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Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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hinterlässt eine Blutspur auf unserer Auffahrt und hängt das Schwein auf, nicht, um unsere Abmachung zu erfüllen, sondern um mir so zu sagen, ich solle mich raushalten, keine Fragen mehr stellen, mich um meinen eigenen Kram kümmern.
    Ich sollte dazu sagen, dass Chris behauptet, die Geschichte mit dem geschlachteten Schwein sei nicht passiert, als ich von dem Einsiedler zurückkam, sondern an einem ganz anderen Tag, und ich würde Dinge zusammenbringen, zwischen denen keine Verbindung besteht. Er will diesen zeitlichen Ablauf verschleiern, eben weil er so verräterisch ist.
    Håkan erreichte mit seiner Drohung das Gegenteil von dem, was er wollte. Dadurch war ich noch fester entschlossen herauszufinden, was da vor sich ging. Ich war sicher, dass Mia reden wollte. Ich wusste nur nicht, worüber. Das hätte ich nicht einmal ahnen können. Aber ich musste noch einmal mit ihr sprechen, sobald wie möglich. Ich lauerte auf eine Gelegenheit, aber am Ende fand Mia mich.

E IN FLYER FÜR EIN SCHEUNENFEST war mit einer Büroklammer an einer Seite des Tagebuchs befestigt. Meine Mum reichte ihn mir.
    Einmal im Monat gab es eine Tanzveranstaltung in einer großen Scheune ein kurzes Stück die Straße hinauf, einer Art Ersatz für einen Gemeindesaal. Die Leute, die dort hingingen, waren schon etwas älter, und es war ihnen egal, ob man sie für cool hielt. Der Eintritt war teuer, hundertfünfzig Kronen pro Person, das sind etwa fünfzehn Pfund. Weil die Scheune so nah lag und wir die Musik hören konnten, bekamen wir als Entschädigung Freikarten. Chris und ich beschlossen, es uns mal anzusehen. Nach dem Fehlschlag beim Grillfest fühlten wir uns langsam ein wenig einsam. Wir hatten bei dem Fest keine neuen Freunde gefunden. Danach waren wir auch nirgendwo mehr eingeladen worden. Ich hatte niemanden, den ich besuchen konnte. Aber Chris und ich wollten noch aus einem anderen Grund gehen. Vor unserem Umzug nach Schweden hatten wir jahrelang nicht mehr miteinander geschlafen.

I CH BLIEB VOLLKOMMEN REGLOS sitzen und verriet damit, wie unangenehm mir dieses Thema war. Nicht weil es um Sex ging, sondern weil meine Mutter so schonungslos offen war. Damit konnte ich nicht gleichziehen, noch nicht, nicht jetzt. Weil sie den wahren Grund nicht kannte, deutete meine Mum mein Unbehagen als kindische Reaktion.
    Es ist dir vielleicht peinlich, aber um zu verstehen, was in Schweden passiert ist, musst du alle Einzelheiten kennen, auch die besonders heiklen, sogar vor allem die besonders heiklen. Nach unserer finanziellen Pleite verlor ich das Interesse an Sex. Beim Sex geht es zum großen Teil darum, sich in seiner Haut wohl zu fühlen, nicht nur zusammen mit dem Partner, sondern ganz allgemein. Vielen Paaren fällt es schwer, das Sexleben in einer langen Beziehung nicht einschlafen zu lassen. Chris und ich hatten Glück. Er war ein attraktiver junger Brite mit dunklen Haaren, der alles Autoritäre hasste, und ich eine hübsche, junge blonde Schwedin, die noch nie einen so anarchischen Menschen kennengelernt hatte. Wir waren verlorene Seelen, die bei dem anderen ein Zuhause fanden. Für uns war Sex ein Symbol dafür, dass wir ein Team waren, wir beide gegen den Rest der Welt. Solange wir uns hatten, brauchten wir niemanden sonst.
    Das kippte, als wir die Wohnungen kauften. Chris vertraute mir, er wollte sich zur Ruhe setzen – er hatte sein Leben lang hart gearbeitet, jetzt wollte er langsam ausspannen. Er ging öfter angeln, plante stundenlang Urlaubsreisen ins Ausland, las Reiseführer und wollte die Orte besuchen, die wir nie gesehen hatten. Mit Banken oder Maklern konnte er nie viel anfangen, er trug meine Entscheidungen bereitwillig mit. Als der Markt zusammenbrach, saß er stumm und hilflos daneben, während ich versuchte, unser investiertes Geld rauszuziehen. Wir waren kein Team mehr. Ich war allein. Er war allein. Ich gewöhnte mir an, früh ins Bett zu gehen, um früh aufzustehen. Er ging spät ins Bett und schlief lange. Wir lebten nicht mehr im selben Takt. Die Entscheidung für Schweden haben wir auch getroffen, um unseren Rhythmus wiederzufinden, unsere Kameradschaft und unsere Leidenschaft, um den Sex wiederzuentdecken wie einen archäologischen Schatz, der unter dem Staub und Schutt von vier schrecklichen Jahren vergraben lag.
    Auf der Fähre nach Schweden küssten Chris und ich uns unter den Sternen, nicht auf die Wange, nicht nervös wie frisch Verliebte, sondern wie allzu vertraute Partner, die fürchten, sie könnten nie

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