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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arnold
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Annett mampfte sich durch die verschiedenen Speisen, während sie sich angeregt mit Dr. Nix unterhielt.
    Es klingelte.
    Ich sah zu Antje. Sie lächelte spitzbübisch. »Ist eine Über raschung.«
    »Eine Überraschung? Aber du weißt doch, dass ich Über raschungen hasse.«
    Sie machte ein fröhliches Gesicht. »Ach, komm schon. Eine kleine Überraschung muss schon sein, oder?« Sie lachte. »Ich bin ja so gespannt auf deine Reaktion.«
    »Ach ja?«
    Sie lachte wieder.
    Mir sprang beinahe das Herz aus der Brust. Sie war hoffentlich nicht verrückt genug, Christoph einzuladen? Bei dem Gedanken wurde mir ganz anders. Wie würde das aussehen? Ich würde mich blamieren bis auf die Knochen! Christoph war wirklich die letzte Person, die ich hier haben wollte. Aber ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass er die Einladung annehmen würde. Zumal er mir regelrecht aus dem Weg ging und immer wieder unter Beweis stellte, wie wenig ihm daran lag, mich zu sehen.
    Antje ging aus dem Wohnzimmer in die Diele, und ich lief ihr hinterher. Es klingelte erneut. In mir stieg Panik auf. Antje wollte gerade den Arm ausstrecken, um die Tür zu öffnen, da packte ich sie an der Schulter. »Antje! Du hast doch wohl nicht Christoph eingeladen, oder?«
    »Spinnst du? Ich lad doch nicht Christoph ein! Für wie beschränkt hältst du mich eigentlich?«
    Gerade, als ich so hinter Antje stand und erleichtert aufatmete, öffnete sie die Tür. Rückwirkend betrachtet passierte das in Zeitlupentempo.
    Da stand er. Zuerst erkannte ich ihn überhaupt nicht. Ich blickte in sein Gesicht und wusste, dass ich es kannte, aber ich brauchte ein paar Sekunden. Meine Gedanken fuhren Achterbahn, und ich glaube, ich wurde knallrot im Gesicht. Als mir schließlich dämmerte, wer da vor mir stand, bekam ich eine Art sekundenlangen Schwächeanfall. Ich konnte mich kaum mehr bewegen.

18
    W ir starrten uns an. Antje nahm ich gar nicht mehr wahr. Irgendjemand sollte jetzt etwas sagen, dachte ich.
    Also machte ich den Anfang: »Socke?«
    Er lächelte, kaum merklich. »So hat mich seit über zwanzig Jahren niemand mehr genannt.« Seine Stimme hatte sich verändert, war ein wenig tiefer geworden. Ich hatte seine Stimme so gemocht, weil sie einen schönen Klang hatte, weder zu tief noch zu hoch.
    Antje bat ihn herein, und er zog seine Jacke aus. Ich beobachtete ihn.
    Natürlich hatte er sich verändert. Ich rechnete nach. Vierzig war ich jetzt, mit siebzehn hatte ich Schluss gemacht, davor waren wir zwei Jahre zusammen gewesen. Also hatten wir uns seit dreiundzwanzig Jahren nicht mehr gesehen. Ein klein wenig hatte die Zeit in unseren Gesichtern ihre Spuren hinterlassen. Obwohl ich ganz ehrlich sagen muss, dass ich nie richtig hübsch war. Im Grunde sah ich aus wie Millionen anderer Frauen, einfach Durchschnitt. Für Socke hatte das nicht zugetroffen. Er hatte richtig gut ausgesehen. Ich hatte nicht verstanden, warum er ausgerech net mit mir zusammen sein wollte, nicht etwa mit Fiona Ziegenhagen. Der Nachname täuschte; sie hatte irre gut ausgesehen. Tolle Figur und ein Gesicht wie gemalt. Dass Socke mich beobachtete, war mir schon im Schulhof aufgefallen, aber ich dachte, ich würde ihn an irgendjemanden erinnern. Wenn man so ein winziges Selbstbewusstsein hatte wie ich, konnte man sich nicht vorstellen, dass man jemandem gefiel. Eines Tages kam ich später als sonst aus dem Schulgebäude, weil ich nachsitzen musste. An der Ecke saß Socke auf dem Fahrrad und sagte einfach: »Hast du Lust, mal ins Mäcki zu gehen?«
    »Mit dir?« Blöde Frage, ich weiß.
    Er nickte.
    »Äh, ja, glaub schon.« Das Gute an der Pubertät ist, dass alle sich bescheuert benehmen und Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl haben, also fällt es grundsätzlich nicht so auf, wenn man sich zum Affen macht.
    »Okay.« Er zuckte die Schultern und tat ganz cool. »Mor gen um vier im Mäcki am Nordbad?«
    Ich nickte und lächelte dümmlich. Immer wieder hatte ich vor dem Spiegel versucht, verwegen und geheimnisvoll zu lächeln, aber ich bekam das nie hin. Ich konnte nur aus vollem Hals lachen, breit grinsen oder dümmlich lächeln. Verwegen wie Lauren Bacall war bei mir nicht drin.
    In dieser Nacht hatte ich keine einzige Sekunde geschlafen. Ich würde mich mit einem Jungen treffen, einem gut aussehenden Jungen! Eigentlich hatte ich mich schon mit dem Gedanken angefreundet, einen zweiten Quasimodo meine erste Liebe zu nennen. Aber in dieser Nacht schloss sich das Kapitel Kindheit vor meinem inneren

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