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Ohne dich kein Sommer - Roman

Ohne dich kein Sommer - Roman

Titel: Ohne dich kein Sommer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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»Und jetzt schau dich an.«
    Ich drehte den Kopf und blickte in den Spiegel. Meine Augen waren grau und geheimnisvoll – wunderschöne S moky Eyes . So schön, wie ich war, sollte ich diejenige sein, die tanzen ging.
    »Schau, sie sieht absolut nicht nuttig aus«, meinte Susannah triumphierend.
    »Sie sieht aus, als hätte ihr jemand ein blaues Auge verpasst«, antwortete meine Mutter.
    »Gar nicht wahr. Geheimnisvoll sehe ich aus. Wie eine Gräfin.« Damit hüpfte ich vom Waschtisch. »Danke, Susannah.«
    »Auf Wunsch Wiederholung, Süße.«
    Wir warfen uns Luftküsse zu wie zwei feine Damen, die zusammen beim Lunch sitzen. Dann nahm Susannah mich bei der Hand, führte mich zu ihrer Kommode und gab mir ihre Schmuckschatulle. »Belly, du hast von uns dreien den besten Geschmack. Hilfst du mir, meinen Schmuck für heute Abend auszusuchen?«
    Ich setzte mich mit dem Kästchen aufs Bett und sah alles aufmerksam durch, bis ich fand, wonach ich gesucht hatte – die hängenden Opalohrringe und den passenden Ring. »Die hier«, sagte ich und hielt ihr den Schmuck auf der flachen Hand hin.
    Susannah gehorchte, und als sie die Ohrringe befestigte, meinte meine Mutter: »Ich weiß ja nicht, ob die so gut passen.«
    Aus heutiger Sicht denke ich, sie passten tatsächlich nicht so gut. Aber ich liebte diesen Opalschmuck so sehr, mehr als Susannahs sonstigen Schmuck. Also sagte ich: »Mom, was verstehst du schon davon?«
    Im selben Moment fürchtete ich, sie würde böse werden, aber die Frage war mir einfach so herausgerutscht, und ich hatte doch recht. Von Schmuck verstand meine Mutter genauso viel – oder wenig – wie vom Schminken.
    Doch Susannah lachte, und meine Mutter auch. Dann schickte sie mich nach unten.
    »Geh schon mal und sag den Männern, wir kommen in fünf Minuten, Gräfin.«
    Ich sprang vom Bett und machte einen tiefen Knicks. »Sehr wohl, Frau Mutter.«
    Wieder mussten beide lachen. »Nun lauf schon, du kleine Kröte.«
    Ich rannte nach unten. Als Kind bin ich immer gerannt, wenn ich irgendwo hinwollte. »Sie sind fast fertig«, brüllte ich.
    Mr. Fisher führte meinem Dad gerade seine neue Angel vor. Dad schien erleichtert, als er mich sah. Dann fragte er: »Belly – was haben sie denn mit dir gemacht?«
    »Susannah hat mich geschminkt. Gefalle ich dir?«
    Er winkte mich zu sich und betrachtete mich mit ernstem Blick. »Ich bin mir nicht sicher. Du siehst sehr erwachsen aus.«
    »Wirklich?«
    »Ja, sehr, sehr erwachsen.«
    Ich versteckte den Kopf in seiner Armbeuge, um mir meine Freude über seine Antwort nicht anmerken zu lassen. Ein schöneres Kompliment konnte es für mich gar nicht geben, als dass jemand mich erwachsen nannte.
    Kurz darauf brachen sie auf, die Männer in gebügelten Khakihosen und Button-down-Hemden, die Mütter in ihren Sommerkleidern. Wenn Mr. Fisher und mein Dad sich so in Schale schmissen, sahen sie sich sogar ziemlich ähnlich. Mein Dad umarmte mich zum Abschied und sagte, falls ich noch wach wäre, wenn sie zurückkämen, könnten wir anschließend eine Weile auf der Veranda sitzen und nach Sternschnuppen Ausschau halten. Meine Mutter meinte, dafür würde es sicher zu spät werden, doch Dad zwinkerte mir zu.
    Auf dem Weg aus dem Haus flüsterte er meiner Mutter etwas ins Ohr, und sie lachte ein leises, kehliges Lachen und hielt sich die Hand vor den Mund. Ich frage mich noch immer, was er damals wohl gesagt hat.
    Es war eines der letzten Male, dass ich sie so glücklich zusammen erlebt habe. Ich wünschte wirklich, ich hätte es mehr genossen.
    Meine Eltern waren immer ein stabiles Paar gewesen und so langweilig, wie Eltern nur sein konnten. Sie stritten nie. Taylors Eltern dagegen hatten ständig Krach. Mehr als einmal hatte ich mitbekommen, wenn ich bei Taylor übernachtete, dass Mr. Jewel spät nach Hause kam und seine Frau stinksauer war. Dann stampfte sie in ihren Hausschuhen umher und klapperte lautstark mit den Töpfen. Wenn wir schließlich am Tisch saßen, sank ich immer tiefer in meinen Stuhl, und Taylor redete ununterbrochen irgendwelches dummes Zeug. Ob Veronika Gerard tatsächlich zwei Tage hintereinander im Sport dieselben Socken angehabt hatte oder ob wir uns später in der Highschool als Wasserträgerinnen für das Footballteam melden sollten.
    Als ihre Eltern sich scheiden ließen, fragte ich Taylor, ob sie nicht vielleicht auch ein ganz kleines bisschen erleichtert sei. Nein, sagte sie. Die beiden hätten zwar ständig gestritten, aber wenigstens seien sie

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