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Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)

Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)

Titel: Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hyun
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Charakterlosigkeit dem Kapitalismus gegenüber, sie liegen die meiste Zeit ihres Lebens auf dem Sofa und werden dafür mit Bäuchen und Bärten bestraft. Eine echte russische Frau kann aber auch aus einer Lusche einen richtigen Kerl machen.«
    Wladimir hatte wie immer recht. Eine echte koreanische Frau kann aus einer Lusche einen richtigen Mann machen.
    Vor ein paar Jahren hatte ich Gyeong-leol, einen in Portugal geborenen Koreaner, in Seoul kennengelernt. Wir schlossen auf Anhieb Freundschaft und besiegelten diese mit reichlich Soju und Karaoke-Nächten.
    Bei einem dieser berüchtigten Abende schmiedeten wir den Plan, eine Vereinigung zu gründen, die sich für die Belange koreanischstämmiger Männer einsetzt, die vom Aussterben bedroht sind. Gyeong-leol wollte das Kind beim Namen nennen und schlug vor, die Initiative »Korean Men First« zu taufen. Ich war mir nicht sicher.
    Wir überlegten uns, wie wir bei der Zielgruppe Bedürfnisse schaffen könnten, so dass sie in den Glauben versetzt würden, ohne uns nicht mehr leben zu können, wie es McDonald’s mit seinen Hamburgern und Samsung mit seinen Flachbildschirmen gelungen ist. Weiter überlegten wir uns, wie wir einen Boom auslösen könnten – wie einst das Tamagotchi-Ei. Wir mussten der Realität ins Auge schauen, uns auf das Hier und Jetzt konzentrieren und auf unseren Instinkt vertrauen.
    Es war ein Zeichen des Himmels, als ein Karaoke-Bus vor unserem Hotel hielt, ein Ajeoshi ausstieg und uns einlud mitzufahren. Der Bus war nahezu paritätisch besetzt mit gleichaltrigen Koreanerinnen und Koreanern aus aller Herren Länder. Von Gottes Hand geführt, nahm ich das Mikrofon in die Hand und forderte Horst aus Frankfurt auf, sich den weiblichen Fahrgästen vorzustellen. Horst muss sehr verzweifelt gewesen sein und ließ sich nicht zweimal bitten. Hastig entriss er mir das Mikrofon und begann, auf Englisch zu reden.
    »Hallo, ich heiße Horst, komme aus Frankfurt, bin tageslichttauglich und biete die Gardemaße 35/170/75. Ich stehe mit beiden Beinen im Leben, habe ein Mittelklasseauto und eine nette Wohnung. Seit fast zehn Jahren rudere ich allein durchs Leben, nachdem meine Exfreundin ans andere Ufer geschwommen ist. Nun suche ich jemanden, der in meinem frei gewordenen Zweier mitrudert. Eine spätere Erweiterung der Mannschaft ist nicht ausgeschlossen.«
    Im Anschluss an seine Rede forderten die koreanischen Frauen Horst auf, im Mittelgang des Busses elegant und sexy wie ein Model auf dem Catwalk zu posen, so dass sie ihn begutachten konnten. Horst sollte noch Liegestützen machen und mehrfach seinen Po zeigen.
    Was man nicht alles für die Liebe macht! Frauen können grausam sein. Sie sollten vermehrt im Bereich Lebensmittelüberwachung eingesetzt werden, dann wäre es nie zu einem Gammelfleischskandal gekommen.
    Nach Horst wollte Eung-seob, ebenfalls ein Hesse, die Gunst der Stunde nutzen und sich den koreanischen Frauen auf dem goldenen Teller präsentieren.
    »Ich bin Hänsel und suche Gretel. Ich bin Mitte dreißig und habe genau dieselben materialistischen Dinge zu bieten wie mein Vorgänger Horst. Ich lege großen Wert auf ein gepflegtes Erscheinungsbild. Der Gang der Frau ist für mich sehr wichtig. Sie muss einen eleganten Gang haben und nicht wie ein Mann herumstolzieren. Ich bin schüchtern und gebe es offen zu. In Zeiten der Emanzipation bin ich für Gleichberechtigung. Ich bin ein Mann der neuen Schule und würde mich freuen, wenn auch mal die Frau den ersten Schritt wagt. Meine zukünftige Freundin braucht nicht unbedingt ein guter Koch zu sein, aber zumindest muss sie wissen, wie man Kimchi herstellt.« Auch Eung-seob forderten die Frauen auf, sich im Mittelgang zu zeigen.
    Der letzte im Bunde, der sich von dem Gejohle der koreanischen Frauen nicht einschüchtern ließ, war Alex aus Kanada. Alex ging gleich zur Sache. Er sagte: »Ich bevorzuge eine elegante, selbstbewusste und geistreiche Frau mit konservativen Werten. Ich schließe mich meinem Vorgänger Eung-seob an und würde kulinarische Talente bei der Frau als großes Plus bewerten. Die Herstellung von Kimchi ist das Mindeste, was drin sein muss. Gutes Benehmen und Etikette sollte sie haben. Gepflegtes Äußeres. Saubere Fuß- und Fingernägel. Das war’s.«
    Auch Alex blieb der Laufstegwalk nicht erspart. Die koreanischen Frauen kamen voll auf ihre Kosten. Doch trotz aller Bemühungen gingen am Ende unserer Reise alle drei Männer leer aus und traten die Heimreise nach Deutschland

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