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Ohnmachtspiele

Ohnmachtspiele

Titel: Ohnmachtspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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Donawitz nachfragen …“
    „Wenn er vorbestraft war, wird sich schon was finden“, meinte Schäfer und ließ sich Bier nachschenken.
    Bevor Winkler die Nachspeise auftischte, ging Schäfer vors Haus, um mit Bergmann zu telefonieren. Er teilte ihm den Namen von Chlapecs Mutter mit und bat ihn zu versuchen, etwas über dessen Vater herauszufinden. Was es in Wien Neues gäbe. Sie hätten Maurers Werkstatt und die Wohnung durchsucht und dort den Pass des Schweizers gefunden. Wilhelm Reust, achtundzwanzig, geboren in Bern. Sobald sie Zeit dafür hätten, würden sie sich mit den Schweizer Kollegen in Verbindung setzen, um seine Familie ausfindig zu machen. In seinem Fluchtwagen hätten sie außerdem eine Waffe sichergestellt: eine alte Walther, vermutlich eine Wehrmachtspistole. Bingo, das musste die Waffe sein, mit der Irene Chlapec in Budapest ermordet worden war. Ab in die Ballistik damit. Irgendwelche Hinweise auf den Komplizen? Nein, dafür hätten sie jetzt auch nicht wirklich Zeit. Die Medien spielten verrückt, das Feuerwerk an der Tankstelle lief alle zehn Minuten auf irgendeinem Sender. Wildwest-Methoden bei der Wiener Polizei, Verdächtiger stirbt im Kugelhagel, Dauerfeuer trotz höchster Explosionsgefahr. Die würden sich bald wieder beruhigen, meinte Schäfer. Schließlich hätten sie einen der beiden geschnappt; und wenn jemand auf einen Polizisten schießt, kann es schon passieren, dass ein paar Sicherungen fliegen, da braucht sich keiner darüber zu wundern. Bergmann sollte sich keine Vorwürfe machen und lieber ein gutes Glas Wein trinken – das hätte er sich verdient.
    Zum Nachtisch gab es Bratäpfel mit Preiselbeeren und Vanillesauce. Schäfer aß zwei Stück und verlor sich wieder einmal in Hirngespinsten über eine Versetzung aufs Land. Gleich nach dem Essen verabschiedete sich Wirz und versprach Schäfer, am nächsten Tag bei einem ehemaligen Kollegen nachzufragen, ob der etwas über Chlapecs Vater wüsste. Zusammen mit Herrn Winkler räumte Schäfer den Tisch ab. Danach sahen sie sich im Wohnzimmer die Nachrichten an. Mit einem Kloß im Hals und Gänsehaut am ganzen Körper verfolgte Schäfer den Einsatz an der Tankstelle. Wie der Hundert-Kilo-Mann Bruckner durch die Scheibe des Verkaufsraums geschleudert wurde; wie die Polizisten das Feuer eröffneten; alles in Trümmer und Fetzen schossen; Maurer, der wie unter Stromstößen zusammenbrach; sie hatten wirklich komplett die Kontrolle verloren; und obwohl es im Nachhinein ohnehin unmöglich war, festzustellen, wer von ihnen den ersten Schuss abgegeben hatte, würde es eine langwierige interne Ermittlung geben, das stand für Schäfer außer Frage. Die Winklers gingen nach den Nachrichten ins Bett – er solle jedoch bitte so lang aufbleiben und fernsehen, wie er wolle; wenn er Hunger oder Durst hätte, solle er sich bedienen.
    Schäfer wünschte ihnen eine gute Nacht und streckte sich auf der Couch aus. Hoffentlich würden die beiden jetzt keine Albträume haben. Er nahm die Fernbedienung, um nach einem harmlosen Film zu suchen. Leider gab es nur drei Sender, also ließ er eine deutsche Serie laufen, die ihn bald mehr ärgerte als ablenkte. Er hatte aber auch keine Lust, auf sein Zimmer zu gehen und Weberknechte zu zählen. Also ging er in die Küche, nahm eine lokale Zeitung, die auf der Eckbank lag, und blätterte sie durch. Eigentlich sollte er seinen Laptop holen und den Stand der Dinge festhalten. So wie er im Moment arbeitete, waren Fehler unausweichlich. Erster Preis des Fleckviehzüchterverbands … schöne Kuh, da gab es nichts zu bemängeln … der Inspektor, der Frau Winklers Anzeige aufgenommen hatte, war beim Skirennen auf dem Kreischberg Dritter geworden … auf dem Bild in der Zeitung wirkte er viel jünger als in Uniform … die schienen hier tatsächlich noch ein Leben außerhalb des Dienstes zu haben … sollte er Isabelle anrufen? … Vielleicht machte sie sich ja Sorgen … hoffentlich … dann hätte sie aber auch ihn anrufen können … die Nummer seines neuen Handys hatte sie … nicht … aber sie könnte ja Bergmann anrufen … er wusste ihre Nummer ja auch nicht auswendig … nein, er war maulfaul … Einbruch in eine Vereinskantine, Zigaretten und Getränke gestohlen … tausend Euro Schaden waren auch eine Form der heilen Welt … Schäfer legte die Zeitung weg und ging zurück ins Wohnzimmer. Blieb ein paar Minuten vor dem Fernseher stehen, schaltete ihn aus, drehte das Licht ab und stieg die enge Holztreppe zu

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