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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arnold
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Arschloch!«, worauf er noch lauter schrie: »Was ist nur aus dir geworden?« Dann saßen wir uns gegenüber, schreiend, keiner verstand mehr, was der andere ihm an den Kopf warf. Irgendwann hörten wir erschöpft auf.
    »Du weißt, dass wir uns schon seit einigen Jahren nicht mehr viel zu sagen haben«, unterbrach er die Stille.
    Die Tränen kamen, und ich konnte nichts dagegen machen. Ich hatte einfach nicht die Kraft, sie zurückzuhalten. »Ich komme nicht dahinter, wann es angefangen hat.«
    »Keine Ahnung, das kann wohl niemand sagen, aber ich glaube, dass wir von Anfang an Fehler gemacht haben. Wir hätten einfach mehr Interesse aneinander zeigen, uns nicht so gehen lassen sollen. Ich glaube, wenn man erst einmal damit anfängt, dann wird der Weg zurück immer länger und steiler, und dann lässt man irgendwann alles schleifen. Plötzlich merkt man, dass der Weg zurück so lang geworden ist, dass man sich fragt, ob sich das Ganze überhaupt noch lohnt. Und was passiert, wenn man diesen Weg zurück wirklich geht, und am Ziel erwartet einen niemand, nur gähnende Leere?«
    Es gab nichts, was ich darauf erwidern konnte.
    Egge war eingenickt, und als ich die Beifahrertür öffnete, fuhr er erschrocken hoch. »Na? Alles okay bei dir?«, murmelte er.
    »Wie man’s nimmt«, antwortete ich. »Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.«
    »Ach, ist schon okay.« Er machte sich daran, aus der Park lücke zu manövrieren, was er besser zu beherrschen schien als das Einparken.
    »Er hat eine Thuy Me«, sprudelte es plötzlich aus mir heraus.
    »Bitte?«
    »Bis heute dachte ich, dass er vielleicht doch irgendwann wieder normal wird, aber jetzt hat er diese Thuy Me.«
    Egge warf mir einen verstörten Seitenblick zu. »Was ist das? Ein Virus oder so was?«
    »Das ist ihr Name«, meinte ich verstört. »Sie ist Chinesin, und stell dir vor, sie ist seine Schülerin.«
    »Oh.«
    »Sie ist elf Jahre jünger als ich.«
    »Ach, herrje.« Egge fühlte sich gerade sehr unwohl, das sah ich ihm an. Aber schließlich konnte er in so einer Situation kaum erwarten, dass ich über Automarken oder das Wetter sprach.
    »Nachdem er mir diese Sache in all ihrer Schrecklichkeit erzählt hatte, sagt er, dass er keine Scheidung will, weil er nie wieder heiraten möchte. Stell dir vor, so traumatisch ist die Ehe für ihn also gewesen, dass er das nie wieder machen möchte.«
    Egge nickte und sah geradeaus. Ob er insgeheim hoffte, mich und meine Probleme schnell loszuwerden? »Das ist sicher schwer für dich, Lyn«, meinte er, um Optimismus bemüht. »Natürlich wirft dich das um. Mir würde es genauso gehen. Aber was will man da schon machen? Das Leben kann manchmal hart sein, aber bis jetzt ist noch niemand an Liebeskummer gestorben.«

11
    W ir brachten meine Sachen zu Annetts Haus, und als ich in meinem neuen Wohnzimmer anfing, die Kar tons auszupacken, bekam ich einen Weinkrampf. Mit einem Mal wurde ich überwältigt von Verzweiflung, Traurigkeit und einer Wut, wie ich sie bis dahin nicht gekannt hatte. Ich konnte einfach nicht mehr aufhören zu schluchzen, legte mich auf den nackten Boden und ließ mich von meinen Gefühlen überwältigen. Im Hintergrund bekam ich mit, wie Egge mit Antje telefonierte und sie bat, sofort zu kommen. Meine neuen Mitbewohnerinnen redeten durch einander, doch in meiner Verzweiflung achtete ich nicht auf sie. Mein Kopf war leer, und die Wut schien alles zu beherrschen. Irgendwann bekam ich mit, wie Annett sagte, sie würde Dr. Nix anrufen. Es war mir nicht möglich, mit dem Weinen und Schluchzen aufzuhören, nicht einmal, als ich das Wort Doktor hörte. Sollte einen das nicht zur Besinnung bringen? Mir war alles scheißegal, und als mir genau das bewusst wurde, machte mich das nur noch trauriger. Irgendwann hörte ich Antjes Stimme. Sie drehte mich auf den Rücken, strich mir über die Wange und sagte irgendetwas, das ich nicht verstand. Ich bilde mir ein, dass sie mir sogar eine kräftige Ohrfeige versetzte.
    Dann kam der Arzt. Er beugte sich über mich, strich mir den Ärmel hoch und schob eine Nadel in meinem Arm. Er gab mir einen leichten Klaps ins Gesicht – glaubten denn alle, es würde mir besser gehen, wenn sie mich ohrfeigten – und meinte: »Hören Sie mich? Das Mittel, das ich Ihnen gegeben habe, wird Sie beruhigen. Sie sollten aufstehen und etwas frische Luft schnappen.«
    »Nein, ich will nur hier liegen und mir schwören, dass ich nie wieder lieben werde«, flüsterte ich.
    »Das wollen Sie

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