Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam
seltsamer Kommentar meinerseits, aber er hatte schließlich recht. Eigentlich konnte ich sogar froh sein, dass er nicht fragte. Ich hätte ihm ungern die Geschichte mit der Neuen erzählt.
»Hast du Kinder?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Warum nicht?«
Die Frage kam völlig überraschend. Zuerst wusste ich nicht, wie ich darauf reagieren sollte, dann entschloss ich mich für die Wahrheit: »Es war Christoph und mir nicht so wichtig. Eigentlich wollten wir mal Kinder, haben das aber immer wieder verschoben.«
»Bereust du es?« Sascha sah mir direkt in die Augen.
Etwas unbeholfen rührte ich in meinem Cocktail herum. »Im Grunde nicht, nein. Es muss ja nicht jede Frau die durchschnittlichen 1,3 Kinder bekommen.«
Sascha grinste und nickte. »Das wäre in der Tat schwierig.«
»Vielleicht …«, fing ich an, traute mich aber nicht, den Satz zu Ende zu bringen.
»Ja?«
»Vielleicht wollte ich nur mit Christoph kein Kind. Das soll nicht nach einer Ausrede klingen, aber Christoph war ganz und gar nicht der Typ für Kinder.« Ich zuckte die Schultern. »Wenn ich mit einem anderen Mann zusammen gewesen wäre oder wenn ich noch mal jemanden … Na ja, mit vierzig ist das so eine Sache. Außerdem braucht man auch eine gewisse Anlaufzeit, bis man überhaupt merkt, ob der Mann infrage kommt.« Ich schüttelte verwirrt den Kopf. »Ist alles nicht so einfach.«
Sascha nickte wieder leicht, sagte aber nichts.
»Willst du denn mal Kinder?«, fragte ich.
»Ja, aber nur eins.«
Wir sprachen eine Weile darüber, welche Vor- und Nach teile es nach sich zog, ein Einzelkind zu sein.
Beim Bezahlen setzte ich mich durch, weil ich entschieden sagte: »Das geht auf mich.« Er hatte schon das Essen bezahlt, und ich wollte nicht, dass er auch noch die Drinks übernahm.
»Du hältst mich für einen armen Studenten«, sagte er, während ich das Restgeld in mein Portemonnaie steckte.
»Jedenfalls halte ich dich für einen charmanten Kerl, klug und interessant.«
In nüchternem Zustand hätte ich so etwas niemals gesagt. Ich weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hatte. Der Teufel hieß wahrscheinlich Alkohol. Man sollte halt nicht trinken, wenn man nichts vertrug.
Als wir aus dem Laden gingen, winkten wir ein Taxi heran. Sascha wollte sein Pizzaauto am nächsten Tag abholen. Erst fuhren wir zu mir. Das Taxi hielt vor dem Haus, und Sascha gab mir einen Kuss auf die Wange. Wieder dieser kurze Schweißausbruch. Ich stieg aus und sah, wie er mir nachblickte. Mein Gott, sah er gut aus. Es fiel mir immer wieder von Neuem auf.
Annett räumte gerade die Küche auf, als ich kam. Sie ging von allen immer als Letzte schlafen und bezeichnete sich selbst als nachtaktiv, wie ein Nagetier.
»Scheint ja ein netter Abend gewesen zu sein. Warst lange weg.«
Ich zog mir Mantel und Schuhe aus. »Ja«, meinte ich zufrieden. Hoffentlich wollte sie jetzt nicht darüber reden. »Schlafen die beiden anderen schon?«
»Louise ist früh ins Bett, und Olivia ist unterwegs. Sie sammelt Fakten für ihr Buch, hat sie gesagt. Heute setzt sie sich in den Wartebereich der Notaufnahme und erzählt den Leuten, sie hätte einen Chip im Kopf, der verrutscht ist. Sie will die Fragen und die Reaktion der Leute testen.«
»Irgendwann wird sie zusammengeschlagen oder eingewiesen.«
»Hast du ihr Manuskript schon gelesen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich schiebe es vor mir her.«
»Das kann ich verstehen.« Annett trocknete die Teller ab und räumte sie in den Hängeschrank. »Na, sag schon. Wie war’s?«
»Es war ein wirklich schöner Abend. Ich mag ihn. Hoffentlich ist er kein Lügner wie Christoph.«
»Er ist ein Mann, Schätzchen. Natürlich ist er ein Lügner. Hab mal gelesen, dass das noch ein Relikt aus der Höhlenzeit ist. Hab aber vergessen, warum.« Sie machte die Tür des Hängeschranks zu und griff nach einer Schachtel Schwarz-Konfekt. »Marzipanherz?«
»Ja, Mauseschwänzchen?« Ich kicherte. Tja, ich hatte eben einen sitzen, aber Annett schien es nicht zu merken.
Zuerst begriff sie den Witz nicht, dann lachte sie los und hielt mir die Packung unter die Nase. »Na los, greif zu.«
Ich senkte den Blick zur Schachtel. »Wenn ich so weitermache, dann sehe ich bald aus wie … Äh …«
»Wie ich?«
»Äh was?«
»Lieber was auf den Rippen, aber dafür auch was zwischen den Zähnen, sag ich immer.«
Ich nahm mir ein Herz und biss hinein. »Pistazie.«
»Oh, das sind die schlimmsten.« Sie griff nun ebenfalls in die Packung, brach ein
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