Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)
zusammenreimen oder die andere Anzeige zufällig aufs Display ziehen konnte. Sie hob einen Finger und berührte den Bildschirm. Aus meinem Blickwinkel konnte ich nicht erkennen, ob sie nur die Liste mit Flugzeugen aus Schweden durchging. Am liebsten wäre ich zu ihr gegangen und hätte sie um das Handy gebeten, aber aus Angst, mich zu verraten, riss ich mich zusammen und wartete. Meine Mum gab mir das Handy zurück. Die andere Seite hatte sie nicht entdeckt. Mittlerweile musste die Suche nach Mia durchgelaufen sein. Die Informationen waren auf meinem Handy. Doch ich konnte sie mir nicht ansehen, solange meine Mum direkt neben mir stand.
Chris läuft wahrscheinlich gerade durch den Flughafen und ruft ein Taxi. Dann rast er durch die Stadt und überrascht uns. Er wird nicht vorher anrufen. Und wenn er erst mal hier ist, komme ich nicht mehr weg, nicht ohne einen Kampf. Dieses Mal gehe ich nicht friedlich mit, dieses Mal werde ich treten und schlagen.
E INE SZENE HÄUSLICHER GEWALT zwischen meiner Mum und meinem Dad konnte ich mir nicht einmal vorstellen. Trotzdem glaubte ich meiner Mum, dass es nicht ohne Handgreiflichkeiten abgehen würde, falls sie aufeinandertrafen. Ich musste verhindern, dass es so weit kam.
»Mum, wir gehen.«
Meine Mum sah noch einmal nach, ob sie auch keine Beweise vergessen hatte. Die Versuchung, auf mein Handy zu sehen, war groß, aber Mum bewegte sich so ziellos, dass ich Sorge hatte, sie könnte mich dabei erwischen. Ich wartete, bis sie die Treppe hinunterging. Dann konnte ich nicht länger warten. Ich sah aufs Display.
Das Handy zeigte eine Reihe möglicher Suchergebnisse. Sie stammten aus schwedischen Zeitungen. Es war wie ein Schock, als hätte ich nicht mit Treffern oder Zeitungsartikeln gerechnet – als hätte ich eine leere Seite erwartet. Obwohl ich versprochen hatte, objektiv und unvoreingenommen zu sein, hatte ich wohl insgeheim geglaubt, es sei nichts Schlimmes passiert und Mia sei nicht tot. Ich klickte den ersten Link an. Die Seite fing an zu laden. Der erste Teil eines Fotos sickerte von oben nach unten. Langsam wurde das Risiko zu groß. Ich ließ das Handy sinken und schob es gerade noch rechtzeitig in meine Tasche, als meine Mum sich am Fuß der Treppe umdrehte. Ich berührte ihre Schulter. Ich hatte keine Ahnung, wohin es gehen sollte.
»Mum, was hast du vor? Du wolltest vorhin doch in der Öffentlichkeit nicht darüber reden.«
»Das können wir später entscheiden. Jetzt lass uns losgehen.«
»Sollen wir einfach auf der Straße stehen?«
Schroff fragte sie:
»Willst du mich hinhalten? Hast du das vor? Willst du Zeit schinden, damit Chris mich erwischen kann?«
»Nein.«
»Du lügst!«
Der Vorwurf traf mich.
»Ich will nicht mit ansehen, wie du dich mit Dad streitest. Und ich will das Ende deiner Geschichte hören. Das ist die Wahrheit.«
Meine Mum öffnete die Wohnungstür, und wir betraten den Flur. Als wäre jemand hinter ihr her, drückte sie immer wieder auf den Aufzugknopf. Als sie sah, dass der Aufzug vom Erdgeschoss heraufkam, wich sie zurück:
»Das könnte er sein! Wir nehmen die Treppe.«
Widerspruchslos folgte ich ihr ins Treppenhaus, wo sie die Stufen fast im Laufschritt nahm. Meine Stimme hallte von den Betonwänden wider, als ich rief:
»Mum, ich rufe Mark an. Er hat ein Büro. Vielleicht fällt ihm ein, wo wir reden können. Wir brauchen etwas, wo wir ungestört sind.«
Meine Mum antwortete:
»Beeil dich!«
Ich zog das Handy aus der Tasche und sah aufs Display. In dem Artikel einer schwedischen Regionalzeitung ging es wirklich um Mia. Er enthielt ein Foto von ihr, genau wie meine Mum sie beschrieben hatte. In dem Artikel hieß es, sie werde vermisst. Ich scrollte nach unten. Für Informationen war eine Belohnung ausgesetzt. Der Artikel war nicht eindeutig. Von Mord war nirgendwo die Rede. Andererseits liefen Vermisstenfälle oft auf Mord hinaus. An keiner Stelle widersprach der Artikel Mums Geschichte.
Ich rief Mark an. Er meldete sich sofort. Ich sagte:
»Mein Vater ist auf dem Weg hierher. Sein Flugzeug ist gelandet. Meine Mum will nicht in der Wohnung bleiben. Wir müssen irgendwo anders reden. Wo wir allein sind. Wo mein Dad uns nicht finden kann.«
»Bist du sicher, dass du nicht auf ihn warten willst?«
»Das würde eine Katastrophe geben.«
Mark fiel sofort eine Lösung ein:
»Ich buche ein Hotelzimmer für euch. Ruf ein Taxi. Ich melde mich gleich mit den Einzelheiten. Geht es dir gut? Geht es deiner Mum gut?«
»Ja,
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