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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arnold
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wechselt ihre Liebhaber wie andere ihre Socken.«
    »Nicht schlecht«, sagte ich freundlich, »aber ich finde, wir sollten etwas behutsamer vorgehen. Schließlich wird der arme Mann aus allen Wolken fallen.«
    »Ja, aber wie?«, fragte Olivia.
    »Uns wird schon noch etwas einfallen, wartet.« Ich biss mir auf die Unterlippe und dachte nach.
    Olivia klopfte nervös mit den Fingern auf die Tischplatte, dann fragte sie mich: »Kann es sein, dass du dich irgendwie ein bisschen zu sehr mit Stefan identifizierst?«
    »Das kann schon sein, Olivia. Aber es ist doch nicht richtig, dass ein Mensch einem anderen so etwas antut, und alle anderen wissen es und schauen weg.«
    »Aber ist das nicht eine Privatangelegenheit?«
    »Jetzt hör schon auf«, rief Louise, »und mach lieber konstruktive Vorschläge, ja?«
    »Na gut, Robin Hood, dann leg mal los.«
    Wir feilten eine ganze Weile an dem Briefchen herum, strichen Worte und stellten Sätze um, bis wir mit dem Resultat zufrieden waren. Olivia las laut vor:
    Lieber Stefan,
    ich schreibe dir diese Zeilen nach langer Überlegung. Du scheinst ein netter Kerl zu sein. Ich schreibe dir diesen Brief, um dir zu sagen: Mach lieber bald deine verliebten Augen auf und nimm die rosarote Brille ab! Auch wenn es dir schwerfallen wird, dies zu akzeptieren, aber deine Frau betrügt dich in deinem eigenen Haus – und das nicht nur ein Mal! Du kannst diesen Brief in den Müll werfen und weitermachen, als sei nichts passiert. Oder aber du nimmst diesen Brief ernst. Ich habe nichts davon, dich zu warnen, aber es tut mir sehr leid, dass ein rechtschaffener Mensch wie du so behandelt wird. Alles Weitere liegt bei dir!
    Ein anonymer Freund
    »Ein anonymer Freund lässt darauf schließen, dass es ein Mann ist; also werden wir gar nicht erst verdächtigt werden. Das ist genial«, rief Olivia begeistert.
    »Na ja, genial ist vielleicht einen Tick übertrieben«, meinte Louise nüchtern, »aber es ist ganz gut, ja.«
    Ich sah bei der Sache noch ein Problem. »Die Frage ist nur: Wann werfen wir das Briefchen ein? Sie sollte nicht zu Hause sein, und er sollte derjenige sein, der zum Briefkasten geht. Ist gar nicht so einfach.«
    Louise schüttelte den Kopf. »Das ist überhaupt kein Problem. Samstagmittag geht sie immer zum Wellness, und er kommt am frühen Nachmittag nach Hause. Er sieht grundsätzlich immer in den Briefkasten. Ich übernehme das.«
    Ich sah sie belustigt an. »Du kennst die Tagesabläufe der beiden ja recht gut.«
    »Och, ja.«
    Olivia dachte ein paar Sekunden nach. »Okay. Du hast den Brief geschrieben und wirfst ihn jetzt auch ein. Im Grunde hast du die ganze Arbeit gemacht.«
    »Na und? Stefan scheint in Ordnung zu sein, und er wird eine bessere Frau finden.«
    Olivia schloss für einen Moment die Augen. »Findest du nicht, wir spielen hier Gott?«
    »Nein«, rief Louise, wir haben ihm das Leben gerettet.«
    Olivia verdrehte die Augen. »Nun übertreibst du aber.«
    Es war kalt, und ich hatte keine Lust, zwanzig bis fünfundzwanzig Minuten zu Fuß zu meinen Eltern zu gehen. Also nahm ich den Bus. Ich hatte mich gerade an einen Fensterplatz gesetzt, als mein Handy klingelte. Ein Blick aufs Display: Christoph . Verdammt. Gerade jetzt. In dem halbvollen Bus, wo die anderen jedes Wort mithörten.
    »Hallo?«, flüsterte ich.
    »Hallo? Lyn? Kannst du etwas lauter sprechen?«
    »Nein, ich sitze gerade im Bus.«
    »Ach so. Nun, ich wollte dir eigentlich nur zum Geburts tag gratulieren. Also, alles Gute.«
    »Danke.«
    »Bitte.«
    Schweigen. Schließlich meinte Christoph: »Mach dir einen schönen Tag. Ich denke an dich.«
    »Aha.«
    »Na dann, tschüs.« Er beendete das Gespräch und ließ mich verwirrt zurück.
    Offensichtlich wollte er das Gespräch einfach nur abhaken und so schnell wie möglich hinter sich bringen. Aber was sollte der letzte Satz? Früher hatte er das manchmal gesagt, aber jetzt passte es irgendwie überhaupt nicht.
    Als ich aus dem Bus stieg, taten das auch noch ein paar andere Leute, und einer von ihnen tippte mir auf die Schulter. Ich war noch in Gedanken bei Christoph und seinem komischen Anruf, deshalb reagierte ich nicht sofort. Die Finger tippten nun fester und schneller. Schultertippen war etwas, das ich überhaupt nicht leiden konnte. Es hatte so etwas Penetrantes. Konnte der andere nicht einfach etwas sagen? Stattdessen tippte jemand mit seinen Knubbelfingern an mir herum.
    Ich drehte mich um. Sieglinde.
    »Grüß dich, hallo«, meinte sie strahlend.

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