Ohne ein Wort
mal überprüfen, ob es tatsächlich einen Jeremy Sloan gab, dann konnte ich immer noch auflegen.
»Leider nein«, sagte die Frau. »Wer spricht denn da?«
»Oh, kein Problem«, sagte ich. »Ich versuche es dann später noch mal.«
»Er kommt heute überhaupt nicht mehr.«
»Wissen Sie vielleicht, wo ich ihn erreichen kann?«
»Er ist unterwegs«, sagte die Frau. »Ich weiß nicht genau, wann er zurückkommt.«
»Ach ja, klar«, sagte ich. »Er ist vorübergehend in Connecticut, nicht wahr?«
»Hat er das gesagt?«
»Ja.«
»Sind Sie da sicher?« Sie klang irgendwie alarmiert.
»Vielleicht habe ich mich auch verhört. Wissen Sie was, ich melde mich wieder. War nichts Wichtiges, wir hatten uns bloß zum Golfen verabredet.«
»Zum Golfen? Jeremy spielt kein Golf. Wer sind Sie? Sagen Sie mir sofort, wer Sie sind!«
Die Sache geriet zusehends außer Kontrolle. Vince, der direkt neben mir stand und mitgehört hatte, fuhrsich mit dem Zeigefinger über die Kehle und flüsterte »Auflegen«. Ich beendete das Gespräch, ohne ein weiteres Wort zu sagen, und reichte Vince das Handy zurück.
»Sieht ganz so aus, als wär’s die richtige Adresse«, sagte er. »Aber ein bisschen schlauer hätten Sie’s schon anstellen können.«
Ich ignorierte seine Kritik. »Der Jeremy Sloan aus dem Einkaufszentrum kommt also höchstwahrscheinlich aus Youngstown, New York, und wohnt unter einer Adresse, deren Telefon auf einen gewissen Clayton Sloan angemeldet ist. Und Cynthias Vater hat ein Zeitungsfoto von diesem Jeremy Sloan aufbewahrt.«
Wir schwiegen, während wir versuchten, uns einen Reim darauf zu machen.
»Ich rufe Cynthia an«, sagte ich. »Das muss sie sofort erfahren.«
Ich lief nach unten in die Küche und wählte die Nummer von Cynthias Handy. Aber sie hatte es wie angekündigt ausgeschaltet. »Scheiße«, sagte ich, als Vince zu mir in die Küche trat. »Haben Sie eine Idee, was wir jetzt machen sollen?«
»Hmm. Diese Frau hat gesagt, er wäre unterwegs. Heißt, dass er sich vermutlich irgendwo hier in der Gegend aufhält. Und wenn er hier keine Freunde oder Verwandte hat, ist er wahrscheinlich in einem Motel oder einer Pension abgestiegen.« Er nahm sein Handy aus der Jacke und wählte eine gespeicherte Nummer. Nach einem Moment sagte er: »Ich bin’s. Ja, der ist noch bei mir. Ich hab hier ’ne Sache auf der Pfanne, die dringend erledigt werden muss.«
Er erklärte dem Mann am anderen Ende, die Jungs – wahrscheinlich dieselben Typen, die mich vor dem Donut-Laden aufgegabelt hatten – sollten sich schleunigst in den Hotels und Pensionen im Ort umhören.
»Woher soll ich denn wissen, wie viele Hotels es gibt?«, sagte er. »Das Zählen kannst du übernehmen. Es geht um einen Burschen namens Jeremy Sloan. Kommt aus Youngstown, New York. Gib mir sofort Bescheid, wenn du weißt, wo der Kerl abgestiegen ist. Nehmt euch erst mal das Howard Johnson’s, das Red Roof und das Super 8 vor. Okay. He, was habt ihr denn da im Hintergrund laufen? Wie? Die verdammten Carpenters?«
Als er alles hinreichend erläutert hatte, beendete er das Gespräch und steckte das Handy wieder ein. »Wenn sich dieser Sloan hier in der Gegend aufhält, werden sie ihn finden«, sagte er.
Ich öffnete den Kühlschrank und hielt ihm eine Flasche Bier hin. »Danke«, sagte er. Ich nahm mir selbst auch eine und setzte mich zu ihm an den Küchentisch.
»Haben Sie eine Ahnung, was hier vorgeht?«, fragte er.
Ich trank einen Schluck. »Ich überlege noch«, sagte ich. »Die Frau am Telefon. Das könnte doch die Mutter von diesem Sloan sein. Und was, wenn er tatsächlich der Bruder meiner Frau wäre?«
»Hmm.«
»Dann hätte ich gerade ein Gespräch mit Cynthias Mutter geführt.«
Aber wenn Cynthias Mutter und ihr Bruder noch lebten, wie erklärten sich dann die Ergebnisse der DNA -Tests, die an den beiden Leichen aus dem Seevorgenommen worden waren? Tatsache war, dass wir bis jetzt lediglich wussten, dass die beiden Toten blutsverwandt gewesen waren – ob es sich wirklich um Todd und Patricia Bigge handelte, stand bislang nicht mit letzter Sicherheit fest. Und ob Cynthias DNA überhaupt eine Verbindung zu den beiden Verstorbenen aufwies, war noch völlig unklar.
Mir schwirrte der Kopf. Ich war derart in meine Gedanken versunken, dass ich beinahe zusammenschrak, als Vince plötzlich das Wort an mich richtete.
»Ich hoffe bloß, meine Jungs legen ihn nicht gleich um, wenn sie ihn finden«, sagte Vince und nahm noch einen Schluck
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