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Ohne Ende Leben - Roman

Ohne Ende Leben - Roman

Titel: Ohne Ende Leben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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einer irren Passage strauchelt der Abrechner. Im Raum wird es still, und ich glaube schon, wir haben gewonnen. Aber der Abrechner kommt mit voller Kraft zurück, und dieses Mal sieht Junior aus, als ob er in die Knie gehen könnte. Er taumelt voll in mich rein.
    »Du weißt noch, was du zu tun hast«, sagt er. Sein Gang ist schwerfällig und schwankend, aber er schafft es, auf seinen Platz zurückzukehren. Die Musik wechselt jetzt in eine andere Dimension. Sie klingt roh und ein bisschen gruselig. Der Abrechner bläst seine Töne genauso heftig wie Junior. Die beiden liefern sich mit ihren Riffs einen Schlagabtausch wie Boxer im Ring. Und dann passiert etwas Schreckliches.
    Der Abrechner holt tief Luft und bläst – aber sein Instrument gibt keinen Ton von sich. Jedenfalls kann ich nichts hören. Junior jedoch greift sich an die Brust, fällt auf die Knie, umklammert aber noch seine Trompete. Gonzo traktiert weiter das Schlagzeug und macht eine Menge Krach. Ich kann nicht weiterspielen. Meine Finger haben den Sound verloren.
    »Gonzo!«, brülle ich und er lässt die Becken verstummen.
    Der Abrechner streckt die Hand aus, wackelt ungeduldig mit den Fingern, er wartet auf Juniors goldenes Instrument. Der aber wirft die Trompete blitzschnell in meine Richtung und ich fange sie mit einer Hand.
    Tief aus Juniors Brust ertönt ein schwaches Gelächter und mischt sich mit einem rasselnden Husten. Der Große Abrechner schreitet quer über die Bühne und baut sich vor Junior auf. Langsam hebt er das Visier. Ich kann nicht erkennen, wer sich dahinter verbirgt, Junior aber schon. Zuerst blickt er ihn überrascht an, dann amüsiert.
    »Verdamm mich«, sagt Junior und stößt ein schwaches Lachen aus. »Alle neune!«
    Dann bricht der alte Jazzer mir nichts, dir nichts tot zusammen.
    Die Menge steht fassungslos da und schweigt. Nicht lange jedoch, denn der Abrechner hat nicht vor, irgendjemanden einfach abhauen zu lassen. Er legt den Kopf in den Nacken, hebt die Arme und lässt einen durchdringenden Heuler los. Der Ton geht mir durch Mark und Bein, als ob mich eine hundertfache Schwerkraft zu Boden zieht. Der Abrechner lässt seine Arme fallen, die Wände gehen in Flammen auf und das Glas implodiert. Die Menschen schreien und stolpern auf der Flucht in Panik übereinander.
    Der Große Abrechner deutet mit dem Finger wieder auf mich. Als würde ich brennen, bäumt sich mein Körper unter Qualen auf. Sie zwingen mich in die Knie, und ich schließe meine Augen, um den schneidenden Schmerz abzuwehren.
    »Nur die Ruhe, Baby. Alles in Ordnung.« Das ist Glorys beruhigende Stimme. Ich öffne die Augen und sie spritzt mir was in meinen Infusionsschlauch.
    Glory? Ich höre meine Stimme im Kopf, aber weiß nicht, ob ich laut gerufen habe.
    »Versuch zu schlafen.«
    »Cameron!« Gonzo kauert hinter dem Schlagzeug und kreuzt die Sticks wie in einem Vampirfilm.
    »Gonzo! Wir müssen   … müssen hier raus!«, röchle ich.
    Gonzo ist vor Angst erstarrt. Menschen schieben und drängen sich, um dem Feuer zu entrinnen. Der Abrechner sieht uns und kommt auf uns zu.
    »Gonzo, wir müssen jetzt abhauen!«, brülle ich.
    Miss Demeanor stürmt auf die Bühne und zieht Gonzo mit Gewalt vom Schlagzeug weg. »Hier lang!«
    Sie rennen über die Hinterbühne in Juniors Garderobe. »Aber hier ist doch keine Tür!«, schreie ich.
    »Doch, da ist eine.« Sie schaltet den Projektor des Planetariums ein. Der Himmel füllt sich mit winzigen Monden und Planeten, die auf das große Unbekannte des schwarzen Loches zurasen. »Mir nach!«
    Sie geht, glitzernd hell wie ein Stern, geradewegs darauf zu und verschwindet. Nicht eine einzige Paillette bleibt von ihr zurück.
    »Heilige
mierda
! Wo ist sie denn hin?«, jammert Gonzo.
    »Ich weiß nicht!«
    »Hier entlang«, ruft sie, und nun sehe ich Miss D auf einer wackligen Leiter stehen, die zur Decke hochgeht.
    Das Feuer hat uns erreicht. Flammen züngeln am Tor und bringen es zum Einsturz. Ich stopfe Junior Websters Sonnenbrille und seine Jazztrompete in meinen Rucksack und renne auf das Loch zu.
    Es fühlt sich an, als ob ich hineingezogen werde, aber es ist Miss D, die zieht. Sie packt meine Hand und schleppt mich zu einer im Schatten verborgenen Tür. Ein kräftigerSchubs mit der Hüfte und schon öffnet sie sich. Wir landen im schummrigen Licht einer Gasse.
    Der Platz wimmelt von Polizisten und Feuerwehrleuten. Aus zahlreichen Schläuchen schießt Wasser. Miss D schiebt uns, weg vom Feuer, die Straße hinunter,

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