Ohne Skrupel
und die sie dann eigenartigerweise
unglaublich genossen hatte. Aber sie war nicht stolz darauf und hätte nie im
Leben jemandem freiwillig davon erzählt. Dies war nichts, womit man sich
brüsten wollte.
Es war blanke Rache für
eine Sache, die über 29 Jahre zurücklag und unmittelbar den ältesten Sohn
Joseph Malingers betraf. Rache dieser Art war zwar emotional kurzzeitig
befriedigend, aber rational gesehen brachte sie rein gar nichts. Nur innere
Leere! Andreas forderte den Job als Bezahlung.... Elisabeth Drager hatte sich
damals auf den Handel eingelassen.
Aber fachlich hatte
Andreas Hildebrandt bei Malinger sehr gute Arbeit geleistet. Er war brillant
und hatte einen unglaublich tiefen Einblick in den kleinsten arbeitstechnischen
Prozess und rationalisierte und verbesserte unaufhörlich. Trotzdem mochte sie
ihn nicht. Sie konnte es aber nicht erklären. Elisabeth hatte ihr
Verwandtschaftsverhältnis zu Andreas Hildebrandt niemandem erzählt. Auch Joseph
Malinger nicht. Sie fand, gewisse Dinge gingen einfach niemanden etwas an und
taten nichts zur Sache. Dazu gehörte alles Private, wie z. B. ihre sexuelle
Neigung zu Frauen, ihre durchaus verkorksten Verwandtschaftsverhältnisse
väterlicherseits und ihre Vergangenheit in der Ex-DDR. Andreas Hildebrandt
gehörte gleich in zwei dieser „privaten“ Kategorien und damit ging es schon per
Definition niemanden etwas an, wie sie zum ihm stand.
Warum sollte sie auch
erwähnen, dass sie selbst wie auch ihr Cousin Andreas jeweils ranghohe Stabs
Offiziere bei der Staatssicherheit der DDR, der Stasi waren...
7. Mai 2010,
München, Krankenhaus Schwabing, nach 22:00Uhr
JP wollte unbedingt wissen, wie die
Firma Malinger den Totalausfall des zentralen Rechenzentrums in München
überstanden hatte – wer, was und wie in Stand setzen oder zum Laufen bringen
konnte. Seine Mannschaft war ja dazu nicht in der Lage. Die Kollegen in
Schottland und Spanien waren im Tagesgeschäft mit ganz anderen Aufgaben betraut
und JP konnte sich nur schwer vorstellen, dass ihre fachliche Kompetenz ausreichte,
um die deutsche IT-Zentrale wieder vollständig zum Laufen zu bringen. Er selbst
war ja offiziell noch immer im Wachkoma und deshalb hackte er sich immer erst
sehr spät abends in die Malinger IT-Systeme, um ein bisschen „gute Fee“ zu
spielen und gelegentlich auszuhelfen. Er hatte so den schottischen und
spanischen Kollegen zu manchem „Wunder“ verholfen, indem ganz plötzlich Systeme
funktionierten, die vorher nicht so recht wollten. Er hoffte allerdings
inständig, dass er damit unbemerkt bleiben würde, da sonst seine Tarnung
aufgeflogen wäre.
Auch Cousin Mosche
Heiligenschein schaffte es bis jetzt, innerhalb der IT-Welt von Malinger
unbemerkt zu schnüffeln. Auch er benutzte die Zugriffscodes von JP. Mosche war
komplett mit dem Knacken von Franz Korbers „Hochsicherheitsspeicher“
beschäftigt. Seine Fortschritte waren enorm: Auf einer Entfernungslinie von der
Erde bis zur Sonne war er etwa in der achten Etage eines 20 stöckigen
Hochhauses. Kurz: Mosche kam fast nicht voran. Franz hatte gute Arbeit geleistet
und sein eigenes Fort Knox eingerichtet. Mosche hatte allerdings gleich zu
Anfang seiner Recherche den gesamten, einige Terabytes umfassenden Datenbestand
von Franz´ Archiv auf seine eigenen Computer transferiert und konnte somit
völlig unabhängig von den Malinger IT-Systemen weiterhin am Knacken der
Zugangscodes arbeiten. Damit bewegte er sich nicht immer innerhalb der Malinger
IT-Systeme und fiel somit nicht weiter auf.
Es war gerade 22:49 Uhr
als JP eine dieser kryptischen E-Mail-Adressen von Yahoo in seiner
Eingangs-Mailbox sah. Das konnte nur von FATBOY sein. FATBOY war immer so
unglaublich herzlich in seinem Schreibstil und seine begleitenden Zeilen waren
immer so derart ausschweifend in Details und Formulierungen: „JP, see
attachm. ! FB“ (JP, siehe Anhang, FATBOY). Im Anhang war das Dossier von Dr.
Ian McGregor, Finanzchef des Malinger Autoteile Konzerns. Das Dossier umfasste
178 Seiten und war eine der interessantesten „Gute-Nacht-Geschichten“, die JP
in letzter Zeit zu lesen bekommen hatte. Er studierte jede Seite sorgfältig und
war um 2:30 Uhr mit dem Lesen immer noch nicht fertig. Es war nicht die Art
Literatur, die ein einfaches und rasches Einschlafen förderte. Jedenfalls
inspirierte der Inhalt JP zu einer sehr ausführlichen Dankesmail an FATBOY. Er
bediente sich genauso dieses überschwänglichen Schreibstiles und seine
begleitende
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