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Ohne Ende Leben - Roman

Ohne Ende Leben - Roman

Titel: Ohne Ende Leben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Wikingerkrieger auf dem Weg nach Walhall. Am Schluss beschriften wir das
    Schiff: RINGHORN.
    »Und, was denkst du?«, frage ich Gonzo.
    »Gut.« Seine Augen sind gerötet. Er nimmt noch einen Sprühstoß aus seinem Inhalator und legt ihn dann in Balders Hände. »Die Luft dort könnte scheiße sein.«
    Er drückt mir ein blaues Wegwerffeuerzeug in die Hand, das wir im Sand vor der Tacobude gefunden haben. Ichhalte die Flamme ans trockene Seegras, das sofort zu rauchen beginnt. Die Flammen fressen sich ziemlich schnell durch die Pappe. Binnen Sekunden umgibt Balder ein heißer orangefarbener Flammenhof. Ich hebe meinen Fuß, Gonzo gibt dem Surfbrett einen letzten Stoß – und den Rest erledigt das Meer. Die ziemlich heftigen Wellen werfen unseren provisorischen Scheiterhaufen hin und her und überspülen ihn schließlich, bis das Letzte, was vor dem pfirsichfarbenen Horizont noch zu sehen ist, diese behämmerten Rindshörner sind.
    Und dann sind auch die verschwunden.
     
    Eine Stunde später verlässt der Lkw der Vereinigten Schneekugel-Großhändler mit dem Kennzeichen VSG 3111 den Hotelparkplatz. Nach einer Minute folgen wir ihm.

KAPITEL ACHTUNDVIERZIG
    In dem der Kojote und der Roadrunner wieder mal ihr Spielchen spielen
     
    »Siehst du ihn noch?«
    »Ja. Er ist vier Wagen vor uns«, antwortet Gonzo. »Alter, sollten wir uns nicht um Dr.   X kümmern und um deine Heilung?«
    »Geht nicht«, sage ich. »Was soll das heißen?«
    »Ich kümmere mich um Dulcie.«
    »Cameron, das ist Wahnsinn!«
    »Behalt einfach nur diesen Lkw im Auge.«
    Eine Stunde lang fahren wir und schweigen. Kein Gespräch. Keine Musik. Nichts als das weiße Rauschen des Asphalts unter den Rädern. Die Straße scheint in der Nachmittagssonne zu schwanken. Kleine Wellen durchsichtiger Hitzeschlieren tanzen vor mir und bringen alles zum Flimmern. In der Erwartung, Balder auf dem Rücksitz zu sehen, schaue ich immer wieder in den Spiegel. Die Leere bedrückt mich, genauso wie das letzte Bild, das mir von Dulcie im Gedächtnis bleibt. Die Straßenschilder verschwimmen zu großen grün und weiß reflektierenden Farbklecksen, die meinen Augen wehtun. Manchmal sehe ich am Straßenrand Erscheinungen: Mom und Dad, wie sie sich gegenseitig festhalten. Balder, wie er durchs Gras auf eine schimmernde Halle zuläuft. Glory, wie sie den Beutel am Infusionsständeraustauscht. Die alte Lady mit ihrer Gartenschere. Sie winkt mir zu. Der Kojote. Der Roadrunner. Die
Copenhagen Interpretation
, wie sie mit dem Calabi Yau Ball spielen. Aber ich sehe Dulcie nicht, egal wie intensiv ich sie mir herbeiwünsche.
    Der Caddy schert über die Mittellinie aus und gerät beinahe unter einen großen Lastwagen, aber das Hupen des Fahrers bringt mich mit einem Ruck wieder in die richtige Spur.
    »Heilige Scheiße«, sagt Gonzo und legt die Hände aufs Armaturenbrett.
    »’tschuldigung«, sage ich. Ich ziehe den Wagen rüber auf den Seitenstreifen und lege meinen Kopf aufs Lenkrad. Mir ist ganz klamm und meine Muskeln tun weh.
    »Bist du okay?«, fragt Gonzo.
    »Ja«, lüge ich.
    VSG 3111 setzt den Blinker, fährt rechts raus und hält an einem
Freedom Waffles -Diner
. An einem Schotterweg rechts vom Lokal befindet sich ein Schrottplatz. Ich parke neben dem Maschendrahtzaun und den haushohen Altreifentürmen und schalte den Motor ab.
    »Kannst du Wache halten?«, frage ich, und dann erinnere ich mich daran, wie Gonzo uns hat stranden lassen, damals, als er nicht auf den Bus aufpasste. Das scheint Jahre zurückzuliegen. »Vergiss es. Ich werd selbst ein Auge drauf werfen.«
    »Nein, Mann. Ist schon okay. Schlaf ein bisschen. Ich bin dran.« Und ich weiß, dass ich ihm vertrauen kann.
    »Danke. Für alles, weißt du. Du bist der Beste«, sage ich.
    Gonzo grinst. »Ja, nun. Das kriegst du halt, wenn du einen Zwerg des Schicksal anheuerst,
cabrón

    Ich klettere auf den Rücksitz, schließe die Augen und schlafe ein.
     
    Ich bin ein Roadrunner. Ich schaue an mir herunter und sehe diese großen Vogelfüße. Ab da weiß ich, dass ich träume. Ich stehe mitten in einer Trickfilmwüstenlandschaft. Um mich herum alles zweidimensional. Über meinem Kopf keinerlei Amboss. Und keine falschen Löcher in der Kulisse. Keine mit einem Zünder verbundene Bombe. Nichts dergleichen. Ich bin hier draußen ganz alleine. Nur ich. Und dann sehe ich den Kojoten. Er sitzt in einem Sessel, schaut fern, und seine Pfote liegt in einer großen Schüssel Popcorn, als ob ihm alles schnurzegal ist.

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