Ohne jede Spur
die Rede sein. Und dann gibt es sogar noch die Aidan Brewsters dieser Welt. Aus meiner Sicht ist er ein guter Junge, und mehr kann ich Ihnen zu diesem Thema nicht sagen.»
«Wo arbeitet er?», fragte D. D.
«In einer Kfz-Werkstatt.
Vito’s.
Er ist offenbar sehr geschickt, und dadurch wird vieles für ihn leichter.»
D. D. machte sich eine Notiz. «Habe ich richtig verstanden, dass er seit zwei Jahren dort arbeitet?»
«Als erste Kraft», spezifizierte Pickler. «Vito, sein Chef, ist voll des Lobes. Brewster hat seinen Job sicher, und das ist wichtig bei den Ausgaben, die er hat.»
«Was für Ausgaben?», wollte Miller wissen.
«Das Resozialisierungsprogramm. Die Teilnehmer müssen die Kosten selbst tragen. In Brewsters Fall sind das sechzig Dollar pro Woche. Hinzu kommen die Kosten für den Lügendetektor, hundertfünfzig pro Test, dem er sich alle zehn Wochen unterziehen muss. Damit wird sichergestellt, dass er auf Kurs ist. Wenn er eine elektronische Fußfessel hätte, müsste er auch dafür aufkommen, aber er darf sich glücklich schätzen, dass er ein Jahr vor Einführung des GPS aus dem Knast gekommen ist. Dann wären da noch Miete, Fahrtkosten et cetera pp. Nicht gerade wenig für jemanden, der mit begrenzten Einsatzmöglichkeiten an den Start geht.»
«Sie meinen, er darf nicht mit Minderjährigen in Kontakt kommen», sagte D. D.
«Exakt. Also schraubt er an Autos. Kundenverkehr kommt für ihn nicht in Frage. Wer weiß, es könnte jaeine Frau mit zwei Krabbelkindern in die Werkstatt kommen.»
«Er ist, wenn ich zusammenfassen darf, ein guter Angestellter.»
«Der beste.» Colleen grinste. «Vito hat mit ihm das große Los gezogen. Er könnte ihn nach Strich und Faden ausbeuten. Der Junge würde sich nie beklagen, denn beide wissen: Vor die Tür gesetzt, müsste er sich einen neuen Job besorgen. Und das ist, wie man sich vorstellen kann, für Sexualstraftäter verdammt schwer. Aber es gibt immer auch schlaue Arbeitgeber, die mehr als glücklich darüber sind, solche Typen an Bord zu haben.»
Miller krauste die Stirn. «Sollen wir jetzt Mitleid mit dem armen kleinen Aidan Brewster haben, der’s so schwer hat, weil er sich einmal nicht beherrschen konnte?»
«Verlange ich das?», entgegnete Colleen gelassen. «Ich sage nur, gleiches Recht für alle Straftäter. Wer seine Strafe abgebüßt hat, sollte raus aus dem Schneider sein. Brewster sitzt zwar nicht mehr im Gefängnis, muss aber immer noch büßen, und das für den Rest seines Lebens. Paradoxerweise wäre er jetzt besser dran, hätte er das Mädchen getötet, anstatt mit ihm zu schlafen. Mir ist als Vertreterin dieses Rechtssystems nicht wohl bei diesem Gedanken.»
D. D. hatte bereits andere Gedanken. Sie wandte sich an Miller. «Wissen wir, wo Familie Jones ihre Autos inspizieren lässt?»
Er schüttelte den Kopf und machte sich eine Notiz. «Das haben wir bald.»
«Von wem sprechen Sie?», fragte Colleen.
«Von Jason und Sandra Jones. Sie wohnen in derselben Straße wie Aidan Brewster. Letzte Nacht ist Sandra Jones spurlos verschwunden.»
«Aha.» Colleen stieß einen Seufzer aus, lehnte sich zurück und fuhr sich mit beiden Händen durch den Feuerball ihrer Haare. «Sie glauben, Aidan hat irgendetwas damit zu tun?»
«Das können wir vorläufig noch nicht ausschließen.»
«Wie alt ist Sandra Jones?»
«Dreiundzwanzig. Sie unterrichtet Sechstklässler und hat eine vierjährige Tochter.»
«Halten Sie es tatsächlich für möglich, dass Aidan diese Frau mitten in der Nacht und in Anwesenheit ihres Mannes aus dem Haus holt und entführt?»
«Der Ehemann war nicht da. Er ist Journalist und arbeitet nachts.»
Colleens Augen verengten sich. «Sie vermuten wohl, Brewster war hinter dem Kind her. Vielleicht interessiert Sie dann, dass bei den Lügentests – und davon hat er bislang vier oder fünf machen müssen – kein einziges Mal zum Vorschein kam, dass er irgendwelche pädophilen Gelüste hat.»
«Mag ja sein», entgegnete D. D. «Aber Sandra Jones soll, wie man hört, eine sehr schöne Frau sein. Mit ihren dreiundzwanzig Jahren dürfte sie außerdem noch als durchaus jung zu bezeichnen sein, ja, da fällt mir gerade auf, sie ist im gleichen Alter wie Brewster. Stimmt’s?»
Colleen nickte.
«Da wären also eine schöne junge Mom und ein vorbestrafterTriebtäter, die in derselben Straße wohnen. Sieht Aidan zufällig gut aus?»
«Kann man so sagen. Dichtes blondes Haar, blaue Augen, Typ Surfer, aber einer von der
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