Ohnmachtspiele
und legte sie dann auf den Tisch, als wolle er dem Mann die Zukunft vorhersagen.
„Kennen Sie Matthias Rudenz?“
„Nein … wer soll das sein?“
„Ein Kunde von Ihnen … Sie führen doch bestimmt Buch darüber, wem Sie Gebrauchtwagen verkaufen, oder?“
„Sicher … aber jeden Namen merke ich mir auch nicht …“
„Ein grüner Saab … Baujahr vierundneunzig … haben Sie in einem Automagazin inseriert …“
„Kann schon sein … aber wer die Wagen kauft, da kann ich mich doch nicht an jeden Namen erinnern … wissen Sie vielleicht jeden, den Sie im letzten Jahr verhaftet haben?“
„Ja“, meinte Bergmann bestimmt, „an eine Verhaftung erinnert man sich noch lang … jeder, der sieht, wie ich Sie in Handschellen über den Parkplatz vors Firmentor führe, während Major Schäfer in aller Ruhe den Wagen holt, wird sich lang daran erinnern, dass der Chef der Autowerkstatt Stippl abgeführt worden ist …“
Stippl blickte von Bergmann zu Schäfer und schaute dann auf seine Hände.
„Wenn es um die beiden Bulgaren geht … ja, die habe ich schwarz arbeiten lassen … aber was glauben Sie, wie man so eine Firma führt? … Bei dem, was einem der Staat wegnimmt …“
„Rudenz!“ Schäfer rückte an den Schreibtisch heran.
„Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich mich nicht an ihn erinnern kann … außerdem möchte ich einen Anwalt haben …“
„Bekommen Sie.“ Schäfer stand auf. „Herr Stippl, ich nehme Sie fest wegen des Verdachts des mehrfachen Mordes. Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern …“
Nachdem die beiden Uniformierten Stippl in den Dienstwagen verfrachtet und das Firmengelände verlassen hatten, befragten Bergmann und Schäfer jeden der fünf anwesenden Arbeiter. Kovacs und Schreyer begannen inzwischen mit der Durchsuchung.
Was sie in den folgenden vier Stunden zu hören bekamen und fanden, hätte Zoll und Finanzbehörde bestimmt interessiert – doch für ihren eigenen Fall gewannen sie keine neuen Erkenntnisse. Sie entließen die Angestellten und forderten die Spurensicherung an. Zu viert standen sie vor der Werkstatt und warteten, bis die Forensiker in ihrem Kastenwagen ankamen. Schäfer erklärte ihnen, worauf sie achten sollten, und ging zum Wagen. Auf dem Rückweg ins Kommissariat rief er zuerst Bruckner und dann Pürstl an und fragte ihn, ob er bei Stippls Vernehmung dabei sein wolle.
„Wollen oder sollen?“, stichelte Pürstl.
„Betteln werde ich dich sicher nicht“, erwiderte Schäfer. „Bruckner will dich dabeihaben. Passt dir um sechs?“
„Ich bin da.“ Pürstl lachte und legte auf.
„Ich glaube, wir haben den Falschen“, meinte Bergmann, nachdem Schäfer das Telefon weggelegt hatte.
„Hm …“
„Als Sie das Kartenspiel herausgezogen haben … nichts … der ist zu dumm für große Schauspielerei … und so eine Mordserie traue ich dem sowieso nicht zu …“
„Natürlich haben wir den Falschen“, murrte Schäfer, „aber ich brauche Bewegung in dem Fall … wir beide … wir haben mehr Erfahrung und eine höhere Frusttoleranz … aber unsere Jungspunde … ein Monat ohne Festnahmen und die werfen das Handtuch … außerdem kann die Kovacs was lernen, wenn Sie mit Pürstl bei der Vernehmung ist …“
„Sehr edel“, meinte Bergmann anerkennend und drückte auf die Fernbedienung für den Schranken vor der Tiefgarage.
Schäfer informierte die Staatsanwältin, den Polizeipräsidenten und seinen interimistischen Vorgesetzten Oberst Haidinger über die Festnahme sowie die bevorstehende Vernehmung und fügte hinzu, dass er auch Leutnant Pürstl vom Landeskriminalamt Niederösterreich hinzugezogen habe. Danach rief er seine Mails ab und fand fast zwanzig Nachrichten von Journalisten vor, die wissen wollten, was es mit der Festnahme des Mechanikermeisters Stippl auf sich hätte. Gab es denn keine Pressestelle hier im Haus?
„Bergmann, können Sie sich bitte um die Presse kümmern?“, wandte er sich an seinen Assistenten, „die verstopfen jetzt schon meinen Mail-Account …“
„Ganz schön auf Zack, die Journaille … man könnte fast meinen, dass die einen Informanten hier haben.“
Schäfer vermied es, Bergmann anzusehen und sah weiter seine Mails durch.
„Wenn wir bei so einem Fall mit zwei Wagen auf Blaulicht aus der Tiefgarage schießen, reicht das schon, dass die sich an uns dranhängen.“
Er stand auf und nahm seine Jacke vom Haken. Es würde ein langer Abend werden und er brauchte zumindest eine Stunde pro Tag
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