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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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die er für sich gesteckt hatte. Gleichwohl wage ich zu behaupten, dass ich ihm den besten Kuss gab, den je zwei Menschen mit geschlossenen Lippen getauscht haben.
    Kaum war die Minute vorüber, lehnte er sich wieder zurück. Ich bemerkte, dass er schwerer atmete, und glaubte, in seinem Blick eine tiefe Lust erkennen zu können, die mich drängte, über ihn herzufallen, ihn auf dem Sofa flachzulegen und bis zur Besinnungslosigkeit durchzuvögeln.
    Stattdessen flüsterte ich nur: «Wahrheit oder Pflicht. Du bist dran. Frag mich. Wahrheit oder Pflicht.»
    Ich sah, dass er mit sich rang. Er wollte Pflicht sagen. Er wollte mich wieder berühren, mir vielleicht mein hübsches Seidenhemd abstreifen oder meine Hand über seine feste Brust führen.
    «Wahrheit», sagte er mit kehliger Stimme.
    «Dann stell deine Frage.»
    «Warum tust du das?»
    «Ich kann mir nicht helfen.»
    «Sandy.» Er schloss die Augen, und ich spürte, wie sehr er litt.
    «Wahrheit oder Pflicht», sagte ich.
    «Wahrheit.» Er ächzte fast.
    «Was ist das Schlimmste, das du dir vorzuwerfen hast?»
    «Wie meinst du das?»
    «Was ist dein schlimmstes Vergehen? Komm schon. Hast du gelogen? Gestohlen? Die beste Freundin deiner jüngeren Schwester verführt? Jemanden umgebracht? Sag es mir, Jason. Ich will wissen, wer du bist. Wir sind verheiratet, Donnerwetter nochmal. Das bist du mir schuldig.»
    Er sah mich auf ganz merkwürdige Weise an. «Sandra   …»
    «Nein. Keine Ausflüchte. Ich will eine klare Antwort. Hast du schon einmal jemanden umgebracht?»
    «Ja.»
    «Was?» Ich fiel aus allen Wolken.
    «Ja. Ich habe einen Menschen getötet», sagte Jason.
«Aber es ist nicht das Schlimmste, das ich mir vorzuwerfen habe.»
    Daraufhin stand mein Mann vom Sofa auf, nahm sein Taschenbuch und ließ mich allein im Wohnzimmer zurück.
     
    Es überraschte Jason, dass er eingeschlafen war, denn kurz nach eins schreckte er vom Sofa auf und hörte ein dumpfes Klopfen, ein Geräusch, das von draußen zu kommen schien. Er stand auf, ging ans Fenster, öffnete den Vorhang einen Spaltbreit und spähte hinaus.
    Zwei Polizisten in Uniform hatten die Mülleimer geöffnet und waren gerade dabei, die weißen Müllsäcke aus der Küche in den Kofferraum ihres Streifenwagens zu packen.
    Scheiße
, dachte er und wäre fast zur Tür geeilt, um den beiden den Marsch zu blasen, hielt sich aber dann doch zurück und dachte nach.
    Er hatte aus alter Gewohnheit den Müll nach draußen gebracht und ihn damit der Polizei überlassen. Wie teuer, fragte er sich, würde ihn dieser Fehler nun zu stehen kommen? Er überlegte hin und her, fand aber nichts, das ihn hätte belasten können, und so entspannte er sich langsam.
    Na schön, die Cops hatten seinen Müll. Und?
    Sergeant D.   D.   Warren und ihr Handlanger Detective Miller waren am Abend kurz nach halb neun mit einem Durchsuchungsbeschluss für seinen Wagen aufgekreuzt. Er hatte ihnen aufgemacht, einen Blick auf den Wisch geworfen und ihnen die Schlüssel ausgehändigt.
    Dann hatte er ihnen die Tür vor der Nase zugeschlagen, den Riegel vorgelegt und sich mit Ree verschanzt. Sollten die doch tun, was sie nicht lassen konnten. Wegen des Pick-ups hatte er nichts zu befürchten. Darin konnten sie herumschnüffeln, solange sie wollten, Hauptsache, sie interessierten sich nicht für den Computer.
    Apropos   … Er warf einen Blick auf die Uhr. Es war 1.52   Uhr. Jetzt oder nie, beschloss er und ging leise nach oben.
    Es tat ihm leid, Ree wecken zu müssen. Sie schaute ihn aus glasigen Augen an, war noch benommen vom Schlaf und ganz durcheinander. Sie machte sich immer noch Sorgen um ihre Mutter und den Kater. Er half ihr in den Wintermantel und steckte ihre bloßen Füße in die Stiefelchen. Sie ließ es klaglos geschehen und legte ihren Kopf auf seine Schulter, als er sie mitsamt der Decke und Lil’ Bunny nach unten trug.
    Im Flur warf er sich einen dunkelgrünen Seesack über die Schulter und drückte Ree in der Wolldecke fest an sich. Dann öffnete er die Haustür und trug den Sack und seine Tochter zu Sandys Kombi.
    Er spürte die Blicke der Polizisten im Nacken. Zweifellos griff einer von ihnen jetzt nach seinem Notizbuch und notierte eilig:
1   :   56, Jones verlässt das Haus mit schlafenden Kind im Arm. 1   :   57, er nähert sich dem Wagen seiner Frau   …
    Jason packte Ree auf den Kindersitz und legte unauffällig den Seesack auf den Boden vor ihren Füßen. Dann schloss er die Tür und ging auf den Streifenwagen

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