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Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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anzurufen. Im Dunkeln neben dem Telefon muss ich für ein paar Minuten die Augen geschlossen haben, weil ich noch weiß, dass ich von Freja träumte.
    Im Morgengrauen war mein Vater nirgends zu sehen. Er hatte nicht angerufen. Ich hatte mich getäuscht. Er hatte mich nicht verraten! Er wollte sich beim Frühstück weiter mit mir unterhalten, mich vielleicht auf weitere Einzelheiten ansprechen, die ich ausgelassen hatte. Es war ein neuer Anfang für unsere Beziehung.
    Ich ging in die Küche – im Schrank standen Kaffeetassen, die nicht richtig gespült waren, und ich kochte einen Topf Wasser, um alle Tassen und Teller im Schrank zu spülen, ich wollte die Spüle schrubben, die ganze Küche putzen, das Fliegenpapier vom Fenstersims wegwerfen und diesen Geruch vertreiben. Dabei rief ich meinen Vater und fragte, ob ich ihm den Kaffee ans Bett bringen sollte. Keine Antwort. Ich klopfte an seine Tür. Keine Antwort. Fürs Land war es spät. Er stand normalerweise im Morgengrauen auf. Ich drückte die Klinke, aber die Tür war abgeschlossen.
    Ich klopfte von außen gegen das Fenster seines Zimmers. Die Vorhänge waren zugezogen. Ich wusste nicht, ob ihm etwas fehlte oder ob er krank war, und lief ewig zwischen dem Fenster und seiner Tür hin und her und rief seinen Namen, bis ich ein Auto hörte. Ich ging auf die Veranda und schirmte meine Augen mit einer Hand vor der aufgehenden Sonne ab. Doktor Norling fuhr aufs Haus zu.
    Chris musste meinen Plan erraten und meinen Vater angerufen haben, bevor ich überhaupt dort angekommen war. Dann hatte mein Vater ihn zurückgerufen, als er den Lieferwagen hörte, und ihm gesagt, sie sollten mich morgens abholen, er würde mich dortbehalten; er hatte mich verraten, bevor er auch nur ein Wort von mir gehört hatte, er hatte meinem Mann mehr geglaubt als mir, jemandem, den er noch nie gesehen hatte. Ich hätte wahrscheinlich weglaufen können oder in den Wagen springen und fliehen. Aber das tat ich nicht. Ich setzte mich an den Teich, zog Schuhe und Socken aus und streckte meine Füße ins Wasser, so dass sich die Algen wie Fesseln um meine Knöchel legten.
    Als sie ankamen, redeten wir nicht viel. Sie behandelten mich wie ein Kind, und ich war brav und gehorsam. Sie verfrachteten mich auf den Rücksitz des Autos und banden meine Hände fest, damit ich sie nicht während der Fahrt schlagen oder unterwegs aus dem Wagen springen konnte.
    Norling fuhr mich nach Hause. Chris folgte uns im Lieferwagen. Er sagte, es würde ihn zu sehr belasten, mit mir als seiner Gefangenen zu fahren. Meinen Vater bekam ich gar nicht zu Gesicht. Er blieb in seinem versperrten Schlafzimmer. Wahrscheinlich nahm er an, dass mit meinen Sorgen um Mia nur Schuldgefühle wegen Freja wieder hochgekocht waren – bestimmt hat er das geglaubt, er dachte, ich hätte mich in einen Wahn hineingesteigert, den Wahnsinn einer Mörderin, die sich einen weiteren Mord einbildet, weil ich mit meinem eigenen Verbrechen nicht fertigwurde, nachdem ich Freja im See ertränkt hatte, nachdem ich sie untergetaucht hatte, bis sie nichts mehr sagen konnte. Das glaubte er immer noch. Fünfzig Jahre später, und er hielt mich immer noch für eine Mörderin.

M EINE MUM KLAPPTE DAS TAGEBUCH ZU und legte es vor mich aufs Bett:
    »Es gehört dir.«
    Sie wollte ihr wertvollstes Beweisstück abgeben, ihre Notizen und Ausschnitte, Fotos und Karten, und sie mir anvertrauen – Seelenverwandte, die ein geheimes Tagebuch teilten. Ich fragte mich, ob ihr dieser Gedanke auch durch den Kopf ging – hatte sie einen Verbündeten gesucht, was ziemlich strategisch klang, oder ging es eher um Gefühle, und sie hatte sich einen Vertrauten gewünscht? Ich dachte daran, wie meine Mum ihre Zeit mit Freja in dem Wäldchen beschrieben hatte – sie hatten sich Geschichten erzählt, sich geschworen, für immer Freundinnen zu bleiben, und an Trolle geglaubt, nur weil die andere gesagt hatte, es würde sie geben. Ich legte eine Hand flach auf das Tagebuch, als wollte ich die Geheimnisse darin festhalten:
    »Was war mit der Anstalt in Schweden?«
    »Daniel, ich würde mir eher das Leben nehmen, als noch einmal an einen solchen Ort zu gehen.«
    Ich schlug eine beliebige Seite des Tagebuchs auf und fuhr, ohne zu lesen, mit einer Fingerspitze über die tief eingedrückte Schrift. Ich hielt die Gefahr für echt, meine Mum würde wirklich an Selbstmord denken, wenn sie bei ihrer Suche nach Gerechtigkeit am Ende keinen Erfolg hatte. Die Vorstellung war mir unbegreiflich.

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