Ohne ein Wort
nicht besonders«, sagte Vince. »Wer weiß, ob sie überhaupt einen Studienplatz kriegen würde.«
»Mit Geld lässt sich eine Menge regeln. Und ich nehme an, dass Sie es sich leisten könnten, sie auf eine Top-Uni zu schicken.«
Vince nickte.
»Vielleicht könnten Sie Jane dabei helfen, sich ein paar Ziele zu setzen. Sagen Sie ihr, dass Sie für ihr Studium aufkommen, wenn sie sich ein bisschen mehr in der Schule anstrengt. Machen Sie ihr klar, dass Sie ihr helfen wollen, ihr Potenzial zu verwirklichen.«
Er warf mir einen Seitenblick zu. »Helfen Sie mir dabei?«
»Ja«, sagte ich. »Aber wird Jane auf uns hören?«
Nachdenklich schüttelte Vince den Kopf. »Gute Frage.«
»Ich hätte noch ’ne andere«, sagte ich.
»Ich bin ganz Ohr.«
»Was kratzt Sie das?«
»Hmm?«
»Was kratzt Sie das? Sie ist schließlich nicht ihre leibliche Tochter. Andere Typen würden bestimmt keine Gedanken an sie verschwenden.«
»Wie? Sie halten mich für so ’ne Art Perversen, der ihr an die Wäsche will, stimmt’s?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Aber gemeint.«
»Überhaupt nicht«, gab ich zurück. »Wenn Sie etwas von ihr wollten, würde sich das auf die eine oder andere Weise in Janes Storys spiegeln. Ich glaube, Sie haben bereits ihr Vertrauen gewonnen. Aber die Frage ist immer noch dieselbe: Was kratzt es Sie, was aus Jane wird?«
Vince trat aufs Gas, als die Ampel wieder auf Grün umsprang. »Ich hatte selbst eine Tochter«, sagte er.
»Oh«, sagte ich.
»Ich war noch ziemlich jung damals. Zwanzig. Tja, ich hatte ein Mädchen aus Torrington geschwängert. Agnes hieß sie. Mein Alter drehte komplett durch, so nach dem Motto, ob ich noch nie von Kondomen gehört hätte. Na ja, aber so läuft es manchmal eben. Ich habe dann versucht, Agnes zu überreden, das Kind wegzumachen, aber sie wollte nicht. Es war ein Mädchen. Collette hat sie es genannt.«
»Schöner Name«, sagte ich.
»Tja, und als ich die Kleine dann gesehen habe, war ich hin und weg. Mein Alter wollte nicht, dass ich mich an ein Mädchen band, nur weil ich sie gebumst hatte. Aber ich hätte es schlechter treffen können als mit Agnes, und Collette war das schönste Baby, das ich je gesehen hatte. Okay, ich war erst zwanzig, undwahrscheinlich wäre es ganz normal gewesen, wenn ich mich aus dem Staub gemacht hätte, aber die Kleine weckte Gefühle in mir, die ich bis dahin nicht gekannt hatte.
Ich begann sogar zu überlegen, ob ich Agnes heiraten sollte. Um dem Kind ein richtiger Vater sein zu können. Und während ich noch nachdenke, wie ich das meinem Alten beibringen soll, ist Agnes mit unserer Kleinen unterwegs, und als sie mit dem Kinderwagen eine Kreuzung überquert, brettert dieses besoffene Schwein in vollem Tempo über die rote Ampel. Sie waren beide sofort tot.«
Vince’ Finger krampften sich um das Steuer, als wolle er es erdrosseln.
»Das tut mir leid«, sagte ich.
»Ja, diesem Schwein tat es auch leid«, sagte Vince. »Erst mal zog sich die Sache sechs Monate lang hin. Und anschließend wurde die Anklage fallen gelassen, weil sein Anwalt die Geschworenen überzeugen konnte, Agnes sei bei Rot über die Straße gegangen. Tja, aber das Leben geht seltsame Wege. Ein paar Monate darauf kommt er eines Abends aus einer Kneipe in Bridgeport. Es ist schon spät, und der Dreckskerl hat nichts dazugelernt. Und als er zu seinem Wagen geht, schießt ihm jemand eine Kugel in seinen verdammten Kopf.«
»Wow«, sagte ich. »Dem haben Sie bestimmt keine Träne hinterhergeweint.«
Vince warf mir einen Seitenblick zu.
»Ich kann Ihnen sagen, was die letzten Worte waren, die er gehört hat. ›Das ist für Collette.‹ Und wissen Sie,was der Scheißkerl gesagt hat, bevor ihm die Kugel das Gehirn zerfetzt hat?«
Ich schluckte. »Nein.«
»Er sagte: ›Was für ’ne Collette?‹« Er hielt kurz inne. »Tja, da seine Brieftasche gestohlen worden war, gingen die Cops von einem Raubmord aus.« Er musterte mich von der Seite. »Lassen Sie den Mund nicht zu lange offen stehen, sonst kommen Fliegen rein.«
Ich machte den Mund wieder zu.
»So viel dazu«, sagte Vince. »Und genau deshalb interessiert mich, was aus Jane wird. Haben Sie sonst noch Fragen?«
Ich schüttelte den Kopf.
Er wies nach vorn. »Ist das Ihr Wagen?« Ich nickte.
Als er anhielt, klingelte sein Handy. »Ja?«, sagte er. Er hörte kurz zu und sagte dann: »Wartet auf mich.«
Er steckte das Handy wieder ein. »Sie haben ihn gefunden. Er ist im Howard Johnson’s
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