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Ohne Ende Leben - Roman

Ohne Ende Leben - Roman

Titel: Ohne Ende Leben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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verklungen ist, und redet dann weiter. »Wie ihr wisst, sind wir heute hier, um einen sehr tapferen Schüler zu ehren und ihm unsere Unterstützung zu bekunden. Cameron Smith.«
    Ein Höllenapplaus erfüllt die Halle. Es ist sinnlos. Ich werde sterben.
    Direktor Hendricks ruft über das Getöse hinweg: »Cameron, wir wissen, du wirst dieses Untier besiegen. Und jeder Einzelne von uns steht an deiner Seite. Halt dich einfach an das Positive!«
    »Amen«, sagt Chet King, und ich würde gern wissen, ob er sich angepisst fühlt, weil ich ihn auf der Gott-wird-dich-prüfen-weil-er-dich-liebt-Skala übertroffen habe. Chet hat kein Pep-Rallye-Gebrüll erhalten, als sein Rückenwirbel brach.
    »Einen Extraapplaus für Cameron!«, sagt Direktor Hendricks und klatscht in die Hände.
    Acht Cheerleaderinnen verwandeln den Hallenboden in einen Ort athletischer Purzelbäume und geballter Fäuste.Sie klatschen und kreischen und heizen der Menge ein, damit die den Arsch hochkriegt. Widerwillig stehen die Kids auf. Jetzt, wo sie sehen, dass ich keine drei Köpfe habe und mein Körper nicht von riesigen Furunkeln übersät ist, sehnen sie wahrscheinlich das Ende herbei, damit sie abhauen können, nach Hause oder einen Joint rauchen oder sich in Chatrooms zurückziehen oder spielen oder was weiß ich. Die Jubeltanten animieren die Menge zu einem anschwellenden Namensgesang. »Cam-a-run, Cam-a-run, Cam-a-run!« Die Töne tanzen um die Dachsparren, prallen ab und schwirren mit heftigem Dröhnen, von dem mir die Ohren wehtun, über die Tribüne davon. Irgendwelche Blödmänner muhen, und der Konrektor nimmt das Mikrofon in die Hand, um ihnen »Disziplinarmaßnahmen« anzudrohen und ihnen mitzuteilen, dass ihr Verhalten »nicht nett« sei.
    Der 20.   Februar wird an der Calhoun Highschool offiziell zum Cameron-Smith-Tag erklärt. Lehrer sprechen nettes Blabla über mich ins Mikrofon. Sie können keine netten konkreten Dinge sagen, weil sie mich dazu kennen und sich für mich interessieren müssten. Mom und Dad sitzen auf der Tribüne, ganz nahe am Basketballkorb. Beide sehen grau und mitgenommen aus, klatschen, wenn es sein muss, lächeln jedoch nie. Dann und wann zieht Mom ihren Kopf ein, und ich sehe, wie ihre Hand übers Gesicht wischt. Der Pfleger tätschelt meine Schulter, und ich möchte ihm sagen, er soll aufhören. Das ist mir zu viel Anteilnahme. Ich mache ein paar abgehackte Atemzüge und halte die Tränen zurück. Der letzte Augenblick meines Highschoollebens soll nicht darin bestehen, mein Bild heulend auf einer dämlichen Anzeigentafel wiederzufinden.
    Stattdessen denke ich
Leck mich am Arsch
,
scheiß Leben
.
    Der Schwall der Töne aus der Schule saust durch meinen Kopf wie in einem Fliehkraftsimulator. Ich will nur noch, dass es vorbei ist. Und dann, oben auf der Tribüne, sehe ich sie – ein Mädchen mit kurzem pinkfarbenem Haar, zerrissenen Netzstrümpfen, schwarzen Schnürstiefeln und einem matten Brustpanzer – wie eine Heroine aus einer Wagneroper. Auf ihrem Rücken wachsen zwei weiße Knospen aus beiden Schulterblättern und erblühen wie riesige Gänseblümchen, die sich nach der Sonne strecken. Sie dehnen sich aus, als seien sie für die Ewigkeit geschaffen. Flügel. Das Mädchen blickt mich direkt an und lächelt. Das Lächeln ist das Markanteste in ihrem Gesicht, so als ob es nicht ganz dahingehört. Und – ich könnte schwören! – die Gestalt leuchtet. Jede Sekunde wird sie heller. Das Licht überflutet alle anderen Bilder und Töne in der Halle. Die Flügel erreichen die größte Spannweite – und jetzt kann ich die Botschaft lesen, die auf ihnen geschrieben steht:
Hallo, Cameron!
    Und mir nichts, dir nichts wird in meinem Kopf alles dunkel.

KAPITEL DREIZEHN
    In dem ich mich ins Krankenhaus begebe, mich mit einem Engel treffe und anderen seltsamen, ärgerlichen Dingen begegne
     
    »Cameron?«
    Die Stimme klingt so, als ob sie aus einem Tunnel zu mir vordringt.
Au Scheiße! Blende mich nicht so mit deinem Licht!
    »Cameron, hörst du mich?«
    Ja, ich höre dich. Kannst du mich hören? Weil ich es nämlich wirklich verdammt ernst gemeint habe wegen dem Folterinstrument, das du als Stiftlampe tarnst. Aus irgendeinem Grund scheinst du es amüsant zu finden, mir direkt in die Pupillen zu leuchten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Leute wegen dieser Scheiße als Kriegsverbrecher bestraft werden.
    Die Flötenstimme von Frau Dr.   Arschloch fließt mir wieder ins Ohr. »Wenn du mich hörst, Cameron, gib

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