Ohne jede Spur
zuckte mit den Achseln. «Ein bisschen wie Patrick Demsey. Dichte lockige Haare, sehr dunkle Augen –»
«Herrje, ich will eine Beschreibung, kein Blind Date.»
Sie errötete. Wahrhaftig, sie brauchte einen Kerl. «Eins achtzig, knapp unter achtzig Kilo, Anfang dreißig, dunkles Haar, dunkle Augen, rasiert, keine besonderen Kennzeichen.»
«Körperlicher Zustand?»
«Fit.»
«Könnte passen. Wer beim Militär das Ausdauertraining überstehen will, muss fit und darf nicht zu groß sein. Deshalb solltest du dich immer vor kleinen Burschen in Acht nehmen», witzelte Bobby. Er, der ehemalige Scharfschütze, entsprach dem Modell des fitten, mittelgroßen, gefährlichen Mannes perfekt.
«Aber dann müsste es doch eine Akte über ihn geben», entgegnete D. D.
Bobby stöhnte müde. «Na schön, was hast du denn bisher über ihn ausgekramt?»
«Heiratsurkunde, Führerschein, Versicherungsnummer und Bankkonten. Das Übliche.»
«Geburtsurkunde?»
«Danach suchen wir noch.»
«Gab’s Strafmandate oder Vorladungen wegen irgendwelcher Verkehrsdelikte?»
«Nada.»
«Kreditkarten?»
«Eine.»
«Wann ausgestellt?»
«Hmmm …» D. D. musste nachdenken und versuchte, sich zu erinnern, was im Bericht gestanden hatte. «Vor ungefähr fünf Jahren.»
«Lass mich raten. Seine Bankkonten hat er ungefähr zur gleichen Zeit eröffnet», sagte Bobby.
«Jetzt, wo du davon sprichst, fällt mir ein, dass die stärksten Kontenbewegungen vorgenommen wurden, als Jason Jones und seine Frau nach Boston umgezogen sind.»
«Und wo kam das Geld her?»
«Auch das müssen wir erst ermitteln.»
Nach längerer Pause sagte Bobby: «Kleines Zwischenresümee. Du hast einen Namen, einen Führerschein, eine Sozialversicherungsnummer und Kontenbewegungen, die nicht länger als fünf Jahre zurückliegen.»
D. D. presste die Lippen aufeinander. Wieso hatte sie daran nicht selbst schon gedacht? «Du triffst den Nagel auf den Kopf.»
«Da fehlt doch was.»
«Scheiße», rief D. D. und schlug mit der Hand aufsLenkrad. «Ich hab’s geahnt. Der Name Jones ist ein Pseudonym. Je mehr wir über diese Familie in Erfahrung bringen, desto schwammiger wird das ganze Bild. Sie ist so durchschnittlich, wie eine wirkliche Familie eigentlich gar nicht sein kann. Sie lebt zurückgezogen, versteckt sich aber nicht, hat zwar keinen Freundeskreis, ist aber durchaus umgänglich. Alles total normal. Verdammt, womöglich stehen die unter Zeugenschutz.»
«Kann nicht sein», beruhigte Bobby.
«Warum nicht?» Das Zeugenschutzprogramm würde ihr in diesem Fall ganz und gar nicht in den Kram passen.
«Wenn dem so wäre, hättest du längst die Bundesanwaltschaft im Nacken. Die Frau wird seit achtundvierzig Stunden vermisst, und die Öffentlichkeit ist informiert.»
D. D. fühlte sich schon wieder ein bisschen besser. «Hast du eine andere Erklärung?»
«Entweder sie ist durchgebrannt, oder er hat sie beiseitegeschafft. Jedenfalls tritt einer der beiden unter einem Decknamen auf. Finde heraus, wer.»
In Sachen angenommener Identitäten kannte sich niemand besser aus als Bobby. Immerhin war er mit einer Frau verheiratet, die mindestens zwölf verschiedene Namen hatte, wahrscheinlich mehr. Plötzlich ging ihr ein Licht auf. «
Mr Smith.
Na klar. Mr Smith!»
«Wer ist der Glückliche?»
«Ein Kater. Der Kater der Jones. Wieso bin ich nicht eher darauf gekommen? Die Familie trägt den Namen Mr und Mrs Jones. Ihre Katze heißt Mr Smith. Verdammt, du hast recht, die machen sich über uns lustig.»
«Eins zu null für Daddy Cool.»
«Wie kann man nur so auf den Kopf gefallen sein?», stöhnte D. D. «Ich habe einen Hauptverdächtigen, der allem Anschein nach ein gutmütiger Reporter ist, tatsächlich aber ein Doppelleben führt. Na, nach wem klingt das?»
«Verrat mir’s.»
«Nach Superman.»
23. Kapitel
Mit vierzehn Jahren fühlte sich Jason eigentlich schon zu alt für einen Besuch im Zoo, doch weil seine kleine Schwester Janie ganz wild war auf alles, was ein Fell hatte, beteiligte er sich ihr zuliebe an dem Familienausflug.
Er hätte für Janie fast alles getan, und das wusste seine Mutter treffsicher auszunutzen.
Sie spazierten durch den weiten Park, beobachteten schlafende Löwen, schlafende Eisbären und schlafende Elefanten. Fast wäre Jason selbst darüber eingeschlafen. Wortlos passierten sie eine Insektenausstellung und tauchten ein in die Welt der Reptilien. Mit ihren zehn Jahren hatte Janie für
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