Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)
gesagt. Er ist kein Geheimnis, aber er ist mir auch nicht einfach so herausgerutscht. Er kann nur eine unausgesprochene Drohung sein. Sie könnten private Informationen über mich ausgraben. Damit wollte Håkan mir sagen, dass er auch Nachforschungen anstellen konnte, und wenn ich gegen ihn antreten wollte, sollte ich mich auf den Kampf meines Lebens gefasst machen.
I CH VERSTAND NICHT , womit er ihr drohen wollte.
»Mum, was sollten sie denn über dich herausfinden?«
Die Sache mit Freja! Dann wäre ich erledigt gewesen. Diese Gerüchte haben mich schon einmal aus meinem Zuhause vertrieben. In den Augen meiner Eltern hatte ich meine beste Freundin getötet. Es war egal, dass es nicht stimmte. Håkan würde diese Geschichten seiner Frau beim Abendessen zuflüstern, und sie würde sie ihren Freundinnen bei einer Tasse Kaffee zuraunen. Bald würden hundert Leute gleichzeitig tuscheln. Dann würden die Blicke kommen. Mit diesen Lügen hätte ich nicht leben können, nicht noch einmal, alles, nur nicht mit diesen Lügen. Ich hätte versucht, stark zu sein, sie zu ignorieren, aber am Ende kann man die Welt nicht aussperren. Ich hätte keine Wahl gehabt und den Hof verkaufen müssen.
Bis sie die Geschichten über Freja herausbekamen, würde ich weiter nachforschen. Ich wollte mich nicht einschüchtern lassen, und am Midsommarfest konnte ich beobachten, wie die Leute im Ort miteinander umgingen. Am Anfang würden sie sich zwar zurückhalten, doch bald würde der Alkohol fließen, die Zungen lockern und für Indiskretionen sorgen, und ich würde genau aufpassen, was dann geschah. Bei Håkans Grillfest war ich unsicher gewesen, weil ich einen guten Eindruck machen wollte, aber dieses Mal würde ich sie genau unter die Lupe nehmen. Ich würde keinen Gedanken an meinen eigenen Ruf verschwenden. Mir war vollkommen egal, ob sie mich mochten. Ich wollte nur sehen, welche Männer sich an Mia hängten.
Ich habe versprochen, keine Zeit mit unnötigen Beschreibungen zu verschwenden. Aber wenn ich dir sage, dass der Himmel nach Sturm aussah, verstehst du eher, warum bei diesem Midsommarfest eine extrem unruhige Stimmung in der Luft lag. Ich dachte, der Himmel könnte jeden Moment seine Schleusen öffnen, die ganze Atmosphäre war angespannt. Sogar bei vielen Gästen herrschte Gewitterlaune. Die Touristenfeier am Tag davor hatte bei schönstem Sommerwetter stattgefunden, bei wunderbarem Sonnenschein und strahlend blauem Himmel. Die Gäste hatten bis spätabends Bier getrunken und waren auf dem Gras eingenickt. An diesem Tag war es frisch, und es wehte ein stürmischer Wind. Diese Feier war der ersten in jedem Punkt überlegen, nur nicht beim Wetter, und das verdarb die Stimmung.
Trotz des drohenden Regens wollte ich zu der Veranstaltung laufen. Ich hatte mich entschlossen, eine schwedische Tracht zu tragen, hatte mir die Haare geflochten und hielt einen selbst gepflückten Blumenstrauß in den Händen. Die Sache mit meinem zweiten Vornamen hatte mich beunruhigt. Mit meiner lächerlichen Aufmachung wollte ich so tun, als sei ich ein wenig durchgeknallt, im Grunde aber harmlos. Falls sie dachten, ich würde der Wahrheit zu nahe kommen, würde ich so bestimmt jeden Verdacht zerstreuen. Über eine Frau mit blauem Kleid und gelber Schürze würden sie kichern. Chris war dagegen, er fand, ich würde mich zum Narren machen. So könnte ich doch keinen Anschluss finden. Ihm war nicht klar, dass ich das gar nicht mehr versuchte; es war sinnlos, sie würden uns nie wirklich in ihren Kreis aufnehmen. Vor allem wollte ich gar nicht zu dieser Gruppe gehören. Aber die wahren Gründe für meinen albernen Aufzug konnte ich Chris nicht sagen, deshalb musste ich seine Kritik mit lahmen Ausreden abwehren, es wäre seit so vielen Jahren mein erstes Midsommarfest in Schweden, dass ich es voll auskosten wollte. Er hat sich so geärgert, dass er allein losgezogen und bei Håkan mitgefahren ist. Er meinte, wenn ich mich unbedingt so kindisch benehmen müsste, wollte er nichts mit mir zu tun haben. Als ich ihm nachsah, wünschte ich, wir hätten diese Nachforschungen zusammen anstellen können, wie wir fast alles Wichtige in unserem Leben zusammen gemacht hatten. In Wahrheit traute ich ihm nicht. Also machte ich mich in meiner Tracht allein auf den Weg, nicht mit ihm an meiner Seite, sondern mit meiner rissigen alten Ledertasche.
Als ich bei der Feier ankam, starrten mich alle an, und ich ließ das Mitleid einiger der Frauen über mich ergehen. Sie
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