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Ohne Skrupel

Ohne Skrupel

Titel: Ohne Skrupel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Simoner
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gesehen, „die Kälte des gesamten Universums und die böse
Leere“! Genau das konnte sie in diesen Augen sehen. Die Neugier war befriedigt,
die Angst bestätigt.
    Es war ein eigenartiger
Termin bei diesem Anwalt: Sie, ihre beiden Töchter und Dr. Dolcon saßen dem
gegnerischen Anwalt gegenüber und besprachen den neuen Kaufvertrag. Die
bisherigen Partner von Fiodr waren zuerst nicht anwesend. Keiner! Beim
Unterzeichnen der Verträge bestand die Witwe Youl darauf, dass auch zumindest 1
Ex-Partner ihres Mannes zusammen mit ihr unterzeichnen sollte – sie hatte „Doc
Oberst“ bei ihrer Ankunft in einem Nebenraum sitzen und telefonieren sehen.
Dann wurde das Geld aus einer Art Sporttasche auf den Tisch gelegt. Dr. Dolcon
zählte nach und sie und ihre beiden Töchter quittierten den Empfang. Mit
offensichtlichem Unwillen kam „Doc Oberst“ ins Büro, grüßte kaum und
unterzeichnete wortlos seinen Teil der Kaufverträge. Als alles ordnungsgemäß
und von allen Parteien unterschrieben war, bemerkte Dr. Dolcon, dass der
Geldbote seiner Bank mit dem gepanzerten Fahrzeug unten vor der Kanzlei wartete
und nun das Bargeld abholen wollte. Dabei konnte die Witwe den kalten Blick von
Doc Oberst sehen und verstand ...!
    Kälte und Leere! Vielleicht
aber auch gewaltiger Zorn. Ihr Fiodr hätte diese Augen nicht treffender
beschreiben können! Dieser böse Blick würde sie noch monatelang verfolgen und
sie sah nur einen Ausweg, um sich irgendwie davon zu befreien: Räumliche
Distanz! Sie musste weg aus diesem Land, heute noch! Das Geld wurde inzwischen
in ihr Schließfach in der Bank gebracht – Dr. Dolcon erledigte das, zusammen
mit ihren Töchtern – und Sie würde nun auf direktem Wege ihre Schwester in Wien
besuchen fahren.
    Den blauen Ordner mit Fiodrs
Beweisen über „Doc Oberst“ und seine Partner hatte sie bereits in ihrem Auto.
Sorgfältig verpackt als Paket, das sie heute noch per Post, direkt an die
Abteilung Wirtschaftskriminalität schicken würde. Den Namen des richtigen
Ansprechpartners hatte ihr ein Verwandter mittlerweile ermittelt. Ein Frösteln
durchlief ihren Körper!
    Kälte, Leere und Zorn
funkelten sie in ihren Gedanken aus blauen Augen an, als sie am Postschalter
stand und ihr Paket per Einschreiben Express verschickte.
     
    ***
     
    Freitagabende hatte JP immer gemocht.
Sie waren der fast schon „rituelle“ Auftakt für zwei Tage Freizeit. Am
Wochenende vielleicht ein bisschen länger schlafen, vielleicht ein bisschen
fischen gehen oder vielleicht mit Freunden was unternehmen. Hier im Krankenhaus
Schwabing war dem nicht so. Es war im Prinzip immer der gleiche Trott –
wochentags wie am Wochenende. Der einzige Vorteil war, dass JP inzwischen
problemlos aufstehen, ein bisschen spazieren gehen und sich zu diversen
Polizisten und Ermittlern in den Nachbarräumen setzen durfte.
    Aber er durfte seinen
abgegrenzten Flurbereich leider nicht verlassen – Gefahr eines Anschlages – und
das hatte er sich selbst zuzuschreiben. Die Polizei wäre nicht auf diese Idee
gekommen, dass sein Leben womöglich gefährdet sei, das war auf seinen eigenen
Mist gewachsen. Seine Coverstory war inzwischen, auch nach Außen, abgemildert
worden und nun war er offiziell „über den Berg und auf dem Weg der Besserung“.
    Sein iPhone, das er immer
auf stumm geschaltet hatte, vibrierte. Die Rufnummer wurde unterdrückt. Das
konnte nur FATBOY sein und so ging JP ans Telefon. „Hallo Herr Santa Cruz! Dr.
Elisabeth Drager hier”, säuselte ihm eine wohlbekannte Stimme ins Ohr. JP war
so dermaßen erschrocken, dass er beinahe sein Telefon fallen ließ. „Ich habe
gehört, Ihnen geht es inzwischen ein bisschen besser, schön, dass Sie Ihr
Telefon einschalten dürfen, ich hoffe ich störe nicht? Wie geht es Ihnen, Herr
Santa Cruz? In welchem Krankenhaus sind Sie denn? Noch im Schwabinger? Welche
Station, welche Zimmernummer? Darf man Sie besuchen kommen?“ JP war völlig
überrumpelt. „Frau Dr. Drager! Was für eine freudige Überraschung. Ja, ich bin
inzwischen über den Berg, aber noch sehr schwach und bettlägerig. Schläuche und
Gips überall. Danke, dass Sie anrufen. Ui, ui, jetzt muss ich aber leider
Schluss machen, ich darf nämlich hier im Krankenzimmer nicht telefonieren und
die Schwester kommt gerade zur Tür herein und schaut ganz böse. Ich melde mich
nächste Woche mal bei Ihnen. Schönes Wochenende, Dr. Drager!“
    Und schon hatte er das
Gespräch unterbrochen und sein Handy ausgeschaltet. Uiuiui, das war

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