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Ohne Ende Leben - Roman

Ohne Ende Leben - Roman

Titel: Ohne Ende Leben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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kennt die ganze Stadt die Neuigkeit von meinem möglicherweise bevorstehenden Ableben und das Haus gleicht einem Früchtekorbladen. Als ob ich nun, da ich unter die Lupe genommen worden bin, plötzlich etwas bedeute. Und aus irgendeinem Grund verlangt das nach hübschen Geschenkkörben. Die Calhoun Highschool überschlägt sich für mich. Man munkelt, dass die Schulverwaltung eine Klage befürchtet, und deshalb haben Leute inscience-fiction-mäßigen Anzügen auf der Suche nach dem BS E-Herd die Cafeteria auseinandergenommen. Wie ich höre, stehen auf der neuen Speisekarte eine Menge Tofugerichte. Aber um mich für all die verdammten Unannehmlichkeiten, die eine unheilbare Krankheit mit sich bringt, zu entschädigen, hat die Schule zu meinen Ehren eine Pep Rallye organisiert. Ich bin verkabelt, und Kameras sind auf mich gerichtet, sodass mein Gesicht auf die Anzeigentafel in die Turnhalle übertragen wird und ich die Rallye live auf meinem T V-Bildschirm verfolgen kann.
    »Hi. Test. Test. Läuft die Kamera?« Staci Johnsons schamloses Figürchen steht in vorderster Front unseres 4 2-Zoll -Bildschirms. Der Herr hats genommen, der Herr hats gegeben. Als sie bemerkt, dass sie auf Sendung ist, gibt sie ihren Möchtegernstars das Startzeichen, und die fächern sich hinter ihr in Cheerleadermanier auf, kichernd und lächelnd. Staci jedoch lächelt am breitesten. »Hi, Cameron!«
    »Hi, Cameron!«, sagen die Girls, schmeißen die Beine in die Höhe, bis eine von ihnen Stacis Pferdeschwanz mit dem Fuß streift.
    »Gottverdammt, Tanya!«, knurrt Staci und klatscht auf das Bein des trampeligen Mädchens. Dann wendet sie sich wieder mir zu und alles an ihr lächelt. »Ohmeingott, Cameron, jeder von uns hier vermisst dich so sehr und wir haben eine ganze Benefizveranstaltung für dich organisiert.«
    »Ich bastle gerade ein Kuh aus Krepppapier. Für das Poster«, sagt eine lächelnde Wichtigtuerin. Sie trägt ein CAM’S MY MAN- T-Shirt .
    »Eine Kuh?«, würge ich hervor.
    »Ohmeingott, Debbie!«, zischt Staci zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Hallo, sollte das nicht eine Überraschung werden?«
    Debbies Lächeln stürzt ab. »Oh, sorry.«
    Staci beugt sich nach vorn. Ihr Gesicht wirkt riesig. »Du bist so tapfer, Cameron. Und das bleibst du auch, okay? Wir sehen dich auf der Pep Rallye.« Staci geht ab und wirft mir über ihre Schulter einen dieser Blicke zu, für die sie berühmt ist – einen, der die Jungs glauben lässt, sie hätten eine Chance.
    Als Nächstes tritt Jenna vor die Kamera. Eigentlich war sie in letzter Zeit sehr nett zu mir, was fast so bizarr ist, wie an Creutzfeldt-Jakob erkrankt zu sein. »Hey, Cameron. Ich hoffe, du kannst die Liebe spüren, die dich umgibt. Alle feuern dich an, wirklich alle.« Sie blickt hinüber zu Chet, der sich im Hintergrund mit dem Direktor herumtreibt. »Alle in Chets Jugendgruppe beten für dich. Jeden Morgen lesen sie zusammen Texte aus der Bibel.«
    »Toll. Bewegen sie beim Lesen ihre Lippen? Oder müssen sie die Finger zu Hilfe nehmen?«
    Sie rollt mit den Augen. »Sei nett«, flüstert sie ins Mikrofon.
    Jenna stellt mich via Kamera dem Direktor vor, der sich nicht daran erinnert, mich suspendiert zu haben. Spielverderber. Ich hab gehofft, hier weiter den Schuldigen spielen zu können. Endlich beginnt die Show. Die Turnhallentüren öffnen sich, alle drängen nach drinnen, lachen, reden und futtern ungesunde Snacks – die offizielle Schulspeise. Komisch, gewöhnlich hasste ich die Leute an meiner Schule für jede mir angetane kleine und große Schikane; nun hasse ich sie nur dafür, dass sie länger leben werden als ich. Überraschend viele beteiligen sich an der Veranstaltung. Offensichtlich ist es spannender, einen rinderwahnsinnigen Knaben zu sehen als ein Volleyballspiel der Mädchen oder ein Lacrossespiel der Jungs.
    Chet Kings teigiges Gesicht erscheint am linken Bildrand. Er schaut gequält. »Hey, Cameron, ich bin’s, Chet. Tut mir echt leid, Bruder, das mit dem Schlag in Rectors Unterricht. Ich wusste nicht, dass du krank bist.«
    Nein. Natürlich nicht. Christen schlagen nur gesunde Menschen.
    Ich sollte ihm die Absolution erteilen, aber ich kann’s nicht ändern: Ich hasse es, dass Chet King überlebt und ich nicht. Ich huste effektvoll lang und heftig und beobachte, wie er zusammenzuckt, weil er sich vor Gottes Zorn fürchtet.
    Direktor Hendricks tritt vors Mikrofon. »Bitte setzt euch, Leute.« Er wartet, bis der Lärm zu einem dumpfen Rauschen

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