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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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störte. Dass er es zusätzlich mit ihr auch noch mit einer dreiundzwanzigjährigen Jungkollegin trieb, sei, so die Sekretärin, selbst dann nicht vorzustellen, wenn er Viagra ohne Ende schluckte. Nein, er verkehrte mit Sandra Jones wohl ausschließlich dienstlich.
    Miller hatte sich außerdem einen vorläufigen Überblick über die Finanzen der Jones verschafft. Sie hatten ein Sparguthaben von 150   000 und ganze zwei Millionen bei einer Investmentbank in Fonds angelegt. Die monatlichen Einkünfte waren bescheiden, so auch die Ausgaben. Für das Haus hatten sie offenbar bar bezahlt, und es schien, dass sie von ihren Gehältern leben konnten.
    Miller vermutete, dass das Vermögen aus einer Erbschaft oder Versicherung stammte. Er hatte bereits Kollegen damit beauftragt, das zu prüfen.
    Inzwischen war überdies bekannt, dass die Jones 2004 in Massachusetts standesamtlich geheiratet hatten. Ihre Tochter Clarissa war zwei Monate später zur Welt gekommen. Strafmandate oder richterliche Anordnungen gegen sie lagen nicht vor. Es gab auch keine Hinweise auf häusliche Gewalt oder öffentliche Ruhestörung.
    Laut Auskunft der Nachbarn führten die Jones ein ruhiges, zurückgezogenes Leben. Sie gingen nur seltenaus und empfingen ebenso selten Besuch. Wenn man sie auf der Straße sah, grüßten sie höflich, doch zu einer Unterhaltung mit ihnen kam es so gut wie nie. Ganz anders Ree. Alle stimmten darin überein, dass Clarissa Jones ein ausgesprochen aufgeschlossenes und gesprächiges Mädchen war. Anscheinend machte sie mit ihrem Dreirad die Gegend unsicher. Wer sie auf dem Gehweg kommen sah, war gut beraten, schnell genug zur Seite zu springen.
    «Bekommt sie viel Schimpfe von ihren Eltern?», fragte D.   D.
    «Sie wird verhätschelt. Ich zitiere hier wörtlich aus drei Zeugenaussagen von drei verschiedenen Nachbarn: ‹Die Eltern verhätscheln ihre Tochter.›»
    «Aha. Es heißt aber auch, dass sie ruhig und zurückgezogen leben. Kannte sie überhaupt jemand näher?»
    «Scheint nicht so.»
    «Wurde eine Lebensversicherung abgeschlossen?»
    «Das überprüfen wir noch.»
    «Zwei Millionen Dollar auf der hohen Kante», sinnierte D.   D. «Dazu ein sattes Sparguthaben und ein Haus plus Grundstück in bester Wohnlage. Alles in allem geschätzte dreieinhalb Millionen. Es wurde schon für sehr viel weniger getötet.»
    «Eine Scheidung würde den Ehemann gut und gern zwei Millionen kosten. Damit ließe sich locker ein neues Eheglück versuchen.»
    «Apropos, wann war es nochmal, dass die beiden geheiratet haben?»
    «2004.»
    «Sandra war damals also achtzehn Jahre alt. Und schon schwanger?»
    «Ja, im siebten Monat.»
    «Und wie alt war Jason Jones? Dreißig, einunddreißig?»
    «So ungefähr. Wir suchen noch nach Belegen.»
    «Stellen wir uns mal kurz vor, ein schönes, schwangeres Mädchen und ein über zehn Jahre älterer – reicher? – Mann   …»
    «Wer von den beiden das Geld mitbrachte, steht noch nicht fest. Es könnte auch sie gewesen sein.»
    «Irgendwie glaube ich, dass er es hatte.»
    «Irgendwie könnten Sie recht haben.»
    «Jason nimmt also einen schwangeren Teenager zur Frau. Die beiden werden Eltern eines ‹bezaubernden› Mädchens, und vier, fünf Jahre später   …»
    «…   führen sie ein ruhiges Leben in South Boston, bewohnen ein Haus, das wie Fort Knox abgesichert ist, bleiben in der Nachbarschaft so gut wie unbekannt.»
    Für eine Weile herrschte Schweigen zwischen D.   D. und Miller.
    «Wissen Sie, was mir besonders aufgefallen ist, als wir durchs Haus gegangen sind?», fragte D.   D. plötzlich. «Dass alles so bemerkenswert mittelmäßig ist. Nicht zu schmutzig, nicht zu sauber. Nicht zu unaufgeräumt, nicht zu organisiert. Alles irgendwie hübsch
ausgewogen
. Wie sagte der Rektor noch? Sandra Jones ist beliebt, pflegt aber kaum Kontakt zu ihren Kollegen und bleibt denen darum mehr oder weniger fremd. Jason und Sandra grüßen höflich ihre Nachbarn, werden aber mit niemandemwarm. Sie winken auf der Straße und gehen weiter, laden niemanden zu sich nach Hause ein. Das kommt mir alles sehr genau geregelt vor, sehr ausgewogen. Und das ist nicht natürlich.»
    «Sie glauben, die beiden machen anderen etwas vor, vielleicht auch sich selbst?»
    Sie zuckte mit den Achseln. «Nach meinen Erfahrungen geht’s im wirklichen Leben drunter und drüber, und das ist bei den beiden nicht der Fall.»
    Miller zögerte. «Wir haben uns noch nicht mit Jasons Arbeitgeber unterhalten   …»
    D.   D.

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