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Ohne Ende Leben - Roman

Ohne Ende Leben - Roman

Titel: Ohne Ende Leben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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mehr bist als eine Halluzination.«
    »Ich gebe dir mein Wort, dass ich so wirklich bin wie du. Du hast nach meinem Namen gefragt.« Seine Stimme klingt jetzt tiefer und majestätischer. »Ich bin Balder, Sohn des Odin, Bruder des Hö ∂ r und Freund aller.«
    »Balder, war das nicht ein nordischer Gott?«, sage ich und erinnere mich an die Gutenachtgeschichten meiner Mutter.
    »In der Tat.« Er klingt erfreut. »Das bin ich. Oder das war ich. Einstmals, in einer anderen Zeit in einer anderen Welt. Aber Loki, dieser Betrüger, hat mich verflucht«, knurrt er. »Und ich fand mich selbst in dieser falschen Gestalt wieder und werde gezwungen, im Besitz anderer endlos durch die neun Welten des Weltenbaums Yggdrasil zu reisen, bis ich jemanden finde, der mich versteht und meine wahre Natur erkennt. Du bist dieses Wesen und wirst mich jetzt zur
Ringhorn
führen.«
    Ich frage mich langsam, ob ich nicht vielleicht sofort ein paar stärkere Medikamente einnehmen sollte.
    »
Ringhorn
heißt mein Schiff, das auf mich wartet. Wenn ich es bis ans Meer schaffe, zur
Ringhorn
, wird der Fluch aufgehoben und ich werde frei sein. Endlich spüre ich, dass sich der Wind des Schicksals gedreht hat – dank den Göttern.«
    Ein Hund nähert sich und schnüffelt im Gras. Er überprüftBalder kurz, hebt das Bein, macht ihn von Kopf bis Fuß nass und trottet wieder davon.
    »Könntest du bitte den Wasserschlauch aufdrehen?«, fragt er und seufzt dabei schwer.
    Ich finde den Wasserhahn für den Schlauch, stelle ihn auf »mittel« und folge der grünen Gummischlange zurück zu Balder. Ich verpasse dem Gartenzwerg eine schöne Dusche, indem ich den Finger auf die Düse halte. Schließlich stottert er, er habe genug, und ich drehe den Hahn wieder zu.
    »Warte einen Moment«, sage ich zu ihm und renne ins Haus. »Geh nirgendwohin.«
    »Du bist ein richtiger Witzbold«, murrt er.
    In der Küche kämpfen einige Jungs miteinander. Ein paar halb bekleidete Mädchen stehen herum. Carbine schreit: »Aufhören! Aufhören, Kumpels!«, und zerrt die Kampfhähne auseinander. Keiner bemerkt mich, als ich eine Rolle Küchenpapier nehme und wieder nach draußen sprinte.
    »Hier«, sage ich und tupfe Balder trocken. Ich kann nicht glauben, dass ich einen Gartenzwerg abtrockne! Er ist zwar immer noch feucht, aber nicht mehr so nass wie vorher.
    »Ich danke dir«, sagt er. »Du bist äußerst gütig.«
    Niemand hat mich je gütig genannt. Selbstsüchtig. Schräg. Unzuverlässig. Enttäuschend. Aber nicht gütig. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
    »Keine Ursache.«
    Ein paar Kerle drängen sich durch die Fliegengittertür und versammeln sich unterm Fenster. Ich weiß, dass sie uns von dort nicht hören können.
    »Wie kommt es, dass du hier, an diesem Ort, bist? Welche List des Schicksals hat unser Treffen herbeigeführt?«, fragt Balder.
    Ich zucke mit den Schultern. »Jemand hat mich zu einer Party eingeladen. Und jetzt weiß ich nicht, wie ich zurück ins Motel komme.«
    »Hast du Geld?«
    »Nicht viel«, sage ich.
    »Hmmm. Also gut, normalerweise würde ich nicht dafür plädieren zu stehlen«, sinniert er. »Aber der Idiot, der hier wohnt, versteckt sein Drogengeld in einem Glas unter dem Bett.«
    »Ich weiß nicht. Carbine sieht so aus, als ob er mich mühelos killen könnte. Ich glaube nicht, dass ich mich mit ihm anlegen möchte.«
    »Ich werde das tun«, sagt der Zwerg.
    »Ich möchte dich nicht beleidigen, aber wie genau willst du das anstellen?«
    »Ich bin an den gebunden, der mich besitzt, und nehme jede Gestalt an, die er für notwendig hält. Falls du mich in Besitz nimmst, bin ich dir zur Treue verpflichtet. Du kannst mir erlauben, dir alle meine Begabungen zur Nutzung zu übertragen.«
    »Okay«, sage ich. »Und was muss ich tun?«
    »Lege deine Hand auf mein Herz und sprich dabei die Worte, die dir in den Sinn kommen.«
    Ich lege meine Hand an seine Brust. Sie ist kalt, nass und aus Keramik, und ich fühle mich wie ein Idiot erster Klasse. »Ich, Cameron Smith, gewähre diesem Gartenzwerg Schrägstrich möglicherweise deplatziertem Wikingergott Balder den Gebrauch all seiner Talente, wo und wie es ihm angemessen erscheint. Und so.«
    Sofort spüre ich ein Klopfen an meiner Hand, gefolgt von einem zweiten – zweifellos ein Herzschlag, der stärker wird   –, und schon erwärmt sich Balders Brust. Die aufgemalteFarbe wirft Blasen, löst sich ab und verschwindet in den Poren. Anstelle des Anstrichs kommt eine sonnengebräunte Haut zum

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