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Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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noch schlimmer gewesen wäre, wie eine, die nicht hierhergehörte.
    Das Haus stand am Ende einer langen Kiesauffahrt. Es war komisch, aber die vorderen Fenster blickten auf den Schweinestall, obwohl in den anderen Richtungen Felder und Bäume waren. Im Gegensatz zu unserem Bauernhaus, das schon seit zweihundert Jahren stand, hatten sie den alten Bau abgerissen und durch ein modernes Haus ersetzt. Mit »modern« meine ich keinen Quader aus Glas, Beton und Stahl, es war ein herkömmliches Haus mit zwei Etagen, einer hellblauen Holzverschalung, Veranda und Schieferdach. Es sollte traditionell wirken und gleichzeitig alle modernen Annehmlichkeiten bieten. An unserem Haus gab es zwar viel auszusetzen, trotzdem war es ansprechender. Es war ein echtes Überbleibsel alter schwedischer Architektur und nicht nur eine moderne Kopie davon.
    Als ich klopfte, machte niemand auf, obwohl ein glänzender silberner Saab – und Saab ist gar keine schwedische Firma mehr – in der Auffahrt stand. Die Leute waren zu Hause, wahrscheinlich irgendwo draußen auf ihrem Grundstück. Ich lief durch ihre Felder, um sie zu suchen, und war von der schieren Größe richtig beeindruckt. Sie hatten ein echtes Bauernkönigreich, vielleicht fünfzigmal so groß wie unser kleiner Hof. In der Nähe des Flusses fand ich einen seltsamen kleinen Bau. Von Weitem hatte er wie ein natürlicher Hügel ausgesehen, wie eine sanfte, bewachsene Erhöhung, ein kleiner Erdhuckel. Aber er war von Menschen gebaut worden. Unter der Erhöhung war das Dach eines Schutzraums, ähnlich wie die Luftschutzbunker, die in London während des Kriegs gebaut wurden. In das Dach war eine Stahltür eingelassen, aus dem gleichen Material wie das Dach des Schweinestalls. Ich dachte, das müsse ein Lagerraum sein, vielleicht für Düngemittel oder Unkrautvernichter. Die Tür war nicht versperrt, das Vorhängeschloss hing offen davor. Als ich mein Glück versuchte und anklopfte, hörte ich drinnen etwas. Sekunden später wurde die Tür geöffnet. Zum ersten Mal stand ich Håkan Greggson gegenüber.

M EINE MUM ZOG EINEN Zeitungsausschnitt aus ihrem Tagebuch. Sie hielt ihn hoch, um ihn mir zu zeigen, und fuhr dabei mit einem zersplitterten Fingernagel über Håkan Greggsons Gesicht. Ich hatte ihn schon einmal gesehen, auf dem Foto, das Mum mir gemailt hatte – er war der große Fremde, der sich mit meinem Dad unterhalten hatte.
    Der Ausschnitt stammt von der Titelseite der Hallands Nyheter. Die meisten Leute in unserer Gegend haben diese Zeitung bestellt. Als wir sie nicht auch abonnieren wollten, weil wir sie uns nicht leisten konnten, wurde böse darüber geklatscht, wie wir eine solche Institution beleidigen können. Also mussten wir das Blatt bestellen. Chris wurde richtig wütend. Ich erklärte ihm, dass man es nicht mit Geld aufrechnen kann dazuzugehören. Jedenfalls zeige ich dir diesen Artikel, weil ich dir klarmachen muss, wie mächtig mein Gegner ist.
    Håkan ist der Mann in der Mitte.
    Rechts neben ihm steht Marie Eklund, die wahrscheinlich Vorsitzende der Christdemokraten wird. Eine harte Frau. Irgendwann wird sie eine große Politikerin sein, allerdings heißt »groß« bei ihr erfolgreich, nicht anständig. Sie hat mich im Stich gelassen. Als die Lage am schlimmsten war, bin ich mit meinen Anschuldigungen zu ihr gegangen, aber ihr Büro hat mir keinen Termin gegeben. Sie hat mich nicht mal angehört.
    Links von Håkan steht der Bürgermeister von Falkenberg, dem Küstenort, der unserem Hof am nächsten ist. Kristofer Dalgaard. Er ist so übertrieben freundlich, dass man es ihm nicht abkauft. Wenn man einen Witz macht, lacht er zu laut. Er interessiert sich zu sehr für deine Meinung. Im Gegensatz zu Marie Eklund will er keine Karriere mehr machen, er will nur seinen Status quo erhalten, aber das kann jemanden genauso antreiben wie Ehrgeiz.
    Und schließlich ist da Håkan. Er ist attraktiv, das kann ich gar nicht abstreiten. Wenn man ihn trifft, wirkt er noch beeindruckender. Er ist groß und breitschultrig und unglaublich kräftig. Er hat raue, gebräunte Haut. Und er ist so reich, dass er sich eine ganze Armee Angestellter leisten und wie ein Kaiser von seiner Veranda aus Befehle geben könnte, aber das ist nicht seine Art. Er steht im Morgengrauen auf und arbeitet bis in den Abend. In seiner Nähe kann man sich kaum vorstellen, dass er verwundbar ist. Wenn er dich packt, kannst du dich nicht losreißen. Er ist fünfzig, aber so kräftig wie ein junger Mann und so

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