Ohnmachtspiele
Inspektor.
„Wieso Pralinenschachtel?“, fragte dieser verunsichert und ließ seinen eben noch hochaktiven rechten Arm fallen, „haben Sie mir … habe ich etwas vergessen, das …?“
„Nein“, beruhigte ihn Schäfer, „also, was haben Sie da?“
Schreyer zog den Besucherstuhl heran, setzte sich und breitete den Inhalt der Klarsichtfolie vor ihnen aus. Als Erstes verwies er auf vier kopierte Seiten einer alten Tageszeitung.
„Das ist aus einer Zeitung, die ich aus der Garage der Rudenz mitgenommen habe“, sagte er konzentriert und hob die Hände wie eine Wahrsagerin über der Glaskugel. „Sie war in einer Werkzeugstellage als Unterlage eingelegt … und hier, bei den Anzeigen, ist eine mit Kugelschreiber markiert … da ist der Saab, den Matthias Rudenz gefahren hat, zum Verkauf ausgeschrieben … und die Telefonnummer ist die von der Kfz-Werkstatt Stippl …“ Schreyer atmete tief durch und sah seine Kollegen erwartungsvoll an.
„Sie sind ein Genie“, brachte Schäfer hervor, griff zum Telefon und wählte die Nummer von Staatsanwältin Wörner.
„Ein erwiesener Kontakt zu zwei Opfern dürfte wohl Grund genug sein … Ich versichere Ihnen, dass Sie in diesem Fall mit Rücksichtnahme keine Punkte machen – die Pressekonferenz ist Ihnen bestimmt noch in Erinnerung … Natürlich weiß ich, worauf ich mich da einlasse … Das erkläre ich Ihnen gern, wenn … Heute Abend? … Ja, wenn es sich ausgeht … gut … danke.“
Er legte auf und schaute einen Augenblick verstört auf seinen Bildschirm.
„Die Wörner will mit mir abendessen gehen“, sagte er mehr zu sich selbst als zu Bergmann und Schreyer.
„Wenn wir dafür den Durchsuchungsbefehl bekommen …“
„Nein, so hat sie das bestimmt nicht gemeint … den hole ich mir sonst über den Bürgermeister …“
„Na dann, freuen Sie sich …“
„Ich weiß nicht …“ Schäfer schüttelte den Kopf. „Egal. Auf, auf, ihr wilden Krieger …“
Sie informierten Bruckner und Kovacs sowie eine Streife und rasten mit Blaulicht und Sirene in den zehnten Bezirk.
„Was haben Sie mit der Pralinenschachtel gemeint … bei Schreyer eben?“, fragte Bergmann, der sich auf dem Mittelstreifen hielt und die Autos links und rechts zur Seite zwang wie Moses das Rote Meer.
„Ach … wegen Forrest Gump … der hat es ja mit seiner Pralinenschachtel … und Schreyer ist ihm schon sehr ähnlich, oder?“
Bergmann grinste, fuhr vorsichtig in eine rote Ampel ein und gab gleich wieder Gas. Zehn Minuten später bremsten sie sich auf dem Parkplatz ein und marschierten ins Firmengebäude. Der Besitzer war bei seinen Arbeitern in der Werkstatt und überwachte, wie sie einen alten Porsche lackierten. Als er die Beamten in die Halle kommen sah, wirkte er überrascht, machte aber keine Anstalten zu fliehen. Schäfer und Bergmann nahmen ihn jeweils an einem Oberarm und führten ihn in sein Büro, während die übrigen Beamten in der Werkhalle blieben.
Schäfer drückte den Mann auf den Holzstuhl vor dem Schreibtisch und setzte sich selbst in dessen Ledersessel. Er sicherte seine Dienstwaffe und schob sie zurück ins Holster. Der Mann vor ihm hatte sich noch immer nicht geäußert.
„Wollen Sie gar nicht wissen, warum wir hier so einen Aufstand machen?“, fragte Schäfer scharf.
„Ja … warum machen Sie hier so … so einen Aufstand?“
„Sie sind unser Hauptverdächtiger in mehreren Mordfällen“, sprach Bergmann in seinen Nacken. Der Mann drehte seinen Kopf nach hinten.
„Nein, umgebracht habe ich noch nie einen“, erwiderte er beinahe entrüstet.
„Aber?“, wollte Schäfer wissen.
„Aber was?“
„Sie haben noch keinen umgebracht … aber trotzdem gibt es ein paar Sachen, die rechtfertigen, dass wir hier reinplatzen und Sie festnehmen … was denn zum Beispiel?“
„Ich weiß nicht, wovon Sie reden.“
„Herr Stippl … wir werden Sie in jedem Fall mitnehmen … dann werden meine Kollegen hier das ganze Gebäude durchsuchen. Und wenn Sie meine Fragen jetzt entgegenkommend beantworten, werde ich sie anweisen, vorsichtig zu sein und kein großes Chaos zu hinterlassen … weil sonst könnte es danach so aussehen, als ob die georgische Mafia da gewesen wäre … schönen alten Porsche haben Sie da übrigens in der Halle stehen … wäre doch schade …“
„Was wollen Sie denn wissen von mir?“
Schäfer griff in die Innentasche seines Jacketts und nahm eine Packung Spielkarten heraus. Er zog sie aus der Schachtel, begann sie zu mischen
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