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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arnold
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gewesen. »Der Literatur habe ich es zu verdanken, dass ich meine Kindheit und Jugend überlebt habe. Hätte es keine Bibliotheken gegeben, wäre ich verrückt geworden.«
    Eine schlimme Kindheit also. Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Sollte ich nachfragen? Oder würde das nach taktloser Neugier aussehen? Aber gar nicht darauf einzugehen, wirkte vielleicht so, als würde mich das Ganze keinen Pfifferling interessieren. Ich wählte das Neutralste, das in dieser Situation möglich war, und sprach von mir selbst.
    »Jeder hat so seine eigene Geschichte, wie er zur Kunst gefunden hat, oder? Manche Geschichten sind lustig, andere traurig. Meine ist eher nichtssagend. Der klassische Weg, angefangen bei Hanni und Nanni, über John Irving, schließlich angelangt bei Goethe. Er war der Größte, ein Genie.«
    »Na ja, ist doch allgemein bekannt, oder? Ehrlich gesagt, kenne ich nur den Zauberlehrling von ihm.«
    »Ein wunderbares Gedicht.« Ich nickte ein bisschen zu begeistert.
    Der Kellner stellte uns die Getränke hin. »Walle, walle manche Strecke, dass zum Zwecke Wasser fließe …« Der indische Kellner sah mich irritiert an. Ich hatte mich ein wenig vergessen, und es war mir peinlich. »Nun ja. Was wol len wir bestellen?«
    »Meine Lieblingsbücher sind Der kleine Prinz, Früchte des Zorns und Hundert Jahre Einsamkeit . Lange Zeit waren meine Lieblingsautoren Oscar Wilde und Franz Kafka. Aber irgendwann bin ich aus Wilde herausgewachsen, und Kafka hat mich depressiv gemacht.«
    »Nur männliche Autoren?« Ich sah ihn herausfordernd an.
    »Das ist Zufall. Doris Lessing und Joyce Carol Oates mag ich auch ganz gern.«
    »Oates finde ich auch gut.« Dass ich es mit Lessing immer wieder versucht hatte, aber über dreißig Seiten nicht hinausgekommen bin, verschwieg ich in diesem Moment lieber.
    Wir redeten noch eine ganze Weile über Literatur. Bis das Essen kam, hatte ich herausgefunden, dass unsere Geschmäcker in diesem Punkt etwas unterschiedlich waren. Zuletzt schockierte er mich damit, dass er Jane Austen für trivial hielt. Nun war ich doch etwas beleidigt, aber er schien es nicht zu merken.
    Das Essen war verflucht scharf. Ich versuchte, mit meiner Cola light zu löschen, aber das half nicht viel.
    Sascha bestellte Mango Lassi. »Damit geht das besser.«
    »Danke.« Er sollte recht behalten. Das Essen wurde etwas erträglicher.
    »Kann ich dich etwas fragen?«
    »Du willst wissen, ob ich mein Leben lang Pizza ausfahren will.«
    Ich blinzelte irritiert. »Genau das wollte ich fragen, ja. Findest du das borniert?«
    Er schüttelte den Kopf. Als er den Bissen zu Ende gekaut hatte, meinte er: »Ich habe mein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg gemacht, per Fernlehrgang. Jetzt studiere ich, im dritten Semester. Das Ganze ist sehr zeitintensiv, weil ich halt auch arbeiten muss.«
    »Und was studierst du?«
    Er sah mir in die Augen und meinte: »Auf was tippst du denn?«
    »Architektur?«
    »Näää«, meinte er abfällig. Ich fand es sexy, wie er das sagte.
    »Kunstgeschichte.«
    »Scheiße, wird ja immer schlimmer.«
    »Nein. Jetzt weiß ich es: BWL !«
    »O Gott! Sie hält mich für einen Anzugträger.«
    »Also raus damit. Was ist es? Sozialwissensch…«
    »Bitte sprich es nicht aus.«
    Ich beschloss, nichts mehr zu sagen.
    »Psychologie.«
    »Psychologie?«, rief ich erstaunt. »Wow! Wirklich?«
    »Was ist daran so überraschend?«
    »Na ja«, ich zuckte die Schultern, »keine Ahnung. Daran hätte ich einfach nicht gedacht. Vielleicht liegt es auch daran, dass mir kürzlich ein Arzt geraten hat, mit einem Therapeuten zu sprechen.«
    Sascha sah mich stirnrunzelnd an.
    »Wegen der Trennung von meinem Mann. Ist aber alles okay.« Ich nahm einen Schluck Cola. »Als was willst du denn später arbeiten? Im Krankenhaus?«
    »Nein, als Psychotherapeut.«
    »Stellst du dir das nicht belastend vor, dir den ganzen Tag die Probleme der anderen anzuhören?«
    »Nein«, sagte er einfach nur und lächelte mich freundlich an.
    »Ist bestimmt praktisch, wenn man einen Partner hat, der Therapeut ist. Ich meine, wenn man ein Problem hat, dann bespricht man es halt mit ihm.«
    Er lachte kurz auf. »Ganz so einfach ist das aber nicht. Gerade Therapeuten haben bei ihren Partnern einen schweren Stand, weil der andere ihnen vorwirft, dass sie Besserwisser und Klugscheißer sind.«
    »Wirklich?«
    »Außerdem«, fuhr Sascha fort, »ist das wie bei den Köchen.«
    »Den Köchen?«
    »Ja, die anderen denken, wie toll es für

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