Ohne Gewaehr
und vier ungepolsterte Stühle standen mitten im Raum, das
Deckenlicht aus Neonröhren war hart und ließ die Gesichter aller Anwesenden
müde erscheinen. Ich fühlte mich wie unter Anklage stehend, als ich mich
setzte. Vor mir auf dem Tisch stand ein Plastikglas mit Wasser, ein
altmodischer Kassettenrekorder war aufgestellt, um meine Aussage zu
protokollieren. Was ging hier vor?
»Miss Walles, schön, dass Sie so kurzfristig kommen
konnten!« Santoro erhob sich und reichte mir die Hand, doch das Lächeln auf
seinem Mund erreichte seine Augen nicht.
Nachdem auch Taylor uns begrüßt hatte, kamen sie gleich
zur Sache. »Wir wollen einige Dinge klarzustellen, die unsere Ermittlungen inzwischen
zu Tage gefördert haben. Wie Sie wissen, befindet sich Konstantin Kramer
aufgrund Ihrer Hinweise in Gewahrsam. Aber er schweigt weiterhin zu den
Hintergründen seiner Tat.«
Ich nickte ungeduldig. Das alles war mir längst
bekannt.
»Aufgrund der Kameraaufnahmen, die wir von Mr. Stones Sicherheitsabteilung
erhalten haben, konnten wir Kramer den Einbruch in Ihre Wohnung nachweisen. Und
wir haben auch sein Geständnis vom Abend der Festnahme. Der Staatsanwalt
glaubt, dass diese Beweise unter Umständen ausreichend sind, um Anklage zu
erheben und damit ein Gerichtsverfahren in Gang zu setzen.«
»Das ist auch in unserem Interesse«, bestätigte Haynes.
»Besser wäre es allerdings, wenn wir vor dem Beginn
eines möglichen Prozesses auch die übrigen Punkte klären könnten. Miss Walles,
Sie haben in einer früheren Aussage behauptet, Kramer habe Ihnen gegenüber
falsche Angaben bezüglich der Herkunft von zwei Anrufen gemacht, die in
Verbindung mit dem Mord an seinem Onkel standen?«
Wieder nickte ich. »Ja, die beiden Anrufe enthielten
manipulierte Aufnahmen von Daniels Stimme. Konstantin muss das bei seiner
Untersuchung aufgefallen sein, aber er hat mich absichtlich im Unklaren darüber
gelassen.« Wenn ich an den Nachmittag in Daniels Büro zurückdachte, an die
Todesangst, die ich dort ausgestanden hatte, verspürte ich noch immer blinde
Wut auf Konstantin.
»Wir sind mittlerweile davon überzeugt, dass die Morde
an Wallenstein und dem Nachtmanager des Ritzman Park Hotels miteinander in
Verbindung stehen. Die zeitliche Abfolge und die Verbindung der beiden Männer
lässt keinen anderen Schluss zu. Wie Sie vermutlich schon aus der Zeitung
erfahren haben, wurde Peter Wallenstein zunächst mit einem gezielten Schlag
betäubt und dann mit seinem eigenen Gürtel erdrosselt. Für so eine Tat braucht
man Erfahrung, besonders in einem belebten Hotel. Der Mörder musste kaltblütig
und gut geplant vorgehen. Das Verschwinden der Kameraaufnahmen deutet darauf
hin, dass sich der Mann im Hotel frei bewegen konnte. Entweder war er selbst
ein Mitarbeiter, vielleicht auch ein ehemaliger Angestellter, oder er hatte
gute Freunde im Ritzman.«
»Vielleicht hat er Pathee dafür bezahlt und ihn
anschließend umgebracht um seine Spuren zu verwischen?«, riet ich, als Santoro
mich fragend anblickte.
»Nein!« Der Kommissar lehnte sich in seinem unbequemen
Stuhl zurück, der bei dieser Belastung laut knarrte.
»Nein?«, fragte ich verwundert über die Bestimmtheit,
mit der Santoro meine Theorie ablehnte.
»Pathee wurde mit derselben Waffe umgebracht, mit der
man auf Sie geschossen hat.«
Ich schwieg bestürzt. Eine Weile sagte niemand etwas,
die drei Männer starrten mich alle schweigend an und warteten wohl darauf, dass
ich Fragen stellte. Benommen nahm ich den Plastikbecher und trank einen Schluck
Wasser daraus.
»Also hat Konstantin Pathee ermordet?«, fragte ich
schließlich.
»Er streitet das ab«, informierte mich Santoro.
»Und er hat für solch eine Tat auch gar kein Motiv«,
setzte Taylor hinzu, der bis dahin geschwiegen hatte.
Doch Santoro ließ sich jetzt nicht von seinem
Assistenten in die Parade fahren. »Nach allem, was wir wissen, kannten sich
Kramer und der Nachtmanager gar nicht. Warum also sollte sich Ihr Freund die
Mühe machen, einen Ihrer Kollegen zu erschießen?«
Aus seinem Mund klang es wie ein Vorwurf an mich, weil
ich sowohl Konstantin als auch Pathee kannte. Beunruhigt warf ich meinem Anwalt
einen kurzen Blick zu, der schüttelte mit dem Kopf. Ich verstand, was er damit
sagen wollte: keine unüberlegten Bemerkungen jetzt, Santoro testete mal wieder
meine Geduld.
»Könnten Sie mich bitte über Ihre Vermutungen
aufklären, Herr Kommissar?«, bat ich mit gepresster Stimme. Derartige
Nettigkeiten
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