt, wie süß er inzwischen ist?«
Als sie Jeremiah das letzte Mal gesehen hatte, war er noch einen Kopf kleiner und um einiges schmaler gewesen. Kein Wunder, dass sie sich damals für Steven entschieden hatte. Für mich sah er nach wie vor einfach wie Jeremiah aus.
Ich schnappte mir meine Tasche und ging los. Taylor kam dicht hinterher.
Als ich öffnete, stand Jeremiah schon auf den Stufen vor der Haustür. Er hatte seine Red-Sox-Kappe auf dem Kopf und trug die Haare kürzer als bei unserer letzten Begegnung. Es war ein komisches Gefühl, ihn da stehen zu sehen, vor Taylors Haus. Surreal.
»Gerade wollte ich dich anrufen«, sagte er und nahm die Kappe ab. Jeremiah
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