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Ohne Skrupel

Ohne Skrupel

Titel: Ohne Skrupel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Simoner
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Der besondere Charme lag in der kleinen und
regelmäßigen Vorgehensweise.
    Die Gauner waren also
sehr vorsichtig. JP war einerseits entsetzt, gleichzeitig aber von seinem
Freund Babtiste fast schon infiziert von der unverhohlenen Bewunderung für
dieses Bravourstück einer ausgeklügelten Gaunerei. Und irgendwie fand er zuerst
den Betrug am Staat gar nicht so schlimm. Steuerhinterziehung und unterschlagene
Sozialabgaben fielen für irgendwie in die Kategorie „Kavaliersdelikt“ und nicht
vordergründig in den Bereich Verbrechen..
    Aber je mehr JP darüber
nachdachte – und das tat er für den Rest der Nacht, denn schlafen konnte er nun
definitiv nicht mehr –, umso mehr wurde ihm bewusst, dass dies ganz und gar
kein Kavaliersdelikt war! Er konnte und würde diese Unterschlagung nicht
akzeptieren oder tolerieren. Seine gesamten Ethik- und Moralvorstellungen
sträubten sich gegen derartige Machenschaften. Er loggte sich über sein Virtual
Private Network direkt in die Firmenrechner von Malinger ein und begann bis
zum Morgengrauen intensiv zu suchen. Denn, wenn man wusste, wonach man suchte,
dann wurde man sehr schnell fündig. Bei dieser Gelegenheit fiel ihm auf, dass
in den Niederlassungen in Polen eine sehr große Menge an Leiharbeitern für die
Produktion immer von derselben Leihfirma angemietet wurden. Dies machte ihn
sogleich misstrauisch, aber dieser Sache würde er zu einem späteren Zeitpunkt
auf den Grund gehen müssen. Im Moment hatte er mit dem Nachweis des
Sozialabgabenbetrugs erst mal genug zu tun. Trotz der späten Stunde und der
steigenden Müdigkeit, wurden JPs Augen immer größer, als er das gesamte Ausmaß
dieses Betrugs aufaddierte. Zu guter Letzt legte er diverse Archive, verteilt
auf verschiedene Provider im WWW, an. Vorsicht ist die Mutter aller
Porzellankisten und man konnte nie genug Sicherungskopien angelegt haben.
    JP war sich vollkommen
unschlüssig, wie oder an wen er diese Manipulationen melden sollte. In solchen
Dingen war er, wie es wohl jeder andere Mitarbeiter auch wäre, extrem
unerfahren und ratlos. Er überlegte, die einzelnen Webadressen anonym an die
Wirtschaftspresse zu schicken. Dann verwarf er den Gedanken und dachte darüber
nach, die Polizei zu verständigen. Aber er kam mit seinen Überlegungen nicht so
recht weiter. War dies Wirtschaftskriminalität? Organisiertes Verbrechen? Wer
ahndet Steuerhinterziehung? Wer verfolgt Unterschlagung von Sozialabgaben oder
Krankenkassengeldern? Macht das die Polizei oder der Zoll? Wie verfährt man mit
internationalen Konzernen? In welche Gerichtsbarkeit fallen ausländische
Tochtergesellschaften? Naheliegend wäre gewesen, Herrn Joseph Malinger zu
informieren, aber wer konnte wissen, ob dies mit oder ohne sein Einverständnis
gemacht wurde? Obwohl: Joseph Malinger war so vermögend, dass er sicher nicht
dieses Risiko für vergleichsweise kleine Beträge eingegangen wäre. Aber er weiß
– die Gier geht oft unergründliche Wege...
    Für heute war dies genug
der Aufregung! So begnügte sich JP damit, alles fein säuberlich auf seine
diversen Archive im Web zu verteilen und sich zu einem späteren Zeitpunkt
Gedanken darüber zu machen, wen dies alles interessieren könnte. Vielleicht
auch, wie er selbst ein bisschen Nutzen für sich daraus ziehen könnte.

Samstag, 8. Mai 2010 , Krankenhaus Schwabing
     
    Ein Samstag unterschied sich im
Krankenhaus Schwabing nicht wesentlich von einem anderen Wochentag. Das Essen
war auch da eher bescheiden, die Pfleger freundlich und die gute Laune und das
Pfeifen von Hauptkommissar Holzner am frühen Morgen eine Herausforderung für
die emotionale Selbstkontrolle. Die Belegung durch die Ärzte war allerdings auf
das Minimum reduziert und die Visiten am Krankenbett erfolgten eher sporadisch,
wenn überhaupt. Nicht so bei JP! Er war ganz sicher kein schwer verletzter
Patient auf einer Intensivstation und sein gesundheitlicher Zustand war soweit
fortgeschritten, dass er schon Überlegungen anstellte, vielleicht nächste Woche
das Krankenhaus verlassen zu dürfen.
    Dennoch: Um Punkt 8:00
Uhr bekam er seine erste Visite. „Herr Holzner, würden sie so freundlich sein
und die Schwester und mich meine Visite bei Herrn Santa Cruz machen lassen?“,
meldete sich eine freundliche Stimme. „Ach, die Frau Doktor Gruber! Guten
Morgen! Haben Sie ihre Dienstpläne getauscht? Die Schwestern sagten gestern,
dass Sie dieses Wochenende frei haben. Dieser Raum“, Holzner deutete
unverhohlen auf JP, „scheint eine

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