Ohne Skrupel
Es zog sich
alles endlos hin und erst um 19:17 Uhr begann Tozzi endlich seine herumliegende
„Tarnung“ aufzuräumen, um dann mit seiner Beute hastig die Firma zu verlassen.
Dies war nun die Stunde für die Polizisten, die Verfolgung vorzubereiten. JP
bat dabei sein zu dürfen, um eventuell vor Ort noch helfen zu können. Der
Einsatzleiter lehnte dies strikt ab. Dies sei ausschließlich Sache der Polizei
und nichts für Zivilpersonen.
JP zog Herrn Malinger
Senior diskret zur Seite und redete mit gedämpfter Stimme auf ihn ein. Dr.
Drager beobachtete ihr Gespräch aus der Ferne mit großer Neugier. Der alte Mann
verstand sofort und machte ein kurzes Telefonat mit seinem Freund dem Polizeipräsidenten.
Dann klingelte das Telefon beim Einsatzleiter der Polizei im Malinger
IT-Container. Dieser stand sofort stramm. Einen derart wichtigen Anruf bekam er
sicher sehr selten. Mürrisch nickte er JP zu, dass dieser nun doch mitkommen
und ihn vom Rücksitz aus mittels Notebook navigieren sollte. JP konnte auch die
roten Punkte beider Sender auf seinem Bildschirm sehen. Hausmeister Tozzi hatte
sich für sein Privatfahrzeug auf dem nördlichen Parkplatz entschieden.
10. Januar 2010,
München
Geplant waren drei zivile
Verfolgungsfahrzeuge. Aber das Ganze wurde zum absoluten Desaster: Fahrzeug Nr.
1 sprang nicht an, der Fahrer hatte in der Aufregung das Licht brennen lassen.
Bei der Kälte war somit schnell die Batterie leer. Niemand hatte ein Überbrückungskabel
dabei. Den Zeitverlust konnte man sich nicht leisten. Der Fuhrpark der Firma
Malinger stand zu weit entfernt am anderen Werksgelände. So fuhren die acht
Personen, auf die anderen beiden Fahrzeuge verteilt, los. Es ging Richtung
München Ost. Fahrzeug Nr. 2 fiel schon nach 1,5 km aus. Ein selbstverschuldeter
Auffahrunfall. Weitere Verfolgung war somit unmöglich. Die Überwachung des
roten Punktes auf dem Monitor des Beifahrers und das ständige Telefonieren der
beiden Kollegen auf dem Rücksitz hatten den Fahrer abgelenkt – und Peng! Es war
aber zum Glück niemand verletzt. Nur Blechschaden, aber das Fahrzeug war nicht
mehr einsatzfähig. So blieb nur das Fahrzeug mit dem Einsatzleiter, zwei
Polizisten und JP als „Navigator“.
JP regte an, zumindest auf
Sichtdistanz hinter das verfolgte Fahrzeug von Hausmeister Tozzi heranzufahren.
Der Einsatzleiter, Peter Krauser, wiegelte ihn verärgert ab. „Konzentrieren Sie
sich gefälligst auf Ihren Bildschirm und mischen Sie sich nicht in Dinge, von
denen Sie nichts verstehen! Das GPS-Signal ist auch über große Entfernung
verfolgbar und somit werden wir nicht entdeckt.“ Tozzi fuhr offensichtlich in
den Ortsteil Neuperlach, ein Stadtviertel mit sehr vielen Hochhäusern. JP wurde
nervös und mahnte nochmals an, bitte näher an das Fahrzeug heranzufahren. Wie
sollte man sonst wissen, in welches Haus Herr Tozzi womöglich ginge. Wieder
eine unmissverständliche Abfuhr von Peter Krauser, einhergehend mit Mundverbot
für JP. Um 20:01 Uhr blieb der rote Punkt auf JPs Monitor plötzlich stehen. Ein
paar Minuten später traf das zivile Fahrzeug mit den drei Beamten und JP an
dieser Stelle ein. Tozzi hatte eingeparkt. Die Straßen waren menschenleer. Nahe
Tozzis Auto waren sechs Hochhäuser, leicht zu Fuß und innerhalb des
Zeitfensters bis zum Eintreffen der Beamten erreichbar. Jedes Hochhaus hatte
mindestens zehn Etagen mit mindestens 16 Wohnungen pro Etage. Das waren grob
kalkuliert gut 960 mögliche Wohnungen, in denen sich Tozzi und sein
Auftraggeber „La Pulcinella“ aufhalten konnten.
Na Bravo!
Ein Hoch auf dieses
Ermittlerteam!
Tozzi war verschwunden.
Peter Krauser war ratlos und überfordert. Er hatte nicht den geringsten Plan,
wo oder wie er anfangen sollte. Er erwog eine Hundertschaft Polizisten
anzufordern und das Gelände großflächig abzuriegeln. Er diskutierte erregt mit
den beiden Kollegen, während sich JP an sein Laptop setzte und ein paar
schnelle Kommandos eingab. Wenn Tozzi sein Firmenhandy dabei und eingeschaltet
hatte, dann könnte es funktionieren. Das Glück war auf JPs Seite. Er
lokalisierte das Handy in dem Haus rechts von ihnen, wahrscheinlich in der
obersten Etage, am Ende des Flurs, rechts. Aber wie sollte er dies diesem
sturen Beamten Krauser vermitteln, ohne seine illegale Software eingestehen zu
müssen.
Aber es war einfach zu
wichtig – er beschloss, einen Frontalangriff zu starten. So stellte er sich vor
die drei Beamten und begann: „Hören Sie Herr Krauser,
Weitere Kostenlose Bücher