Ohnmachtspiele
sprachlosen Frau; damit ihr wenigstens nicht kalt würde.
„Bergmann“, bellte er ins Telefon, „die Liste, die Kovacs mir gestern gegeben hat … Liegt auf dem Schreibtisch … Ist da eine Kfz-Werkstatt Maurer drauf … Gehen Sie ins Branchenverzeichnis!“
Er nahm sich eine Schachtel Zigaretten aus dem Regal, da seine eigenen in der Manteltasche waren.
„Karl?“, sagte er und hustete den Rauch aus, „rufen Sie Is… die Wörner an. Die soll einen Haftbefehl ausstellen … Auf keinen Fall warten Sie … Stellen Sie ein Team von der Wega auf und nehmen Sie ihn fest … Natürlich … Ich rufe in zehn Minuten wieder an, da bin ich in einem Posten … Nehmen Sie das Headset mit … ich will das mitbekommen … Kümmern Sie sich nicht um mich, Bergmann, geben Sie Gas, und passen Sie auf!“
Er legte auf, öffnete die Tür und bat die Besitzerin der Trafik herein, die seinen Mantel nur über den Arm gelegt hatte. Er bezahlte die Zigaretten und verabschiedete sich. Fünf Minuten später drückte er die Tür des Polizeireviers auf, hob seinen Ausweis in die Höhe, ging direkt ins Wachzimmer und nahm sich ein Telefon. Bergmanns Mobilnummer … hatte er natürlich nicht im Kopf. Er wählte die Nummer der Sicherheitsdirektion und ließ sich verbinden. Sirenen, Motorengeräusche, quietschende Reifen – die Operation schien in vollem Gang zu sein.
„Wo sind Sie?“
„Lerchenfelder Gürtel … zehn Minuten noch … Hubschrauber ist auch schon in der Luft …“
„Sehr gut.“ Schäfer versuchte seinen Puls durch konzentriertes Atmen zu beruhigen. „Tragen Sie eine Weste?“
„Hab ich im Auto.“
„Seien Sie vorsichtig und lassen Sie die Jungs von der Wega vor …“
„Sie glauben, dass er auf uns schießt?“
„Wenn Sie nicht schnell genug sind: ziemlich sicher …“
Schäfer zündete sich eine Zigarette an und bat den Beamten, der neben ihm saß und gespannt zuhörte, mit einer Handbewegung um einen Aschenbecher.
„Wo sind Sie jetzt?“
„Jörgerstraße … nehmen Sie die Straßenbahnspur …“
„Es würde uns helfen, wenn wir ihn lebend bekommen …“
„Das müssen Sie mir nicht extra sagen … meine Tötungslust hält sich in Grenzen …“
„Ich weiß schon … nur dass Sie die Jungs unter Kontrolle halten …“
„Wollen Sie mir eigentlich nicht verraten, was Sie in Murau tun?“
„Woher … okay, Festnetz … na gut … ohnehin egal … ich war gestern Nacht bei Holzleitner, dem Schulwart … hat mir gesagt, dass Chlapec aus Murau kommt, jetzt suche ich seine Mutter … vielleicht hat er wieder ihren Namen angenommen.“
„… in der Lienfeldergasse … wollen Sie in der Leitung bleiben?“
„Sicher … ich sage kein Wort.“
Er hörte die Bremsgeräusche, das Schlagen der Autotüren, Gemurmel, Rufe, das war Bruckners Stimme, Laufschritte, die Schnürstiefel der Wega, das Entsichern der Waffen, das Knattern der Rotorblätter, der Hubschrauber war eingetroffen, das Megafon: „Herr Maurer, hier spricht Oberleutnant Bruckner … das Gebäude ist umstellt … kommen Sie mit erhobenen Händen …“
Ein entferntes Krachen, eine Schusssalve.
„Bergmann, was ist da los? … Bergmann!“
Aufgeregtes Geschrei, Kommandos, laufende Stiefel, die Autotür, die Sirene, der Anlasser, quietschende Reifen.
„Er ist durch ein Gartentor auf der Rückseite hinaus … fährt mit einem schwarzen BMW auf der Hernalser Hauptstraße stadtauswärts … die Kollegen in der Neuwaldegger Straße wissen Bescheid … Sie schießen nur im äußersten Notfall, haben Sie mich verstanden? … Der kann uns jetzt nicht mehr entwischen!“
„Bergmann! Reden Sie mit mir?“
„Auch … wir sind an ihm dran … in der Neuwaldegger Straße ist Schluss …“
„Geben Sie ihm Zeit, wenn’s sein muss … machen Sie ihn nicht zu nervös …“
„Ich denke, so wie der fährt, ist er schon mehr als nervös …“
„Schon klar … aber er soll sich keine Kugel in den Kopf jagen …“, meinte Schäfer, der Angst hatte, Maurer könnte ums Leben kommen, ohne dass sie zuvor mit ihm gesprochen hatten.
„Er fährt zu einer Tankstelle … Leutnant?“
Schäfer hielt den Atem an – wie die drei Polizisten, die mittlerweile neben ihm standen. Er hörte Bruckners Stimme aus dem Funk. Zurückhalten. Langsam. Da ist ein Mann im Verkaufsraum. Er hat eine Geisel. Die Scharfschützen sind vor Ort. Drei Männer nehmen im obersten Stock des Wohnhauses gegenüber der Tankstelle ihre Position ein. Jemand muss die
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