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Ohne dich kein Sommer - Roman

Ohne dich kein Sommer - Roman

Titel: Ohne dich kein Sommer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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einer von uns Susannah erwähnte. Mein Blick ging blitzschnell zu Conrad hinüber, doch sein Gesicht blieb ausdruckslos. Ich atmete tief aus. Und dann hatte ich eine Idee. Die beste Idee aller Zeiten. Ich sprang auf und öffnete die Türen des Fernsehschranks. Mit den Fingern glitt ich über die DVD s und selbst gedrehten Videos in einer Schublade, alle sauber beschriftet in Susannahs schwungvoller Handschrift, und bald fand ich auch, was ich suchte.
    »Was machst du da?«, fragte Jeremiah.
    »Wart’s ab«, sagte ich, dann stellte ich den Fernseher an und legte das Video ein.
    Auf dem Bildschirm erschien Conrad, mit Zahnspange und Pickeln im Gesicht. Damals war er zwölf. Mürrisch lag er auf einem Strandlaken. In dem Sommer wollte er sich von niemandem fotografieren oder filmen lassen.
    Wie immer war Mr. Fisher hinter der Kamera, und man hörte ihn sagen: »Nun mach schon, Connie – sag: ›Schönen vierten Juli!‹«
    Jeremiah und ich sahen einander an und platzten heraus. Conrad warf uns einen bösen Blick zu. Er wollte sich die Fernbedienung schnappen, aber Jeremiah war schneller. Er hielt sie hoch über den Kopf und lachte atemlos. Die beiden fingen an, sich um die Fernbedienung zu balgen, doch plötzlich hielten sie inne.
    Die Kamera machte gerade einen Schwenk auf Susannah. Sie trug eine lange weiße Bluse über ihrem Badeanzug und ihren großen Strandhut.
    »Suze, Liebling, wie geht es dir heute, am Geburtstag unserer Nation?«
    Susannah verdrehte die Augen. »Lass gut sein, Adam. Film lieber die Kinder!« Und dann lächelte sie unter ihrem Hut, ein langsames Lächeln, das von tief innen kam. Das Lächeln einer Frau, die den Mann hinter der Kamera wirklich und aufrichtig liebt.
    Conrad warf nur einen Blick auf den Bildschirm und sagte sofort: »Mach aus!«
    »Ach, Mann, komm schon«, sagte Jeremiah, »lass uns noch ein bisschen gucken.«
    Conrad sagte nichts mehr, aber er schaute auch nicht weg.
    Dann richtete sich die Kamera auf mich, und Jeremiah fing wieder an zu lachen. Conrad lachte mit. Auf diese Szene hatte ich gewartet. Ich wusste, da gab es etwas zu lachen.
    Das war ich, mit einer riesigen Sonnenbrille und einem Tankini mit Regenbogenstreifen, über dessen Höschen mein runder Bauch vorstand wie bei einer Vierjährigen. Laut brüllend rannte ich vor Steven und Jeremiah davon, die mit einer Qualle hinter mir her waren – jedenfalls behaupteten sie das. Hinterher stellte sich heraus, dass es nur ein Klumpen Seetang war.
    Jeremiahs Haare waren weißblond in der Sonne, und er sah genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte.
    »Bells, wie so ein gestreifter Wasserball siehst du aus«, sagte Jeremiah, der vor lauter Lachen kaum Luft bekam.
    Ich lachte auch, jedenfalls ein bisschen. »Pass auf, was du sagst!«, drohte ich ihm. »Aber der Sommer damals, der war wirklich toll. Alle unsere Sommer waren … toll.«
    Aber dieses Wort – toll – traf es eigentlich gar nicht, unsere Sommer waren so viel mehr gewesen.
    Conrad stand schweigend auf und kam gleich darauf mit dem Tequila zurück. Er goss jedem von uns ein, und dieses Mal wurde meine Portion nicht verdünnt.
    Wir tranken alle gleichzeitig, und als ich schluckte, brannte das Zeug so höllisch in der Kehle, dass mir die Tränen übers Gesicht liefen. Conrad und Jeremiah lachten sich sofort wieder schief. »Lutsch an der Limette«, riet mir Conrad, und das half.
    Bald darauf fühlte ich mich warm und träge und rundum gut. Ich legte mich auf den Boden, die Haare wie ein Fächer um meinen Kopf ausgebreitet, und blickte zum Ventilator hoch, der sich unablässig im Kreis drehte.
    Als Conrad einmal aufstand und ins Bad ging, rollte Jeremiah sich auf die Seite. »Hey, Belly«, sagte er. »Wahrheit oder Pflicht?«
    »Spinn nicht rum«, sagte ich.
    »Ach, komm schon, Bells, spiel mit. Bitte!«
    Ich verdrehte die Augen, richtete mich aber auf. »Pflicht.«
    Er sah mich verschmitzt an. Diesen Blick hatte ich nicht mehr an ihm gesehen, seit Susannah das zweite Mal krank geworden war. »Mal sehen, ob du dich traust, mich zu küssen, nach guter alter Tradition. Ich hab seit dem letzten Mal ’ne Menge dazugelernt.«
    Ich musste lachen. Was immer ich erwartet hatte – das jedenfalls nicht.
    Jeremiah legte den Kopf schief und reckte ihn mir entgegen, und schon wieder musste ich lachen. Ich beugte mich vor, zog sein Kinn mit den Fingern heran und gab Jeremiah einen lauten Schmatzer auf die Wange.
    »Au, Mann!«, protestierte er. »Das war kein richtiger

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