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Ohne Ende Leben - Roman

Ohne Ende Leben - Roman

Titel: Ohne Ende Leben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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zu sagen, ob aus Ehrfurcht oder aus Schrecken.
    »Sing«, sagt er ruhig. »Ich bin bereit. Mach schon. Gib mir den Ton.«
    Das Loch ist so groß, dass der Himmel fast vollständig schwarz ist. Sterne zischen an uns vorüber und verschwinden ganz und gar im gigantischen Rachen dieses gefräßigen kosmischen Mauls. Und obwohl ich ja weiß, dass dasGanze nur eine Illusion ist, habe ich Angst davor, als Nächster dran zu sein.
    Junior aber lacht die Finsternis nur an.
    »Hörst du’s?«, fragt er. » B-Dur ! Ich glaub, es ist B-Dur ! Du hast mich ausgetrickst, Baby, aber ich glaub, ich krieg dich noch, später!«
    Er setzt seine Trompete noch einmal an und bläst kräftig hinein. Auch wenn ich nichts höre, weiß ich, dass er irgendwelche Töne von sich gibt. Sofort verschwindet der Druck, den ich gespürt habe. Die Himmelsschwärze verblasst zu einem morgendlichen Blau. Der Himmel ist nichts weiter als ein Deckengewölbe.
    Es klopft an der Tür. Der Bodyguard öffnet sie einen Spalt weit.
    »Sie warten auf Sie, Mr Webster.«
    »Danke, bin sofort da.«
    »Sie erzählten, dass Sie Dr.   X schon mal getroffen haben«, sage ich. »Wissen Sie, wo er sich jetzt aufhält? Wo kann ich ihn finden?«
    Junior Webster spitzt die Lippen. »Vielleicht könnte ich dir helfen. Aber zuerst hab ich einen Auftritt. Spielst du irgendein Instrument, Cameron?«
    Ich schüttle den Kopf.
    »Musik öffnet deine Seele und macht dich bereit.«
    »Bereit wofür?«
    Er lächelt. »Haargenau.«
     
    Ich folge Junior Webster in den überfüllten Club. Die Leute strecken die Arme aus, um Junior zu berühren. Darauf haben sie gewartet: auf eine Chance, den berühmten Junior Webster und seine magische Trompete zu hören.
    Gonzo drängt sich durch die Menge und schließt sichmir an. »Ich hab auf dich gewartet, Alter, bestimmt zwanzig Minuten, direkt neben einer Schüssel mit toxischem Studentenfutter, und hab versucht, nichts einzuatmen. Wie war’s mit Junior Webster?«
    »Er wird uns sagen, wo wir Dr.   X finden können. Aber erst muss er ne Runde spielen.«
    Junior führt uns zu einer Bühne neben einer riesigen Tür, die sich zu einem Balkon hin öffnet. Unter dem Balkon drängt sich ein Pulk von Karnevalsjecken in verrückten Kostümen. Sie tanzen und torkeln auf der Straße und warten auf Juniors Auftritt.
    Miss Demeanor ergreift das Mikro. »Ladys und Gentlemen, der
Golden Trumpet Club
ist stolz darauf, Ihnen den einmaligen Junior Webster präsentieren zu können.«
    Die Menge jauchzt und brüllt und singt seinen Namen. Junior setzt die Trompete an die Lippen, aber bevor er einen Ton blasen kann, schwankt er und legt die Hand auf die Brust. Die Leute halten den Atem an. Junior stolpert und packt meine Hand. »Kannst’n spüren, Junge?«
    »Was spüren?«
    Junior reißt die Augen weit auf. »Er ist hier.«
    Mein Blick schweift über die Wolken aus Zigarettenqualm. Alles, was ich sehen kann, ist eine Menschenmenge, die auf Juniors Auftritt wartet.
    Allerdings reizt ein stechender Rauch meine Kehle. Durch die Menge bahnt sich eine große Gestalt ihren Weg, in schwarzem, nietenbesetztem Raumanzug und mit funkelndem Helm. Das Visier verdeckt ihr Gesicht vollständig. Mir wird ganz anders. Als ich auf mein mich schützendes E-Ticket -Armband schaue, beginnt das erste der fünf symbolisierten Königreiche –
Adventureland
– Farbe zu verlieren.
    »Der Große Abrechner«, keucht Junior. Er zupft an meinem Ärmel. »Bleib hinter mir, mein Sohn.«
    »Bist du deshalb gekommen?« Junior winkt mit der Trompete.
    Der Große Abrechner bewegt seinen Kopf langsam von rechts nach links.
    »Weshalb bist du dann hier?«
    Der Kerl zieht ein Stück Papier aus seiner Rüstung hervor. Es könnte eine dieser Suchanzeigen sein, die an den bröckelnden Mauern der Stadt kleben. Ich kann nur einen flüchtigen Blick drauf werfen, aber ich könnte schwören, dass der Typ da drauf so aussieht wie der, den ich im Internet gesehen habe. Junior schüttelt heftig den Kopf.
    »Das kann ich nicht zulassen.«
    Jetzt erst scheint mich der Abrechner bemerkt zu haben. Er deutet mit seinem behandschuhten Finger in meine Richtung.
    »Nein, Sir«, knurrt Junior, als ob der Abrechner gesprochen hätte. »Er ist nicht bereit für dich, noch nicht.«
    Ein leises Raunen geht durch den Club. Unten auf der Straße rufen die Jecken nach Junior. Sie wollten die Show sehen und sind jetzt wegen der Verzögerung sauer. Plötzlich flackern die Kerzen auf den Tischen. Der Große Abrechner ballt

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