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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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da er um das Risiko eines mobilen Gerätes wusste, das jederzeit verloren gehen oder gestohlen werden konnte. Der alte Computer imKeller bereitete ihm allerdings noch Bauchschmerzen. Zwar hatte er die Festplatte mit einem Programm überspielt, das auch im Pentagon zum Löschen von Daten eingesetzt wurde, doch nicht einmal dort traute man dieser Software. Wenn man streng geheime Daten loswerden wollte, verbrannte man den Datenträger zu Staub. Auch er wäre so verfahren, hätte er einen geeigneten Ofen zur Verfügung gehabt. In fünfundneunzig Prozent der Fälle war es damit getan.
    Der Familiencomputer, ein relativ neues Modell, an das er sich meist in den frühen Morgenstunden setzte, wenn Sandra noch schlief, machte ihm dagegen eine Heidenangst. Er durfte es auf keinen Fall darauf ankommen lassen, dass dieser der Polizei in die Hände fiel. Deshalb hatte er ihnen zunächst die Durchsuchung des Wagens verweigert – um sie abzulenken. Er warf jetzt einen Blick auf die Uhr und rechnete sich aus, in ungefähr drei Stunden durch zu sein.
    Er steckte einen US B-Stick in den Schlitz und bewegte Ordner um Ordner. Programme, Internetdateien, Dokumente, JPEGs, PDFs. Es gab eine Menge davon, zu viel, als dass man alles in drei Stunden hätte übertragen können. Also musste er systematisch vorgehen.
    Als der Kopiervorgang gestartet war, loggte er sich ins Internet ein, um ein wenig zu recherchieren. Im Besonderen interessierte er sich für den registrierten Sexualstraftäter Aidan Brewster. Über Nachbarn Bescheid zu wissen war doch immer ganz praktisch, oder? Er fand auch auf Anhieb einige Adressen, die allerdings teilweise passwortgeschützt waren. Er wäre jedoch ein schlechterReporter, wenn er vor verschlossenen Türen einfach umkehren würde. Jason notierte sich ein paar Telefonnummern, grub noch ein bisschen weiter und hatte Erfolg.
    Nach Abschluss des ersten Teils seiner Mission rief er die AO L-Website auf und loggte sich mit den Daten seiner Frau ein. Er hatte ihr Passwort schon vor Jahren herausgefunden: LilBun1, nach dem Namen von Rees Lieblingspuppe. Wäre er nicht durch cleveres Raten von allein dahintergekommen, hätte er ein Spezialprogramm zu Hilfe genommen, zum Beispiel das Forensic Toolkit von AccessData oder ProDiscover von Technology Pathways’. Da kannte er keine Skrupel.
    War ihm Sandy auf die Schliche gekommen? Hatte sie ihn deshalb verlassen?
    Er wusste es nicht, und so scrollte er ihre E-Mails durch auf der Suche nach Hinweisen.
    Im Eingang waren insgesamt vierundsechzig Mails, zum überwiegenden Teil Angebote für Penisimplantate oder dringende Bitten, beim Transfer von Konten aus Drittweltländern behilflich zu sein. Dem ersten Anschein nach war Sandra entweder fixiert auf männliche Genitalien oder aber darauf aus, durch Mitwirkung an Geldwäsche reich zu werden.
    Er arbeitete sich durch den Spam und fand insgesamt sechs E-Mails , die tatsächlich an seine Frau gerichtet waren. Eine stammte von Rees Kindergarten und erinnerte an den Termin einer anstehenden Spendenaktion. In einer anderen lud der Rektor ihrer Schule zu einem Workshop ein. Die anderen vier waren Antworten auf den Rundbrief eines Lehrers, der seine Kollegen gefragthatte, ob sie an einer gemeinsamen Wanderung interessiert seien.
    Jason stutzte. Als er vor mehreren Monaten das letzte Mal einen Blick in Sandras Posteingang geworfen hatte, war er auf über zwei Dutzend persönliche E-Mails gestoßen, von Schülern zum Beispiel, die sich über ihren Unterricht ausließen, oder von Schülermüttern, die in Rundbriefen Informationen austauschten.
    Er schaute im Archiv-Ordner nach, fand aber auch dort nur Spam. Im Ausgangsordner war keine einzige Mail. Ihm wurde flau, als er seine Suche ausdehnte. Ihr Adressbuch: leer. Lesezeichen: leer. AO L-Buddys : leer. Chronik der zuletzt aufgesuchten Internetadressen: gelöscht.
    Ihm stockte der Atem. Er kam sich vor wie ein im Scheinwerferlicht gefangenes Reh, spürte Panik in sich aufsteigen und war drauf und dran, die Beherrschung zu verlieren.
    Datum und Uhrzeit, dachte er. Er musste sofort dahinterkommen, das war jetzt entscheidend, Datum und Uhrzeit.
    Er klickte den Archiv-Ordner wieder an und scrollte mit zitternder Hand zur ältesten Mail: Spam, eingegangen am letzten Dienstag um 16.42   Uhr, über vierundzwanzig Stunden vor Sandras Verschwinden.
    Jason lehnte sich zurück und presste beide Hände auf den Magen, der wie verknotet schien. Verzweifelt versuchte er, sich einen Reim darauf zu

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