Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam
irgendwie Lena, Lina, Lea, Lara und Lia.«
»Wirklich?«
»Scheiße, ich glaub, ich bin gerade vorbeigefahren.« Er legte eine Vollbremsung ein, und ich wirkte wohl gar nicht elegant, als ich mit meiner Stirn beinahe das Armaturenbrett polierte. Und dann war da noch die Sache mit dem Auto: In einem gewissen Alter war es vielleicht lustig, mit einem winzigen Auto durch die Gegend zu fahren, auf dem oben das riesige Logo Best and fast Pizza aufgeschraubt war. In meinem Alter nicht mehr. Ich kam mir vor wie in einer Welt aus Playmobil. Wie würde das überhaupt aussehen, wenn wir mit einem Pizzaauto beim Inder vorfuhren? Warum hatte ich mich bloß darauf eingelassen?
Aus dem winzigen Radio ertönte gerade Marmor, Stein und Eisen bricht … Was hatte er da für einen Rentnersender eingestellt? Er musste meine Gedanken erraten haben. »Mein Kollege hat den Sender verstellt. Nicht, dass du denkst, ich ziehe mir Schlager rein.« Er wandte kurz den Kopf und lachte.
»Selbst wenn es so wäre, hätte ich kein Problem damit.« Ich fragte mich, warum man bei ersten Verabredungen immer log, dass sich die Balken bogen. Und ob ich ein Problem damit hätte! Ich stellte mir vor, wie mich die Mädels über ihn ausfragten und ich sagte: »Er ist ein ganz Sensibler, hört Drafi Deutscher, Michael Holm und Bernd Clüver.« Olivia war sowieso zu jung, um diese Namen überhaupt zu kennen.
Sascha parkte den Wagen vor dem Lokal. Gerade, als ich ausstieg, sah ich Dr. Nix aus dem Lokal kommen. O mein Gott! Das wollte ich mir einfach nicht antun. Bei ihm hatte ich mich, bis zum Rest meines Lebens, schon genug blamiert. Da stand ich neben dem Pizzaauto, das dreimal klei ner war als ich, und schämte mich zu Tode. Außerdem hatte ich ihm erzählt, wie gerade erst meine Ehe gescheitert war. Er war extra an einem Samstag gekommen, um mich deshalb zu behandeln, und nun stand ich da mit einem jungen Kerl. Bevor er mich entdeckte, bückte ich mich und stieg wieder halb ins Auto zurück. Was machte ich hier eigentlich gerade? Ich tat so, als suchte ich etwas. Sascha bückte sich auf der anderen Seite und sah mir beim Abtasten des Sitzes zu. »Alles okay?«, fragte er zaghaft. Offenbar fing auch er langsam an, an meinem Verstand zu zweifeln.
»Ich glaube, ich habe meinen Ohrring verloren.«
»Du hattest doch gar keine Ohrringe.«
»Doch, doch«, beharrte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, ganz bestimmt nicht. Außerdem hättest du doch noch einen im Ohr, wenn’s so wäre. Oder hast du beide gleichzeitig verloren?«
Ob Dr. Nix schon weg war? »Tja, komisch. Ich hab mir eingebildet, ich hätte heute … Ach, ich schau noch mal unter dem Sitz nach.«
Sascha gab es auf, mich überzeugen zu wollen. Ich tastete sinnlos weiter am Boden des Autos herum.
Im Restaurant wurden wir an einen winzigen Tisch geführt. Ob darauf überhaupt zwei Teller Platz hatten?
»Ich liebe indisches Essen«, meinte Sascha, während er sich den Stuhl heranzog.
Zur Bestätigung nickte ich lächelnd.
Der Kellner brachte uns die Speisekarten und fragte, was wir trinken wollten. Ich bestellte eine Cola light, Sascha alkoholfreies Bier.
»Was machst du eigentlich beruflich?«, wollte Sascha wissen.
»Ich arbeite in einer Buchhandlung.«
»Buchhandlung? Das muss schön sein. Ich liebe Bücher.«
»So, so.« Ob er das nur aus Höflichkeit sagte?
»Und welche Art von Büchern magst du besonders?«
Er zuckte die Schultern. »Ich bin da nicht so festgelegt. Biografien lese ich gerne. Aber auch Thriller und Romane mit Helden, die auf der Suche nach sich selbst sind.« Er grinste.
»Was ist dein Lieblingsbuch?«, hakte ich nach. Ich gebe zu, dass ich den Verdacht hatte, er würde flunkern. Außer dem hatte ich irgendwo mal gelesen, dass Männer ger ne irgendwelche Interessen und Leidenschaften erfanden, damit sie bei der Frau landen konnten. Und war ich mit Christoph nicht ein gebranntes Kind? Er hatte mich, was seinen Musikgeschmack betraf, damals auch ange logen.
»Ich habe nicht nur ein Lieblingsbuch. Es gibt mehrere, die sich aber nur schwer miteinander vergleichen lassen.«
»Zum Beispiel?«
Er sah mich an und grinste überlegen. »Du glaubst, ich erfinde das?«
»Was? Nee.«
»Du glaubst, ich behaupte, ich lese gern, und habe keine Ahnung von Literatur.«
»So wie du das sagst, klingt es doch etwas hart.«
»Ach, wirklich?« Er hörte sich nicht verärgert an, eher amüsiert. Was mich, offen gestanden, faszinierte – ich wäre an seiner Stelle stinksauer
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