Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)
verziehen würde, weil sie aus der Stadt kam und ich keine erwachsenen Mädchen aus der Stadt kannte. Vielleicht bauten sie nicht gerne Baumhütten. Aber sie sagte ja, gut. Also gingen wir zu dem Wäldchen. Ich zeigte ihr, wie man Schösslinge bog und zu einem Dach zusammenband. Das mag für zwei fünfzehnjährige Mädchen ziemlich burschikos klingen, und vielleicht war es das auch. Aber für mich war es normal, draußen etwas zu unternehmen. Ich hätte nicht gewusst, wie ich mir sonst den Tag vertreiben sollte. Freja war schon erfahrener. Sie kannte sich mit Sex aus.
Bis zum Hochsommer war Freja die Freundin geworden, die ich mir immer gewünscht hatte. Ich malte mir aus, ich würde ihr am Ende der Ferien sagen, sie sei die Schwester, die ich nie gehabt hatte, und wir würden für immer die besten Freundinnen bleiben.
Die Wahrheit über den Troll
Als ich eines Morgens in das Wäldchen kam, saß Freja auf dem Boden. Sie hatte ihre Arme um die Knie geschlungen. Sie blickte zu mir auf und sagte:
»Ich habe einen Troll gesehen.«
Ich wusste nicht, ob sie mir Angst machen wollte oder es ernst meinte. Wir erzählten uns oft unheimliche Geschichten. Ich hatte ihr Geschichten über Trolle erzählt. Also fragte ich sie:
»Hast du den Troll im Wald gesehen?«
Sie sagte:
»Nein, auf unserem Hof.«
Als Freundin musste ich ihr glauben, wenn sie behauptete, etwas sei wahr. Ich nahm ihre Hand. Sie zitterte.
»Wann hast du ihn gesehen?«
»Gestern, nachdem wir draußen gespielt haben. Ich bin nach Hause gegangen, aber ich war zu schmutzig, um reinzugehen, deshalb habe ich mir mit dem Wasserschlauch draußen den Matsch von den Beinen gewaschen. Da habe ich den Troll gesehen, hinten im Garten, hinter den Johannisbeersträuchern.«
»Wie hat der Troll ausgesehen?«
»Er war blass und hatte eine Haut wie raues Leder. Sein Kopf war riesig. Und er hatte nicht zwei Augen, sondern ein einziges riesiges schwarzes Auge, das nie geblinzelt hat. Der Troll hat mich angestarrt und hat einfach nicht weggesehen. Ich wollte meinen Vater rufen, aber ich hatte Angst, er würde mir nicht glauben. Also habe ich den Wasserschlauch fallen lassen und bin ins Haus gerannt.«
An diesem Tag haben wir nichts gespielt. Wir saßen nur da und haben uns an den Händen gehalten, bis Freja aufhörte zu zittern. Nachdem ich sie abends zum Abschied umarmt hatte, sah ich ihr nach, wie sie durch die Felder nach Hause ging.
Am nächsten Tag war Freja so glücklich, dass sie mich küsste und umarmte und sagte, der Troll sei nicht zurückgekommen, und sie entschuldigte sich dafür, dass sie mir Angst gemacht hatte. Ihr habe wohl nur ihre Fantasie einen Streich gespielt.
Aber der Troll kam doch zurück, und Freja war nie wieder so wie früher. Sie fühlte sich nicht mehr sicher. Sie hatte ständig Angst. Sie veränderte sich. Wurde trauriger und stiller. Oft wollte sie nicht mal spielen. Abends hatte sie Angst, nach Hause zu gehen. Sie hatte Angst vor ihrem Hof.
Die Wahrheit über Spiegel
Ein paar Wochen, nachdem sie den Troll zum ersten Mal gesehen hatte, hielt Freja einen Spiegel in der Hand, als ich ins Wäldchen kam. Sie glaubte fest, der einäugige Troll würde ihr mit Spiegeln nachspionieren. Nach dem Aufwachen hatte sie alle Spiegel herumgedreht, damit sie zur Wand zeigten, jeden einzelnen Spiegel im Haus bis auf den in ihrem Zimmer. Sie schlug vor, wir sollten ihn zerschlagen und die Scherben vergraben. Ich stimmte zu. Sie schlug mit einem schweren Ast auf den Spiegel, und als er zerbrach, fing sie an zu weinen. Als Freja abends nach Hause kam, waren alle Spiegel wieder umgedreht worden. Ihr Vater wollte so ein merkwürdiges Verhalten nicht dulden.
Die Wahrheit über den See
Mein Plan war einfach. Freja hatte den Troll nur auf ihrem Hof gesehen. Warum liefen wir nicht zusammen weit weg in den Wald? Mit genügend Essen konnten wir leicht ein paar Tage überleben. Wenn wir den Troll dort nicht sahen, würden wir wissen, dass sie ihren Hof verlassen musste. Freja willigte ein, und wir trafen uns morgens um sechs an der Straße und fuhren mit unseren Rädern los. In dem kleinen Wäldchen in der Nähe konnten wir nicht bleiben, dort h ätte man uns schnell entdeckt. Wir mussten zu dem großen See fahren. Dort war der Wald so groß, dass man darin für alle Zeiten verschwinden konnte. Meine Eltern waren es gewohnt, dass ich den ganzen Tag draußen verbrachte. Sie würden sich erst Sorgen machen, wenn ich nicht zum Abendessen kam.
Mittags zog ein
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